Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA wird in den kommenden Wochen wieder zunehmend in den Fokus rücken, denn die Europäische Union droht damit, ab dem 1. Juni die Zölle auf US-Exporte wie Harley-Davidson-Motorräder oder Whiskey auf 50 Prozent zu verdoppeln. Europa würde damit als Markt für die betroffenen Hersteller so gut wie wegfallen. Doch Biden hat als Devise ausgegeben, an den Metall-Zöllen vorerst festzuhalten. Er will auf diese Weise die amerikanische Branche vor Billigimporten zu schützen, bis das - überwiegend von China ausgehende - Problem der weltweiten Produktionsüberkapazitäten angegangen wird.

Bidens Handelsbeauftragte Katherine Tai unterstrich diese Haltung erst am Mittwoch erneut, und Handelsministerin Gina Raimondo sagte jüngst, die Zölle hätten "geholfen, amerikanische Jobs in der Stahl- und Aluminium-Industrie zu retten".

Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen seit Ausbruch der Corona-Pandemie geändert. Als die Zölle 2018 verhängt wurden, machten Importe fast 30 Prozent des verfügbaren Stahls in den USA. Einzelne Preise lagen bei 600 Dollar die Tonne. Mit Einführung der Abgaben gingen die Importe zurück. Doch inzwischen klagen viele Produktionsbetriebe über Lieferverzögerungen und Engpässe, bedingt durch die Corona-Krise. Entsprechend sind die Preise gestiegen. Für eine Tonne wurden kürzlich 1500 Dollar aufgerufen. Kapazitäten gingen während der Pandemie um bis zu 30 Prozent zurück, und nur langsam nimmt die Branche wieder Fahrt auf. Manche Hersteller, die Stahl verwenden, sagen, es sei für sie derzeit billiger, auf Importe zurückzugreifen und die Zölle in Höhe von 25 Prozent zu bezahlen.

Die Gewerkschaft United Steelworkers (USW) und die Betreiber der Werke drängen die US-Regierung dennoch dazu, an den Zöllen auch gegenüber Europa festzuhalten. Sie befürchten, dass eine Abschaffung der Abgaben dazu führen würde, dass staatlich subventionierter Stahl aus China über Drittländer wieder den Weg in die USA finden würde.

«Wenn man die Zölle verdoppelt, dann war's das»

Konzernen wie Harley-Davidson gefällt das nicht. Europa ist für das Unternehmen mit Sitz in Milwaukee der zweitgrösste Markt. Sollten die Zölle im Juni steigen, würden Konkurrenten wie Honda und Suzuki aus Japan profitieren, da sie für ihre Motorräder preislich viel mehr Spielraum hätten. "Wenn es die Zölle, die jetzt unser Exportpotenzial bedrohen, nicht gäbe, könnten wir in Jobs in unseren amerikanischen Einrichtungen investieren", sagt Harley-Chef Jochen Zeitz. "Stattdessen sind wir mit gewaltigen Zöllen in einem Handelskrieg konfrontiert, einem Handelskrieg, den nicht wir herbeigeführt haben." Der Besitzer der Whiskey-Brennerei Mountain Laurel Spirits, Herman Mihalich, sieht seine Export-Aussichten ebenfalls trüb. "Wenn man diese Zölle verdoppelt, kann man das vergessen. Dann war's das."

Stahl-Gewerkschaftsboss Tom Conway sagt, er habe Verständnis für solche Klagen. "Wenn so ein Zeug abgeht, dann tut das ein paar Leuten weh." Dennoch dürften die Zölle nicht aufgehoben werden. Aber vielleicht lasse sich das Problem beilegen, indem man Importquoten für Stahl aus Europa vereinbare.

Die US-Handelbeauftragte Tai hat erklärt, sie arbeite mit ihren Gesprächspartnern in der EU daran, eine Lösung zu finden. Sie besteht aber darauf, dass Europa die Überkapazitäten in China stärker zum Thema macht. Die Volksrepublik produziert die Hälfte des weltweiten Stahls. Tai sagt, sie hoffe, dass die EU-Vertreter das Problem genauso ernst nähmen wie die USA. Sie plädiert dafür zusammenzuarbeiten, "damit wir bei dem grösseren Bild unsere Kräfte vereinen können".

Die EU hat jedoch nie die Auffassung der USA geteilt, die unter Trump die Zölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent auf Basis eines Gesetzes aus dem Kalten Krieg verhängten. Ziel des Gesetzes ist es, den Schutz amerikanischer Branchen zu gewährleisten, die als zentral für die nationale Sicherheit gelten. Die Europäer entgegneten, sie seien verlässliche Verbündete der USA, die keine Bedrohung darstellten. Entsprechend schwierig scheint eine Lösung zu sein. Sabine Weyand, die Generaldirektorin für Handel der Europäischen Kommission, sagte kürzlich, sie befürchte, dass beiden Seiten die Zeit davonlaufe. 

(Reuters)