Das Chaos hat Verzweiflung und Wut kurz vor den ohnehin polarisierten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 25. Februar zur Folge. Der Oberste Gerichtshof vertagte am Mittwoch eine Entscheidung über die Klage mehrerer Bundesstaaten auf eine Verlängerung der Übergangszeit. Nach Verfügung des Gerichts gelten die Scheine bis zu einem Urteil weiter. Die Zentralbank widerspricht dieser Anordnung jedoch.

Nigerias Zentralbank hatte im Herbst angekündigt, die Scheine in den höchsten Werten von 1000 (ca. 2 Euro), 500 und 200 Naira zu ersetzen. Erklärtes Ziel der Reform war es, Fälschungen und Geldwäsche zu erschweren und der Zentralbank mehr Kontrolle über das im Umlauf befindliche Geld zu geben - mitunter auch, um dem in Nigeria weit verbreiteten Kauf von Wählerstimmen einen Riegel vorzuschieben.

Doch Banken kommen seit Wochen der Nachfrage nach neuen Scheinen nicht hinterher. Aus Angst, auf dem Geld sitzen zu bleiben, nahmen viele Händler schon vor Ablauf der Umtauschfrist keine alten Noten mehr an. Wer altes Bargeld auf sein Konto gutschreiben liess, steht nun oft mit leerer Geldbörse vor leeren Geldautomaten Schlange. An Schaltern kommt es zu Tumulten. Bei Protesten wurde mindestens ein Mann erschossen. Mehr als ein Drittel der Bürger besitzt Erhebungen zufolge überhaupt kein Konto und ist auf Bargeld angewiesen.

"Die Folge ist, dass viele Menschen hungern, man muss es so deutlich sagen. Viele Menschen kommen nicht mehr an Lebensmittel", sagte die Nigeria-Auslandsbüroleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung, Marija Peran, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Leute kommen nicht mehr zur Arbeit, weil dies in der Regel durch informellen Transport geschieht, der nur mit Bargeld funktioniert - der fällt jetzt weg." Mittelfristig drohe eine Rezession, warnten inzwischen Experten.

Die Zentralbank beharrt darauf, ausreichend Banknoten gedruckt zu haben. Schuld an der Knappheit seien Gier und Korruption - etwa bei Bankmitarbeitern, die das Geld horteten, um aus der Verknappung Profit zu schlagen. Tatsächlich lassen sich auf dem Schwarzmarkt illegale Geldhändler die neuen Scheine abkaufen - für einen deutlichen Aufschlag. Zentralbankchef Godwin Emefiele sprach sich am Dienstag gegen die einstweilige Verfügung des Obersten Gerichts aus, das Auslaufen der alten Banknoten bis zu einem Urteil auszusetzen.

Für die Wahlen in Afrikas bevölkerungsreichstem Land schafft die Bargeldknappheit weitere Probleme - neben der katastrophalen Sicherheitslage in weiten Teilen des Landes, in dem Dschihadisten, ethnische Konflikte um Land sowie Separatisten und kriminelle Banden die Wahlen einzuschränken drohen. Neben enormen Hürden für Wähler und politischem Zündstoff droht die Geldkrise die Korruption erneut zu befeuern. "Teil der Absicht der Zentralbank war es, grosse privat gelagerte Bargeldvorräte vom Markt zu nehmen, damit es nicht zum Stimmkauf kommt", sagte Peran. "Das Problem ist, dass Stimmkauf jetzt viel attraktiver wird, sei es mit Bargeld oder einem Sack Reis."/cpe/DP/stk

(AWP)