Die Kolumne «Gopfried Stutz» erschien zuerst im |
Eine Frau aus der Ostschweiz schreibt mir, ihr Mann habe von der Kantonalbank zwei Fondsangebote erhalten für 30'000 Franken. Beide seien "ausgewogen", viermal pro Jahr gebe es ein Rebalancing auf taktische Quote. Der Anlagestil sei aktiv. Und jetzt wollte die Frau von mir wissen, was das alles heisse.
Ich gehe davon aus, die Anlageberaterin hat dem Paar alles erklärt – oder zu erklären versucht. Dem Paar, beide über 60 und kurz vor der Pensionierung, fehlen entsprechende Vorkenntnisse, um sich auf solches Fachchinesisch einen Reim zu machen. Was der Anlageberaterin nicht gelang, dürfte auch ich nur schwer schaffen.
Die Frau wollte zudem wissen, ob es sicher sei, dass ihr Mann das eingesetzte Kapital nach zehn Jahren wieder zurückerhält. "Oder kann er was von den 30'000 Franken verlieren?"
Ich schrieb der Frau, was ich bei solchen Fragen immer schreibe: Es sei schwierig, wenn nicht fahrlässig oder unverantwortlich, Personen Anlageempfehlungen zu erteilen, ohne die finanziellen und persönlichen Umstände zu kennen. Für mich stelle sich jeweils die Frage: "Weshalb wollen Sie 30'000 Franken anlegen? Wollen Sie notfalls aufs Geld zurückgreifen können? Wie verhält es sich mit der Risikofähigkeit und Risikoneigung?"
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das Geld bei den vorgeschlagenen Anlagefonds vollkommen verloren geht. Ich halte es aber für wahrscheinlich, dass vorübergehende Kursverluste entstehen. Kann das angehende Rentnerpaar damit umgehen? Es könnte also durchaus sein, weniger als die 30'000 Franken zurückzubekommen, wenn man die Fondsanteile wieder verkaufen will.
Sie selber lege kein Geld an, schreibt mir die Frau weiter, "weil ich nichts verlieren will". Sie hätten das Geld zu hart erarbeitet, um damit zu spielen und allenfalls zu verlieren. Darauf rechnete ihr die Bankfrau angeblich vor, dass auch verliere, wer das Geld auf dem Konto lasse. Und so schreibt mir die Leserin wörtlich: "Warum sind die Banken so scharf drauf, dass man das Geld anlegt und nicht auf dem Konto lässt? Damit sie verdienen? Es kann ja nicht um den Kunden gehen."
Bei diesem Punkt konnte ich nicht mehr kneifen: Ja, Bankberater sind auch Verkäufer. Mit dem Verkauf von Anlagefonds verdienen Banken mit der Ausgabekommission, mit der Depotgebühr und häufig auch mit Gebühren, die innerhalb eines Fonds anfallen und dem Fondsvermögen belastet werden. Banken sind keine karitativen Organisationen. Sie wollen Geld verdienen.
Und weil die Frau dann nochmals nachhakte und partout von mir eine Einschätzung wollte, schrieb ich ihr: "Wir haben rekordhohe Aktienkurse und extrem tiefe Zinsen. Das ist für Anfänger kein gutes Umfeld, um einzusteigen und erste Erfahrungen zu sammeln. Dies ist meine ganz persönliche Meinung und nicht als Empfehlung zu verstehen. Ich sage Ihnen nicht, was Sie tun sollen. Ich sage nur, was ich an Ihrer Stelle machen würde."