Uni-Professor Johannes Rüegg-Stürm war als Verwaltungsratspräsident von Raiffeisen Schweiz in die Kritik geraten und musste das Mandat niederlegen. Seine Professur in St. Gallen behielt der 57-jährige Rüegg-Stürm. Er bezieht derzeit ein Forschungsfreisemester und hat auch seine Vorlesung in Betriebswirtschaftslehre abgegeben, wie HSG-Rektor Thomas Bieger und der St. Galler Bildungsdirektor Stefan Kölliker am Freitag an der Jahresmedienkonferenz der Universität sagten.

Rüegg-Stürms Mandat bei Raiffeisen Schweiz sei von den zuständigen Organen bewilligt gewesen, erklärte Bieger. Wegen des starken Praxisbezugs der Lehre seien geregelte Nebenaktivitäten von Dozierenden an der HSG "nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht".

Rüegg-Stürm und der Raiffeisen-Verwaltungsrat waren von der Finanzmarktaufsichtsbehörde Finma kritisiert worden. Das Gremium habe den ehemaligen Chef der Bankengruppe, Pierin Vincenz, quasi unbehelligt geschäften lassen. Gegen Vincenz läuft eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf illegale Transaktionen.

Spesen-Affäre wird untersucht

Neben der Affäre Raiffeisen brachte im vergangenen Juni ein Spesenfall der Uni St. Gallen weitere Negativschlagzeilen. Derzeit läuft eine Administrativuntersuchung wegen möglicher Unregelmässigkeiten bei Spesenbezügen. Dieses Verfahren soll noch im Herbst abgeschlossen werden, sagte Stefan Kölliker.

Der Universitätsrat habe "sowohl den Spesenfall als auch den Fall Raiffeisen diskutiert", erklärte der Bildungsdirektor. Sowohl für Spesen als für Nebentätigkeiten bestünden die notwendigen Reglemente. Diese würden jeweils den aktuellen Entwicklungen angepasst.

Darum überprüfe die HSG jetzt das Reglement für Nebentätigkeiten ihrer Professoren. Wie das Reglement konkret angepasst werden könnte, liessen Kölliker und Bieger offen.

Immer mehr Studierende

An der Uni St. Gallen sind derzeit 8500 Studierende eingeschrieben. Im vergangenen Jahr wurden 821 Bachelor-, 976 Masterabschlüsse und 130 Doktortitel erteilt. Die HSG ist auf Wirtschaft, Recht und Sozialwissenschaften spezialisiert und hat laut Thomas Bieger einen Marktanteil von knapp 40 Prozent bei den wirtschaftswissenschaftlichen Abschlüssen in der Schweiz.

Ab 2020 werden in St. Gallen neu auch Medizinerinnen und Mediziner ausgebildet - im Rahmen eines "Joint Medical Master" mit Zürich. Zudem plant die HSG, die aus allen Nähten platzt, eine Erweiterung am Rand der Altstadt: Der "Campus am Platztor" für gut 200 Millionen Franken soll dereinst Platz für 3000 Studierende bieten.

(AWP)