In einem Fall tadelte die Wettbewerbskommission (Weko) den französischen Madrigall-Verlag. Dieser missbrauche seine Marktmacht gegenüber der Schweizer Buchhändlerin Payot. Die Kommission verpflichtete Madrigall, Payot den Direktimport von Büchern zu günstigeren Preisen zu ermöglichen.

Eine zweite Untersuchung zum Medizintechnikhersteller Fresenius Kabi stellte die Weko dagegen sein. Die Gruppe habe ihre relative Marktmacht gegenüber Galexis beim Bezug von Trink- und Sondennahrung im Ausland nicht missbraucht, hiess es.

Viele Anzeigen «schwierig zu handhaben»

Die neuen Bestimmungen zur relativen Marktmacht sind mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative eingeführt worden und seit Anfang 2022 in Kraft. Als «relativ marktmächtig» gilt ein Unternehmen, wenn ein anderes Unternehmen derart von seinen Dienstleistungen oder Produkten abhängig ist, dass es keine ausreichenden oder zumutbaren Möglichkeiten zum Ausweichen auf ein anderes Unternehmen hat.

Gemäss dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht der Weko blieb die Zahl weiterer Anzeigen zu den Bestimmungen zur relativen Marktmacht gering. Von den acht im Jahr 2024 eingegangenen Meldungen resultierten keine Eröffnungen von Untersuchungen oder Vorabklärungen.

«Wir hatten eine Flut von Anzeigen erwartet, diese ist ausgeblieben», sagte Weko-Präsidentin Laura Melusine Baudenbacher in Bern vor den Medien. Zwar beobachte sie zunehmend, dass sich Unternehmen an die Weko wendeten. Von rund dreissig Anzeigen sei jede zweite aber wegen geringen Informationsgehalts «schwierig zu handhaben».

Griffigeres Kartellgesetz gefordert

Die Weko-Präsidentin plädierte bei der Präsentation des Jahresberichts 2024 für ein «klares und griffiges Kartellgesetz». Derzeit ist im Parlament eine entsprechende Vorlage hängig. Baudenbacher sieht insbesondere im Bereich der Zusammenschlusskontrolle gesetzlichen Verbesserungsbedarf. So soll nicht erst bei Beseitigung des Wettbewerbs eingegriffen werden können.

Ansonsten sieht die Weko-Chefin ihre Behörde auf Kurs. Sie sprach von einer «ordentlichen» Jahresbilanz. «Wir setzen alles daran, Leitentscheide zu neuen Verfügungen zu fällen.»

Meistens sei die Weko mit ihren Entscheiden erfolgreich, sagte Baudenbacher. Im vergangenen Jahr habe das Bundesgericht nur einen Entscheid der Weko umgekehrt.

Fokus auf öffentlichen Beschaffungen

Patrik Ducrey, Direktor des Weko-Sekretariats, wies auf die zentrale Rolle der Kantone und Gemeinden bei der Förderung des Wettbewerbs hin. «Sie haben es in der Hand, den Wettbewerb zu fördern oder auch zu beeinträchtigen.»

Bund, Kantone, Gemeinden kauften jedes Jahr für über vierzig Milliarden Franken Bauten, Güter und Dienstleistungen. Freihändige Vergaben seien da problematisch und dürften nur die Ausnahme sein. Insgesamt wendeten die öffentlichen Behörden die Gesetze korrekt an.

Die Weko sensibilisiere die kantonalen und kommunalen Beschaffungsstellen seit Längerem, und werde dies auch weiterhin tun, sagte Ducrey. «Mit einer Ausnahme haben alle Kantone gewünscht, dass wir ihnen ein Update geben, um Submissionsabreden verhindern zu können.»

Neue Grossbank unter Beobachtung

Angesprochen auf die Zwangsfusion zwischen UBS und Credit Suisse, sagte Baudenbacher, dass sich die Weko intensiv mit den Auswirkungen dieser Fusion auseinandergesetzt habe. «Wenn wir Hinweise auf Marktmachtmissbrauch haben, werden wir tätig.» Bis jetzt gebe es aber keine Anzeichen dafür.

Gemäss Weko-Jahresbericht hatte die Behörde bereits im Herbst 2023 festgestellt, «dass die fusionierte UBS neu in einigen Märkten marktmächtig oder möglicherweise marktbeherrschend ist». Im Mai 2024 schloss die Finanzmarktaufsicht (Finma) das kartellrechtliche Zusammenschlusskontrollverfahren von UBS und Credit Suisse ohne Bedingungen, Auflagen und weitere Prüfung ab.

Der Preisüberwacher steht seither «im konstruktiven Dialog» mit der Bank und den anderen zuständigen Behörden. «Die regelmässige und enge Zusammenarbeit zwischen der Weko und der Preisüberwachung werde »weiter gepflegt".

(AWP)