Bis Ende des kommenden Jahres erhöht Nestlé laut einer Mitteilung vom Dienstag die Investitionen in Werbe- und Marketingaktivitäten auf 9 Prozent des Umsatzes. Diese liegen aktuell bei rund 8 Prozent. Gemessen am Jahresumsatz von 2023 in der Höhe von knapp 93 Milliarden wäre das eine Milliarde mehr als bisher.
Und Nestlé hat schon losgelegt: Der Konzern ist mit seiner Marke Kitkat ins Sponsoring der Formel 1 eingestiegen. Das zeigt auch schon, welchen Weg Freixe und sein Team einschlagen: «Diese Investitionen sollen nicht überall ein bisschen eingesetzt werden, sondern sehr fokussiert», sagte Finanzchefin Anna Manz.
Sie werden zudem vor allem dort eingesetzt, wo Nestlé bereits stark ist und weitere Wachstumschancen sieht - wie etwa beim Kassenschlager Kitkat. Beispiel für diese Fokussierung sind auch das Tierfutter oder die Kategorie Kaffee - beides Sparten, die seit Jahren zu den wichtigsten Cash Cows des Konzerns gehören.
Wasser wird separat geführt
Es sollen zwar neue «Wachstumsmotoren» entstehen - aber auch diese innerhalb bestehender Kategorien. So hat der Konzern mehrere sogenannte «Big Bets» auserkoren, die künftig das Wachstum treiben sollen. Dazu gehören laut Firmenchef Freixe unter anderem ein neues Milchpulver für Säuglinge der Marke Nan, eine neue Linie mit Kaffeekonzentrat von Nescafé, die Heissluftfriteusen-Produkte von Maggi oder das neue Kaffeemaschinensystem Nescafé Dolce Gusto Neo.
Kategorien, die keine gute Leistung erbringen, werden hingegen genau unter die Lupe genommen. Ein solches «Sorgenkind» ist die Wassersparte. Sie wird unter Freixes Führung bereits ab Anfang 2025 als separate Einheit geführt. Das sei zwar schon bald, sagte Freixe, aber Geschwindigkeit sei «essenziell.»
Von einem möglichen Verkauf der Wassersparte wollte der Chef zwar nicht reden, es werden jedoch «Partnerschaften» gesucht. Diese könnten auch von Extern kommen, so Freixe.
«Weniger ist mehr»
Was es nicht mehr geben wird, sind Zukäufe, um in neue Kategorien vorzudringen. «Wir fokussieren auf das, was wir haben», sagte der Nestlé-Chef. Zukäufe schliesse er zwar nicht aus, «aber das wären dann ergänzende Akquisitionen zu unserem bestehenden Portfolio».
Auch die Entwicklung neuer Produkte, die unter seinem Vorgänger stark vorangetrieben wurde, will Freixe ausbremsen. «Weniger ist mehr», sagte er.
Der Konzern habe bislang jährlich rund 1000 neue Produkte entwickelt. Nun soll diese Zahl halbiert werden. Das heisse nicht, dass Nestlé weniger innovativ werden soll. Aber man werde «weniger, grössere und bessere» Produkte entwickeln, erklärte der CEO.
Weiteres Sparprogramm
Um die höheren Marketing-Investitionen zu stemmen, setzt Freixe auf weitere Sparmassnahmen. Das Unternehmen hatte bereits unter seinem Vorgänger ein Sparprogramm lanciert, dazu kommen nun noch einmalige Einsparungen von 2,5 Milliarden Franken hinzu, die bis 2027 zusammenkommen sollen.
Nestlé will das unter anderem mit Effizienzverbesserungen erreichen. «Aber wir können zum Beispiel auch besser und intelligenter verhandeln», sagte Freixe. Als Beispiel nannte er die Fabriken. «Jede hat ihre eigene Sicherheitsausrüstung», sagte er. Indem man sich abspreche, könne man Geld einsparen.
Wie Freixe seit seinem Amtsantritt im August bereits mehrmals betonte, will er ausserdem die digitale Transformation beschleunigen. Nestlé solle «zu einem End-to-End-vernetzten und von Daten und KI getriebenen Unternehmen» werden. Auch dadurch erhofft sich das Management Verbesserungen bei der Effizienz.
Mittelfristziele gesenkt
Die Mittelfristziele wurden derweil gesenkt. Neu geht Nestlé davon aus, dass das organische Umsatzwachstum «in einem normalen Geschäftsumfeld 4 Prozent plus» betragen wird. Die zugrunde liegende operative Ergebnismarge wird bei «17,0 Prozent plus» erwartet. Diese Schätzung sei «realistisch», sagte Freixe. Zuvor waren ein Wachstum von 4 bis 6 Prozent und eine Marge von 17,5 bis 18,5 Prozent in Aussicht gestellt worden.
In Börsenkreisen wurden die Neuigkeiten am Dienstag eher schlecht aufgenommen. Analysten stellten die Frage, ob eine Rückbesinnung auf alte Werte reiche, um die Stimmung unter den Anlegern nachhaltig zu verbessern. Insgesamt fühle es sich aktuell mehr nach einer Zwischenlösung an, bevor eine wirklich ambitionierte, langfristige Vision lanciert werde, hiess es in einem Kommentar. Die Aktien von Nestlé verloren am Dienstag bis Börsenschluss 1,9 Prozent und zogen damit den Gesamtmarkt (SMI -0,84 Prozent) herunter.
Angesprochen auf diese Entwicklung des Aktienkurses sagte Freixe: «Es mögen vielleicht nicht die grössten Schritte sein, aber es sind die Richtigen.»
(AWP)