Die Euphorie der Anleger in Europa nach den jüngsten Konjunkturmassnahmen in China ist zunächst vorbei. Der Swiss Market Index verliert 0,4 Prozent und sinkt auf 12'186 Punkte, und der deutsche Leitindex Dax notiert ein halbes Prozent schwächer bei 19.376 Punkten.
Der EuroStoxx50 verliert am Montag knapp ein Prozent auf 5024 Zähler. Vergangene Woche waren die Indizes um jeweils deutlich gestiegen, nachdem die chinesische Zentralbank das umfassendste Massnahmenpaket seit der Pandemie angekündigt hatte. Nun will sie dem kriselnden Immobiliensektor in der Volksrepublik weiter auf die Beine helfen.
«Das chinesische Konjunkturprogramm hat für einigen Wirbel gesorgt, aber das könnte später zu Enttäuschungen führen, wenn die Massnahmen nicht fortgesetzt werden», sagte Matt Tickle, Chefanleger bei der britischen Beratungsfirma Barnett Waddingham. Die Anleger sollten daher die Füsse stillhalten, solange es nicht sicher sei, was als Nächstes käme. Wichtig seien dabei nicht nur die Entscheidungen der chinesischen Zentralbank, sondern auch die nächsten Schritte anderer wichtiger Notenbanken.
Warten auf Lagarde und Powell
Im Fokus der Anleger steht daher die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, mit ihrer turnusmässigen Anhörung im Europaparlament am Nachmittag. Die Währungshüter hatten im Juni die Zinswende eingeläutet und die Geldpolitik im September erneut gelockert. Lagarde hat klargemacht, dass der Zinspfad nach unten führt. Wegen der Zinsspekulationen verfolgen Investoren die konjunkturellen Entwicklungen besonders aufmerksam.
Wichtig dabei sind unter anderem die deutschen Verbraucherpreisdaten. Die EZB versucht, mit erhöhten Zinsen die Teuerungsrate auf den Zielwert von zwei Prozent zu drücken. Im September ging die Inflation in Deutschland voraussichtlich erneut zurück. Dies signalisieren die am Montag veröffentlichten Daten aus den Bundesländern. In Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen fiel die Teuerungsrate jeweils niedriger aus. In Hessen etwa lag sie nur noch bei 1,2 Prozent, in Baden-Württemberg und Brandenburg sank sie auf 1,4 Prozent und in NRW auf 1,5 Prozent.
US-Notenbankchef Jerome Powell könnte dann am Abend (MESZ) Anlegern Hinweise auf den Zinspfad der Fed geben, wenn er auf einer Finanzkonferenz in Nashville im Bundesstaat Tennessee spricht. Sein Haus hatte im September die Zinswende vollzogen und den Schlüsselsatz kräftig gesenkt. Die US-Notenbanker fassen weitere Schritte nach unten fest ins Auge.
Autowerte nach Gewinnwarnungen unter Druck
Eine Reihe an Prognosesenkungen belastete den Automobilsektor. Die grössten Verlierer im europäischen Branchenindex am Montag waren Aston Martin: Die Aktien des britischen Sportwagenherstellers brachen um mehr als 20 Prozent auf 126 Pence ein und waren damit so billig wie seit November 2022 nicht mehr. Das Unternehmen kämpft nach eigenen Angaben mit Verzögerungen bei der Lieferung von Komponenten und erwartet daher einen niedrigeren Gewinn als bislang in Aussicht gestellt.
Die Rivalen Stellantis und Volkswagen hatten ebenfalls ihre Ziele zurückgeschraubt, die Papiere verloren daraufhin knapp 15 und drei Prozent. Die Autobauer leiden unter einem allgemeinen Rückgang der Nachfrage und einer starken Konkurrenz auf dem Markt in China. «Die Gewinnwarnung von VW sollte nach den Prognosen von BMW und Mercedes-Benz keine Überraschung sein. Man muss sie auch im Zusammenhang mit den verstärkten Kostensenkungen sehen», kommentierte ein Händler. «Die neue Prognose liegt unter den Erwartungen, aber ich würde es nicht ausschliessen, dass die Aktie am Ende des Tages ins Plus dreht.» Volkswagen hatte am Freitagabend die Anleger auf einen rückläufigen Absatz und eine geringere Rendite eingestimmt.
Gefragt waren dagegen BayWa. Die Titel des angeschlagenen Agrar- und Baustoff-Konzerns rückten um anderthalb Prozent vor. Das Unternehmen bekommt eine weitere Finanzspritze über eine halbe Milliarde Euro und bis zum Jahresende Zeit, seine Finanzen auf gesunde Füsse zu stellen.
(Reuters)