Ein Schrotthändler (71) aus Essen (Nordrhein-Westfalen) wurde zu fünf, sein Sohn (46) wegen Beihilfe zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Damit folgte der Richter weitestgehend den Forderungen der Staatsanwaltschaft - für den Materialprüfer hatte die Staatsanwaltschaft nur fünfeinhalb Jahre Haft gefordert. Die Verteidiger hatten einen Freispruch gefordert. Ausserdem werden bei den beiden Unternehmen, die an dem Schrotthandel beteiligt waren, insgesamt 3,4 Millionen Euro eingezogen, sagte Gerichtssprecherin Marayke Frantzen.
Schrott mit Gold- und Silberpulver manipuliert
Das Unternehmen Aurubis kauft unter anderem Elektronikschrott und gewinnt Kupfer und Edelmetalle zurück. Der Materialprüfer soll laut Gericht den Wert von Schrott verfälscht haben, indem er Gold- und Silberpulver über Proben streute. Das führte dazu, dass Einkäufer von Aurubis jahrelang mutmasslich zu viel Geld für den Schrott der angeklagten Lieferanten zahlten. Die Lieferanten brachten dem Prüfer beispielsweise Platinen von Computern. «Aurubis zahlte für Gold, das tatsächlich nicht geliefert wurde», sagte Richter Christian Peters.
In seiner stundenlangen Urteilsbegründung betonte der Richter vor allem drei Punkte: Mehrere Zeugen, darunter der Vorgesetzte des 64-Jährigen bei Aurubis, hätten Unregelmässigkeiten festgestellt. Fotos der gelieferten Schrottmengen hätten nach «normalen Elektronikschrott» ausgesehen, die angeblich enthaltene Goldmenge sollte aber fünf Mal so hoch sein wie üblich. Da müsse etwas beigemischt worden sein, auch Rückstellproben der gelieferten Schrottmengen hätten andere Ergebnisse gezeigt.
Gewinnmargen lagen teilweise über 200 Prozent
Auch bei den Gewinnmargen der beiden Unternehmen der beiden Angeklagten, die teilweise über 200 Prozent lagen, könne etwas nicht stimmen. Hier liege der Verdacht nahe, «dass sie nicht legal erwirtschaftet wurden, sondern aufgrund von manipulierter Ware». Vergleichbare Unternehmen erwirtschafteten viel weniger erwirtschaften, und ohne den Abnehmer Aurubis sei das Ergebnis der beiden Lieferfirmen eingebrochen.
Die Angeklagten hatten sich laut Gericht mehrmals im Raum Osnabrück getroffen. Dabei habe der Vater dem Materialprüfer als Gegenleistung für seine Taten insgesamt mehr als 100.000 Euro und zwei Goldbarren gegeben. Aufgezeichnete Telefonate zwischen den beiden würden belegen, dass sie den Betrug geplant und ausgeführt hatten. Aufgeflogen waren die Betrugsgeschäfte erst, weil es auf dem Konto des 64-Jährigen ungewöhnliche Bewegungen gab und die Bank den Verdacht auf Geldwäsche weiterleitete.
Verteidigung will Revision einlegen
Der Verteidiger des 64-Jährigen will Revision gegen das Urteil einlegen. «Wir haben als Verteidiger an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, dass wir glauben, dass der Beweis, dass Aurubis hier tatsächlich einen Vermögensverlust erlitten hat, nicht geführt werden konnte», sagte Verteidiger Philip von der Meden. «Ich denke, die Kammer hat an verschiedenen Stellen Neuland betreten, was die Schadensfeststellung angeht. Da werden wir sicherlich eine interessante Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu sehen.»
Das Unternehmen Aurubis begrüsste dagegen das Urteil. «Das heutige Urteil mit den hohen Haftstrafen, die sogar teils noch über die Forderungen der Staatsanwaltschaft hinausgehen, zeigen die Schwere der Taten und deren Konsequenzen. Im engen Schulterschluss mit den Behörden werden wir auch künftig alles dafür tun, dass Aurubis gegenüber Straftaten wehrhaft bleibt und diese entschlossen verfolgt», sagte Unternehmenssprecher Christoph Tesch.
Aurubis war in der vergangenen Zeit mehrfach Ziel von Kriminellen. Erst im Februar endete am Landgericht Hamburg ein Prozess um Gold- und Silberdiebstähle bei Aurubis. Bei den 2020 und 2021 verübten Taten soll dem Unternehmen ein Schaden von rund zehn Millionen Euro entstanden sein./gw/DP/nas
(AWP)