Die Hauptgründe für die Gegenbewegung zu den zuletzt schwachen Märkten sind jedoch in den USA zu finden: Einerseits ist es die Hoffnung, dass der Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Fed bald abgeschlossen sein könnte, besonders, da nun das Land offenbar auf eine Rezession zusteuert. Zweitens präsentierten US-Technologieriesen Apple und Amazon stärkere Zahlen als erwartet. Das hat am heutigen Handelstag auch die hiesigen Wachstumstitel angetrieben, während sich die Anleger vermehrt von den als sichere Häfen geltenden Titeln trennten. Es gelte wieder eher das Motto "Risk on", so ein Händler.
Der SMI schloss um 0,15 Prozent höher bei 11'145,91 Punkten. Auf Wochensicht erreichte er damit ein Plus von 0,45 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind und in dem die Gewichtung der Einzelwerte stärker gekappt ist, legte um 1,19 Prozent zu auf 1733,14 Zähler. Der breite SPI rückte um 0,50 Prozent vor auf 14'467,36 Zähler. Im SLI kamen auf 25 Gewinner 5 Verlierer.
Die Entspannung in Bezug auf die US-Zinspolitik kam den Finanztiteln sehr zugute. So gewannen etwa Partners Group 5,4 Prozent hinzu und gingen damit als klare Sieger unter den Blue Chips aus dem Handel. Die zuletzt arg gebeutelten Anteile konnten sich wieder deutlich über die psychologisch wichtigen Marke von 1000 bis auf 1033 Franken vorarbeiten. Von den Zinshoffnungen profitierten zudem auch die Anteile der Grossbanken UBS (+3,5 Prozent), CS (+2,8 Prozent) und Julius Bär (+2,1 Prozent).
Anleger stürzten sich zudem, inspiriert von den guten Ergebnissen der US-Konzerne Apple und Amazon, auf die hiesigen Wachstumswerte und Aktien, die seit vergangenem November massiv korrigiert haben. Dazu gehören Sika, die mit einem Plus von 5,0 Prozent aus dem Handel gingen und am Handelstag über weite Strecken die Pole Position im SLI inne hatten. Aber auch Schindler (+4,6 Prozent), Straumann (+3,5 Prozent), Geberit (+3,4 Prozent) oder Givaudan (+3,3 Prozent) gehören dazu.
Andere Versicherungswerte wie Swiss Life (+2,4 Prozent) oder Zurich (+1,5 Prozent) gehörten ebenfalls zu den Gewinnern der Zins-Entwarnung. Währenddessen konnten Swiss Re (-0,5 Prozent) mit ihren Halbjahreszahlen die Analysten nicht überzeugen und drehten gegen Handelsschluss sogar noch in den negativen Bereich. Zwar übertraf der Rückversicherer beim Reingewinn die Erwartungen. Doch das Ergebnis wurde als durchwachsen bezeichnet. Analysten kritisierten etwa die Prämien und die negative Entwicklung des Eigenkapitals. Zudem gebe es Zweifel an den Prognosen des Unternehmens, hiess es.
Der zweite Blue Chip, der heute ein Zahlenupdate gab, konnte jedoch noch wesentlich weniger von sich überzeugen: AMS Osram gingen als eindeutige Verlierer aus dem Handel mit einem Minus von 5,1 Prozent. Der Technologiekonzern erzielte im zweiten Quartal einen tieferen Umsatz und hat wegen Einmaleffekten gar einen Verlust eingefahren. Die Analysten zeigten sich aber auch über die operativen Margen enttäuscht. Zudem zweifeln sie auch bei AMS an den mittelfristigen Zielen.
Ebenfalls mit Abschlägen schlossen die drei Schwergewichte Roche (-2,7 Prozent), Novartis (-1,8 Prozent) und Nestlé (-0,5 Prozent), die mit ihren Verlusten den gesamten SMI etwas ausbremsten. Sie waren "Opfer" der "Risk On"-Strategie. Anleger trennten sich von diesen als sichere Häfen geltenden Werte und kauften sich lieber wieder etwas risikoreichere Titel.
Forbo (-7,3 Prozent) wurden hingegen abgestraft dafür, dass in der Halbjahresbilanz sämtlich Zahlen unter den Erwartungen lagen.
Die Aktien von Obseva (-16,6 Prozent) büssten zudem weiter an Terrain ein. Die Biotechfirma hatte vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass sie, seit die US-Zulassungsbehörde FDA vor wenigen Tagen den Zulassungsantrag für den wichtigsten Forschungskandidaten zurückgewiesen hat, ums Überleben kämpft.
(AWP)