"EZB-Chefin Christine Lagarde bereitet die Märkte auf einen etwaigen rascheren Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik vor", kommentierte VP-Bank-Ökonom Thomas Gitzel dies. "Das hat beinahe historischen Charakter." Viele Fachleute gehen nun davon aus, dass die Notenbank im März eine Straffung der Geldpolitik in Gang setzen wird. Eine Zinserhöhung der EZB im laufenden Jahr sei auf jeden Fall wahrscheinlicher geworden, lautet der Tenor. Und dies ist bekanntlich etwas, was die Investoren an den Aktienmärkten nicht gern hören. Die EZB-Rhetorik sorgte auch am Devisenmarkt für Bewegung, wo der Euro-Kurs innert Tagesfrist um rund einen Rappen auf 1,05 Franken angezogen hat.
Der SMI schloss am Donnerstag 1,02 Prozent tiefer bei 12'234,15 Punkten. Damit sind vor dem letzten Handelstag der Wochen die Chancen aber nach wie vor intakt, dass es endlich zum ersten SMI-Wochengewinn im laufenden Jahr reicht. Denn aktuell notiert der Leitindex 130 Punkte über dem Stand vom letzten Freitagabend. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, büsste 1,18 Prozent auf 1954,98 und der breite SPI 1,21 Prozent auf 15'488,37 Zähler ein. 24 der 30 SLI-Titel erlitten Verluste.
Schwer auf dem Markt lasteten Abgaben bei Roche (-2,4%), die damit den Leitindex allein um gut 50 Punkte drückten. Der Pharmariese ist 2021 zwar gewachsen, aber dies vor allem dank der Diagnostik-Sparte, kritisierte ein Händler. "Wenn die Corona-Tests wegfallen, was absehbar ist, bleibt nicht mehr viel." Zudem sei die Rentabilität eher tief und auch die Dividende könnte höher sein, hiess es weiter. Damit habe Roche die Markterwartungen verfehlt.
Dagegen konnten die Aktien von Rivale Novartis (+1,1%) Boden gutmachen. Sie waren am Vortag wegen eines als enttäuschend taxierten Jahresabschlusses abgestraft worden. Laut Händlern tauschten manche Anleger die "Roche-Bons" in Novartis-Aktien.
Vom dritten SMI-Schwergewicht Nestlé (-0,9%) gab es derweil keinen Rückenwind.
Auch die Zahlen von ABB (-2,5%) wurden vom Markt nicht goutiert. Der Konzern habe zwar grosse Fortschritte erzielt, mehr Gewinn geschrieben und sei dabei, das Portfolio weiter zu trimmen. Aber auch bei dem Elektrotechnikkonzern wurde die Margenentwicklung und die Höhe der Dividende bemängelt.
Erneut unter Druck standen zudem Highflyer aus dem Vorjahr: Straumann büssten bei den Blue Chips mit 5,8 Prozent am meisten ein, Sonova folgten mit Verlusten von 4,5 Prozent nur wenig dahinter. Ebenfalls zu dieser Kategorie zählten Partners Group (-2,5%) oder Alcon (-2,1%).
Technologiewerte wie AMS (-2,4%), Logitech (-2,2%) und Temenos (-3,2%) standen wegen der Meta-Zahlen unter Druck. Am breiten Markt gaben Werte wie VAT oder Inficon aus demselben Grund in ähnlichem Umfang nach.
Bei Swatch (-1,3%) löste die Ankündigung der Dividende Verkäufe aus. Zwar will der Uhrenkonzern die im Vorjahr gekürzte Dividende wieder um 2 Fr. auf 5,50 Franken erhöhen. Doch dies scheint zu wenig zu sein, um die Anleger bei der Stange zu halten.
Das kleine Gewinnerfeld wurde bei Handelsschluss von Swisscom (+1,9%) angeführt. Das am Morgen veröffentlichte Jahresergebnis habe die Markterwartungen leicht übertroffen und der angekündigte Chefwechsel werde positiv aufgenommen, hiess es.
Die wenigen Gewinner bei den Blue Chips waren ausserdem - neben Novartis - die Finanzwerte CS, UBS, Swiss Re und Zurich, die zwischen 0,1 und 0,5 Prozent zulegten.
Am breiten Markt stiegen Kuros um 4 Prozent. MagnetOs, das Schlüsselprodukt von Kuros, hat von den amerikanischen Gesundheitsbehörden eine Zulassungserweiterung als eigenständiges Transplantat an der Wirbelsäule erhalten.
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(AWP)