Q1 2025
(in Mio Fr.)             AWP-Konsens  Q1 2024  

Umsatz                      5'554     5'586
- org. Wachstum (in Prozent)       -0,4       0,0
EBIT*                         508       532

* wiederkehrend

FOKUS: Der Start ins Jahr dürfte bei Holcim verhalten verlaufen sein. Kältewellen in Kanada und den USA mit Schneefällen bis nach Texas hinunter sowie in Osteuropa werden den Absatz von Baustoffen gebremst haben. Analysten rechnen mit einem Rückgang von Umsatz und wiederkehrendem Betriebsgewinn. Allerdings ist das 1. Quartal wegen des Winters traditionell das kleinste und daher von beschränkter Aussagekraft für das Gesamtjahr. Im vergangenen Jahr hat es lediglich gut ein Fünftel des Umsatzes und nur rund 10 Prozent des EBIT des ganzen Jahres beigesteuert.

Im Zentrum des Interesses steht auch der Ausblick. Analysten rechnen mit einer Beschleunigung der operativen Dynamik im Jahresverlauf und damit, dass Holcim die Finanzziele (s. Ziele) bestätigen wird. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit die Turbulenzen durch die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump auch auf das Holcim-Geschäft durchschlagen. Marktbeobachter gehen davon aus, dass grosse Bauentscheidungen von US-Unternehmen verschoben würden und der Wohnungsbau weiterhin schwach bleibe. Allerdings sei der US-Zementkonsum grösser als die in den Vereinigten Staaten produzierte Menge. Deshalb dürften die Preise steigen, wovon die abgespaltene Amrize (s. Pro Memoria) profitieren dürfte.

ZIELE: Für das laufende Jahr 2025 erwartet Holcim ein Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich in lokaler Währung. Der wiederkehrende EBIT soll gleichzeitig überproportional zulegen. Die entsprechende Marge soll sich weiter verbessern und der Free Cashflow über 3,5 Milliarden Franken erreichen. Zudem soll das Geschäft mit recycelten Bau- und Abbruchmaterialien wiederum zweistellig wachsen.

Mittelfristig will Holcim im Rahmen der «NextGen Growth 2030»-Strategie bis 2030 den Umsatz in Lokalwährungen jährlich um durchschnittlich 3 bis 5 Prozent steigern. Der wiederkehrende Betriebsgewinn EBIT soll um 6 bis 10 Prozent im Durchschnitt pro Jahr wachsen. Aus dieser Rechnung ausgeklammert sind grosse Übernahmen oder Verkäufe mit einem Jahresumsatz von mehr als 200 Millionen Franken.

Geplant seien etwa gezielte Investitionen in den attraktivsten Märkten, gab Holcim Ende März am Kapitalmarkttag bekannt. Gleichzeitig sehe der Konzern Investitionen in das organische Wachstum vor sowie eine «attraktive und progressive» Dividendenpolitik. Das Geld dafür ist laut Holcim vorhanden: Insgesamt stünden bis 2030 rund 18 bis 22 Milliarden Franken für die Kapitalallokation zur Verfügung. Davon dürften 3 bis 4 Milliarden für wertsteigernde Übernahmen ausgegeben werden. Ergänzende Akquisitionen sollen den Konzernumsatz Umsatz jährlich um 1 bis 2 Prozent erhöhen.

Für strategische Deals und opportunistische Aktienrückkäufe hat Holcim 4 bis 6 Milliarden Franken reserviert. Der Betrag könnte noch steigen, wenn mögliche Erlöse aus dem Verkauf von Firmenteilen dazugerechnet werden oder Holcim die Verschuldungskapazität erhöht.

4 bis 5 Milliarden Franken schliesslich stehen bis 2030 jährlich für Investitionen in das zukünftige Wachstum zur Verfügung. Das Geld soll vor allem in Projekte mit einer hohen Rendite fliessen. Besonders in der Sparte «Building Solutions» will Holcim Gas geben. Sie soll bis zum Ende der Dekade die Hälfte des Umsatzes beisteuern nach 37 Prozent im 2024.

In Europa, Australien und Nordafrika will der Zementkonzern seine starke Position im Bereich Nachhaltigkeit für profitables Wachstum nutzen. In Lateinamerika hingegen sollen vor allem das starke Wachstum von Bevölkerung, Wohlstand und Urbanisierung die Expansion von Holcim antreiben. Konzernchef Miljan Gutovic will mehr Akquisitionen in Lateinamerika tätigen. Das starke Wachstum wird auch zu einer Verschiebung der Gewichte im Konzern führen. «Ich erwarte, dass Lateinamerika in ein bis zwei Jahren die Region 'Asien, Naher Osten und Afrika' als zweitgrössten Markt hinter Europa ablösen wird», sagte Gutovic Lateinamerika kam im Jahr 2024 auf einen Umsatz von 2,89 Milliarden Franken, in Asien/Naher Osten/Afrika nahm Holcim 3,61 Milliarden ein.

Zudem plant Holcim eine durchschnittliche Ausschüttungsquote von 50 Prozent pro Jahr. Von 2025 bis 2030 sehe man Dividenden in der Höhe von insgesamt 7 Milliarden Franken vor. Zum Vergleich: Für das Geschäftsjahr 2024, das letzte mit dem Nordamerika-Geschäft, schlägt der Verwaltungsrat eine Erhöhung der Dividende um 11 Prozent auf 3,10 Franken pro Aktie vor. Das entspricht einer Ausschüttungsquote von knapp 60 Prozent.

Zudem will Holcim bis 2030 mehr als 20 Millionen Tonnen Abbruchmaterial pro Jahr wiederzuverwenden. Das wäre dreimal so viel wie 2024.

Amrize seinerseits will bis 2028 ein jährliches Umsatzwachstum von 5 bis 8 Prozent erreichen. Der bereinigte EBITDA soll um jährlich 8 bis 11 Prozent wachsen. Dieses Wachstum will Amrize sowohl aus eigener Kraft als auch mit möglichen Zukäufen erzielen. Mehrwert für die Aktionäre will das Unternehmen durch Dividendenzahlungen schaffen, auch Aktienrückkäufe seien denkbar. Der kumulierte Free Cashflow soll bei über 8 Milliarden Dollar liegen.

Bislang hatte Amrize nur Ziele bis 2030 ausgegeben, nämlich mehr als 20 Milliarden US-Dollar Umsatz und über 5 Milliarden Betriebsgewinn mit branchenführenden Margen. 2024 erwirtschaftete Amrize einen Umsatz von 11,7 Milliarden US-Dollar, einen bereinigten EBITDA von 3,2 Milliarden Dollar und damit eine entsprechende operative Marge von 27 Prozent.

PRO MEMORIA: Die Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts ist laut Holcim auf Kurs. Sie soll nach der Zustimmung der Generalversammlung vom 14. Mai noch im darauffolgenden Monat Juni vollzogen werden. Jeder Holcim-Aktionär soll dabei für ein Holcim-Wertpapier eine Aktie des künftig unabhängigen Unternehmens Amrize als Sonderausschüttung in Form einer Sachdividende erhalten. Die entsprechenden Aktien sollen unter dem Symbol 'AMRZ' an der New Yorker Börse (NYSE) und zusätzlich an der Schweizer Börse SIX kotiert werden.

Ohne Amrize hat Holcim im Jahr 2024 einen Umsatz von 16,3 Milliarden Franken und eine wiederkehrende EBIT-Marge von 17,4 Prozent erzielt, was einen wiederkehrenden EBIT von 2,8 Milliarden Franken entspricht. Das Nordamerika-Geschäft hat derweil im vergangenen Jahr 10,1 Milliarden Umsatz und 2,2 Milliarden wiederkehrenden EBIT beigesteuert. Der Reingewinn schoss gar um ein Drittel auf 1,3 Milliarden Dollar nach oben.

Holcim hatte vor einem Jahr angekündigt, das Nordamerika-Geschäft abzutrennen und als vollständig unabhängiges Unternehmen in den USA zu kotieren. Hintergrund sind die billionenschweren Investitionsprogramme der US-Regierung: «Sie werden in den nächsten acht bis zehn Jahren zu nie dagewesenen Ausgaben für die Bauindustrie führen», sagte Holcim-Präsident Jan Jenisch damals. Die Aufspaltung sei nötig, um das Potential gänzlich auszuschöpfen und voll durchzustarten.

Das neue Management-Team von Amrize ist nun vollständig. Neben Jan Jenisch, der den CEO-Posten und auch das Präsidium im Verwaltungsrat von Amrize übernimmt, wird Ian Johnston neuer Finanzchef. Er ist bereits CFO bei Holcim Nordamerika. Die beiden Geschäftsbereiche Building Materials und Building Envelope werden Jaime Hill und Jake Gosa führen. Insgesamt besteht die neue Geschäftsleitung aus zehn Personen.

Holcim hat Anfang Monat den peruanischen Hersteller von hochwertigen Gebäudeprodukten Compañía Minera Luren übernommen. Die Einkaufstour will Gutovic fortsetzen. Nach den 27 Akquisitionen im vergangenen Jahr rechnet er mit 15 bis 20 Zukäufen im 2025. Davon dürften etwa 15 Akquisitionen in Europa und Lateinamerika getätigt werden.

Die Ratingagentur Moody's hat die Einschätzung zum Baustoffkonzern Holcim bestätigt. Das langfristige Emittenten-Rating lautet weiterhin «Baa1» und das kurzfristige «Prime-2», wie Moody's am Freitag mitteilte. Der Ausblick bleibe «stabil». Zwar werde die Abspaltung von Amrize das Geschäftsprofil von Holcim durch eine Verringerung der Grösse und Rentabilität schwächen. Mit einem Pro-forma Umsatz von 16,3 Milliarden im Jahr 2024 werde Holcim aber eines der grössten Baustoffunternehmen der Welt bleiben, begründete die Ratingagentur ihre Einschätzung.

AKTIENKURS: Die Aktien von Holcim sind mit dem zunehmenden Fortschreiten der Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts immer höher geklettert. Am 6. März erreichten sie den höchsten Stand seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Mit Donald Trumps so genanntem «Befreiungstag» am 2. April, als der US-Präsident Zollerhöhungen fast für die ganze Welt mit Ausnahme Russlands ankündigte, gingen die Titel in die Knie. Derzeit notiert die Holcim-Aktie bei Kursen um 87 Franken.

Website: www.lafargeholcim.com

an/jb

(AWP)