Ähnlich war der Handelsverlauf auch an anderen europäischen Börsen, während die US-Indizes bis zum europäischen Handelsschluss kräftige Gewinne zeigten (Dow Jones Industrial: rund +3 Prozent). Es sei ein realistisches Szenario, dass Europa ein Verlierer der Politik des neuen US-Präsidenten Trumps sein könnte, erklärten sich Börsianer diese Diskrepanz. «Trump sieht die Europäische Union eher als Rivalen, denn als Verbündeten im geoökonomischen Ringen», fasste ein Ökonom die Stimmung zusammen. Es bestehe demnach eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit, dass es zu Konflikten in der Handelspolitik und im Umgang mit Russland komme. «Dies dürfte Unsicherheit kreieren und die Wirtschaftsstimmung in Europa beeinträchtigen», so der Experte weiter.
Der Schweizer Leitindex SMI schloss letztlich 0,16 Prozent tiefer bei 11'847,29 Punkten. Im frühen Handel war er zeitweise noch auf über 12'100 Punkte gestiegen, dann aber am Nachmittag bis auf fast 11'821 Zähler abgerutscht. Händler berichteten von einem nervösen Handel mit hohen Volumina, was vorübergehend in den Systemen der SIX zu Kursverzögerungen führte.
Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Titel enthalten sind und in dem das Gewicht der Schwergewichte stärker gekappt ist, beendete den Handel um 0,01 Prozent tiefer bei 1945,25 Zählern, der breite SPI gab um 0,23 Prozent nach auf 15'776,36 Zähler. Im SLI schlossen 22 Werte tiefer und nur acht höher.
Die Bandbreite der Ausschläge war dabei gross. Sie reichte von -5,5 Prozent (Logitech) bis +5,2 Prozent (UBS).
Die hohen Verluste von Logitech führten Händler darauf zurück, dass der Computer- und Unterhaltungselektronikhersteller besonders von Verwerfungen des internationalen Handels und US-Zöllen betroffen sein könnte.
Das gleiche gelte für weitere Hauptverlierer wie SGS und Kühne+Nagel, die um 4,7 rsp. 2,5 Prozent nachgaben.
Satte Verluste gab es ausserdem für Straumann (-3,5 Prozent), Givaudan (-3,3 Prozent) und Geberit (-2,8 Prozent).
Auffällig war ausserdem, dass vor allem die Schwergewichte im Tagesverlauf immer mehr unter Druck kamen. So fielen Nestlé (-1,8 Prozent auf 79,36 Fr) unter die psychologisch wichtige Marke von 80 Franken und damit auf den tiefsten Stand seit Juli 2018. Auch Roche gaben um 1,5 Prozent nach, Novartis hingegen nur um 0,2 Prozent.
Neben UBS waren auch andere Finanzvertreter wie Partners Group (+2,7 Prozent), Julius Bär (+2,2 Prozent) und die Versicherungstitel Swiss Life und Zurich mit Zugewinnen von 1,8 Prozent und 0,7 Prozent bei den Gewinnern anzutreffen. Laut Händlern wird erwartet, dass die Finanzkonzerne zu den Profiteuren der zweiten Ära Trump zählen werden - da die Republikaner für Deregulierung stehen.
Bei der Swiss Life dürfte ausserdem ein Entscheid des Bundesrats zu nachträglichen abzugsfähigen Einzahlungsmöglichkeiten in die dritte Säule leichten Rückenwind gegeben haben.
Gefragt waren ausserdem Infrastrukturtitel wie ABB (+1,5 Prozent) und Holcim (+1,6 Prozent), die von Investitionsprogrammen der neuen US-Regierung profitieren könnten.
Am breiten Markt waren Swissquote (+8,0 Prozent) ein Profiteur von Trumps Sieg. Hier setzten Investoren auf einen möglichen Krypto-Boom unter dem neuen Präsidenten, wie es hiess.
Gurit und Meyer Burger, die mit ihren Windräderelementen und Solarzellen, nicht in der Gunst der Trump-Regierung stehen dürften, gaben um happige 9,5 und 7,5 Prozent nach.
Barry Callebaut (+1,2 Prozent) waren derweil nach der Vorlage der Jahreszahlen gefragt.
rw/jb
(AWP)