«Der Abgesang auf das Rally am Aktienmarkt hat begonnen, weil die Anleger Angst vor einem Zinsschock haben, sollten sich die Inflationsraten durch einen steigenden Ölpreis wieder dramatisch nach oben bewegen», so ein Experte. Aber auch Äusserungen der US-Notenbank-Vertreterin Mary Daly vom Vortag liessen sich dahingehend interpretieren, dass das Fed im Juni noch keine Zinssenkung durchführt. Erstaunlich gute Konjunkturdaten aus den USA taten ihr Übriges. Manche Stimmen hielten jedoch dagegen, es sei noch zu früh für einen Abschied von der Zinssenkung im Juni: «Denn es war schliesslich der Chef selbst, der die Märkte im Dezember darauf brachte», so ein Händler.

Der SMI schloss 1,75 Prozent tiefer bei 11'196,67 Punkten. Das kurz nach dem US-Handelsstart erreichte Tagestief lag mit 11'172 Punkten gar deutlich unter der Grenze von 11'200 Punkten. Der SLI Index, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, büsste 1,84 Prozent ein auf 1835,24 und der breite SPI 1,49 Prozent auf 14'862,40 Zähler. 28 der 30 SLI-Titel schlossen tiefer - und davon bis auf fünf alle mit mehr als einem Prozent.

Angeführt wurde die Verliererliste der Blue Chips von Swiss Re (-8,9 Prozent oder -9,56 Fr.). Die Aktie wurde allerdings ex Dividende von 6,80 US-Dollar gehandelt, so dass zumindest ein grosser Teil des Minus optischer Natur war. Ex Dividende (0,85 Fr.) wurden auch Straumann (-3,0 Prozent oder -4,25 Fr.) gehandelt. Auch hier gingen die Kursverluste weit über den Dividendenabgang hinaus. «Angeblich wird das Handelsgeschehen von der Angst vor einer nachlassenden Ausgabebereitschaft der Konsumenten überschattet», so ein Händler.

In den hinteren Reihen gab es mit Adecco (-11,1 Prozent oder -3,80 Fr.) und Fundamenta (-2,1 Prozent oder -0,35 Fr.) zwei weitere ex Dividende gehandelte Titel. Während Adecco mehr verlor als die Dividende von 2,50 legte Fundamenta bereinigt um die Dividende von 55 Rappen zu.

Die grössten nicht ex-Dividende gehandelten Verlierer unter den Blue Chips waren derweil Partners Group (-3,0 Prozent). Aber auch andere Finanztitel wie UBS (-2,7 Prozent) und Julius Bär (-2,6 Prozent) mussten kräftig Federn lassen. Neben Zinssorgen und schwachen Börsen machten der UBS auch die Kosten für die neue Bankenregulierung zu schaffen. Diese belaufen sich laut Schätzungen auf 15 bis 25 Milliarden Franken, was Finanzministerin Karin Keller-Sutter am Montag in einem Interview als «plausible» Grössenordnung bezeichnet hatte.

Weiter unter Druck waren zudem Wachstumstitel wie Alcon (-2,5 Prozent), VAT oder Logitech (beide -2,0 Prozent), der Logistiker Kühne + Nagel (-2,1 Prozent) oder die Luxusgüterwerte Swatch (-2,2 Prozent) und Richemont (-1,7 Prozent). Dass letztere besser abschnitten, begründen Händler mit Umschichtungen aus den Valoren der Swatch Group. «Morgan Stanley sieht in Richemont die bessere Alternative zum Uhrenhersteller», so ein Händler.

Zudem belasteten die schwachen Schwergewichte Roche (-2,0 Prozent) und Novartis (-1,7 Prozent) den Markt, während sich Nestlé mit einem Minus von 0,6 Prozent besser hielten als der Markt.

Sika, die am Morgen die Q1-Zahlen vorgelegt haben, standen mit -0,6 Prozent ebenfalls deutlich weniger stark im Minus als der Gesamtmarkt. Das Unternehmen hat zwar die Schätzungen der Analysten bezüglich Umsatzentwicklung verfehlt, was aber vor allem am starken Franken liegt. Ausserdem hielt der Bauchemiekonzern an seinen Finanzzielen fest.

Die grössten Gewinner unter den Blue Chips auf der anderen Seite waren SGS mit einem Plus von 1,2 Prozent. JP Morgan stifte den Titel im Rahmen einer Branchenstudie auf «Overweight» von «Neutral» hoch. Nach einem Tanz um die Nulllinie gingen am Ende auch Lindt & Sprüngli (PS: +0,4 Prozent) mit einem Plus aus dem Handel.

Auf den hinteren Rängen profitierten Barry Callebaut (+6,7 Prozent) von den Kommentaren zahlreicher Analysten, die sich nach den H1-Zahlen nun positiv äusserten. DocMorris legten nach Zahlen zum Handelsschluss um 3,5 Prozent zu, nachdem die Titel noch klar im Minus gestartet waren.

tv/uh

(AWP)