Daran dürfte auch die im März unerwartet gesunkene Inflation wenig ändern. Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump wirbelt die Märkte durcheinander und bringt enorme Unsicherheit. Das aber mögen Aktienanleger gar nicht. Chef-Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets sprach von einem «Katz-und-Maus-Spiel», bei dem in den vergangenen Wochen viel Porzellan zerschlagen worden sei.

Wie nervös die Börsen sind, spiegelten die US-Futures deutlich wider. Rund eine Dreiviertelstunde vor Handelsbeginn taxierte der Broker IG Dow Jones Industrial 1,6 Prozent tiefer auf 39.952 Punkte, wobei die Schwankungen recht ausgeprägt waren. Tags zuvor hatte der bekannteste US-Index nach der von Trump überraschend angekündigten 90-tägige Zollpause seine kräftigen Verluste der vergangenen Handelstage innerhalb von Minuten zum Grossteil wettgemacht und war mit einem Plus von knapp 8 Prozent aus dem Tag gegangen.

Der S&P 500 war um 9,5 Prozent hochgesprungen und an den technologielastigen Nasdaq-Börsen fiel das Plus am Ende sogar prozentual zweistellig aus. Der Nasdaq 100 , der am Mittwoch um 12 Prozent nach oben geschossen war, wird von IG nun 2,5 Prozent schwächer auf 18.665 Punkte taxiert.

Die Experten von Index Radar nannten die Gewinne an den US-Börsen am Mittwoch ein «Kursfeuerwerk historischen Ausmasses», da die Indizes die höchsten Tagesgewinne seit der Finanzkrise 2008 einfuhren. «Für den 'Magnificent 7'-Korb war es gar der beste Handelstag überhaupt», während der Angstindex Vix, der die kurzfristig erwarteten Schwankungen am S&P 500 misst, «so stark einbrach wie nie zuvor».

Entwarnung könne dennoch nicht gegeben werden, denn die Kursrally am Vortag war laut Index Radar «in erster Linie ein Short Squeeze», getrieben von technischen Faktoren und nicht von neuer wirtschaftlicher Substanz. Gemeint ist, dass sich die Kursanstiege selbst verstärkt hatten. All jene nämlich, die mit Leerverkäufen - also nur geliehenen Aktien - auf fallende Kurse spekuliert hatten, hatten ihre Position rasch auflösen müssen, um ihre Verluste so gering wie möglich zu halten.

Das Zollthema bleibe jedoch weiter im Fokus. Und mindestens wohl auch der aktuelle Satz von 10 Prozent für die meisten Handelspartner der USA, wobei sich für China indes die Lage weiter verschärft habe. «Der Vertrauensschaden, den die Eskalationen der letzten Wochen hinterlassen haben, lässt sich nicht mit einem Federstrich reparieren», kritisiert Index Radar. Besonders im institutionellen Bereich und den Unternehmensbilanzen - an diesem Freitag startet die US-Berichtssaison - dürften erste Spuren sichtbar werden.

Die überraschend etwas besser als erwartet ausgefallene Verbraucherpreisentwicklung im März fand angesichts der Zollthematik zunächst kaum Beachtung. Dass sich auch die Kerninflation abgeschwächt und die Konsensschätzung unterschritten habe, dürfte von der US-Notenbank Fed zwar mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen werden, hiess es seitens der Landesbank Helaba. «Angesichts der Verunsicherung wegen der Zölle liessen Fed-Vertreter aber bislang keine Eile erkennen und sind in einer abwartenden Haltung.» Spekulationen auf Zinssenkungen könnten mit den aktuellen Daten aber wohl zunehmen.

Unter den Einzelwerten werden die «Magnificent 7» oder auch glorreichen Sieben, sprich die sieben grössten und bedeutendsten Technologie-Unternehmen im Blick bleiben. Tags zuvor waren die Aktien von Alphabet , Amazon , Apple , Meta , Microsoft , Nvidia und Tesla zwischen knapp 10 bis knapp 23 Prozent nach oben gesprungen. Nun werden vorbörslich Verluste zwischen einem bis etwas über 3 Prozent erwartet.

Mit Blick auf die grossen Banken, die am Freitag die Berichtssaison eröffnen, gaben JPMorgan um 1,4 Prozent nach, Morgan Stanley um 1,7 Prozent und Wells Fargo um 1,9 Prozent. Tags zuvor hatten sie noch Erholungsgewinne in Höhe von knapp 7 bis etwas mehr als 11 Prozent verbucht.

US Steel sackten dagegen vor dem Börsenstart um gut elf Prozent ab, denn Trump sagte, er liebe zwar Japan, aber wolle nicht, dass eine japanische Firma den US-Stahlhersteller kaufe.

Die Papiere der Capri Holdings gewannen nach der Bekanntgabe des Verkaufs des Luxuslabels Versace an Prada vorbörslich rund 4 Prozent.

(AWP)