An Hickhack waren die zurückliegenden Wochen kaum zu überbieten. Erst verkündete US-Präsident Donald Trump eine Liste von stattlichen Handelszöllen, wenige Tage später zog er sie wieder zurück. Warum, bleibt unklar. Verhandlungsgeschick, um die Handelspartner in die Knie zu zwingen und Zugeständnisse zu erwirken? Oder Chaos? Unter dem Strich bleiben erst einmal zehn Prozent auf nahezu alle Einfuhren in die USA und eine riesige Portion Unsicherheit. Denn wie es nun weitergeht, steht quasi in den Sternen. Zwischen der Europäischen Union und den USA soll es Gespräche um einen Handelsdeal geben. Möglicherweise werden die Europäer zukünftig mehr Flüssiggas aus den USA importieren, was das Handelsbilanzdefizit der USA mit Europa drücken könnte. Doch irgendeine Art «Basiszoll» wird wohl bleiben, da Trump die Einnahmen aus den Zöllen auch dazu benötigt, um heimische Steuergeschenke an die Bevölkerung zu finanzieren, sagen Beobachter.
Konjunktur unter Druck
Das betrifft natürlich auch die Schweiz. Grundsätzlich sind Schweizer Ausfuhren in die USA derzeit mit Zusatzzöllen von zehn Prozent belegt. Gemäss einer von Präsident Trump unterzeichneten Executive Order gelten die angekündigten Zusatzzölle für eine Liste von Produkten zunächst allerdings nicht. Vorläufig ausgenommen von den Zusatzzöllen sind pharmazeutische und chemische Produkte sowie bestimmte Edelmetalle. Ob für diese Produkte in Zukunft Zölle anfallen, ist unklar.
Entsprechend unklar die Auswirkungen der Zölle auf die Wirtschaftskonjunktur in der Schweiz. Die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes hatte zuletzt ihre Prognose für das Wachstum der Schweizer Wirtschaft im Jahr 2025 leicht gesenkt und ein Plus von 1,4 Prozent genannt. Doch das war noch bevor Donald Trump den Zoll-Hickhack vom Zaun brach. Tendenziell dürfte es also mit dem Wachstum nach unten gehen, wie stark, das hängt davon ab, ob, wann und in welcher Höhe die US-Regierung Schweizer Produkte sanktioniert. Unabhängig davon ist klar, dass der Welthandel schon jetzt unter der US-Zollpolitik leidet. Allein das schmälert die Aussichten der Schweizer Wirtschaft.
Umschichtung in «zollsichere» Unternehmen
Für Anleger könnten die kommenden Wochen daher schwierig werden. Auch wenn sich die Börse zuletzt wieder erholt hat, die Gefahr einer Korrektur, einer Anpassung an die neuen geschmälerten Wachstumsaussichten ist gross. Es schadet daher wohl nicht, hier und da mal Cash aufzubauen. Und, es schadet sicher auch nicht, sich die Frage zu stellen, ob bestehende Depotpositionen möglicherweise besonders von Zöllen betroffen sein könnten und deswegen einer Umschichtung bedürfen? Doch in welche Unternehmen könnte man dann investieren? Welche Konzerne sind von den Handelszöllen wenig bis gar nicht betroffen?
Diese kann man wohl grob in drei Gruppen einteilen. Von den Zöllen zumindest nicht direkt betroffen sind erstens Unternehmen, die ihre Produkte nicht in die USA liefern, also kein US-Geschäft aufweisen. Sollte die Weltwirtschaft keinen allzu grossen Knick machen, könnte das Thema Handelszölle für sie damit abgeschlossen sein. In der Schweiz trifft das am ehesten noch auf mittlere und kleinere Unternehmen zu. Doch Vorsicht, die Unternehmensgrösse ist kein ausreichendes Argument. Man ist erstaunt, welche Unternehmen aus dem Mittelstand ihre Produkte weltweit, und damit auch in den USA, anbieten. Hier ist auf jeden Fall immer ein Blick in die aktuellen Geschäftsberichte nötig, um zu erkennen, ob das Unternehmen von den Zöllen betroffen sein könnte oder nicht.
Zur zweiten Gruppe gehören Unternehmen, die zwar ein US-Geschäft aufweisen, aber statt Produkte Dienstleistungen anbieten. Versicherungsunternehmen und Banken etwa sind von den Zöllen nicht direkt betroffen – sie exportieren keine Maschinen, keine Schokolade, keine Werkzeuge. Die neuen US-Handelszölle sind vor allem Zölle auf Waren, die man anfassen kann.
Zu einer weiteren und damit dritten Gruppe von Unternehmen zählen die, die in den USA verkaufen, ihre Produkte aber auch weitestgehend dort herstellen. Diese Produkte sind von den Zöllen ausgeschlossen. Doch Vorsicht, nicht jeder, der in den USA herstellt, kann sich freuen. Denn die Frage ist, wie diese Produkte aufgebaut sind? Enthalten sie wiederum Bauteile, die aus dem Ausland bezogen werden, was ja etwa bei Maschinen und Textilien in der Regel der Fall ist, sind sie trotz US-Produktion sehr wohl von den Zöllen betroffen.
Einige Beispiele für «zollsichere» Unternehmen
Auf europäischer Seite gelten unter anderem der Elektronikriese Philips, der Netzwerkausrüster Nokia und der Haushaltswarenproduzent Reckitt als relativ «zollsicher», da sie jeweils über einen grossen Anteil an Produktionsanlagen in den USA verfügen. Das gilt auch etwas abgeschwächt für den Baustoffproduzenten Heidelberg Materials und den Spezialisten für technische Gase Air Liquide. Des Weiteren wird, wie bereits erwähnt, allgemein allen Dienstleistungsunternehmen eine gewisse Immunität gegenüber neuen Handelszöllen attestiert. Dazu gehören Versicherungen und auch Banken.
Doch welche Schweizer Unternehmen können nun aufatmen, weil sie ihre Produkte in den USA nicht nur verkaufen, sondern auch in einem signifikanten Umfang dort herstellen? Nestlé etwa ist trotz hohem US-Umsatzanteil in den USA zu 90 Prozent lokaler Produzent. Auch Gesellschaften wie Givaudan oder Sika sind in den USA fast nur lokal tätig, sagen Beobachter. Als «zollsicher“ gelten auch SGS und Kühne + Nagel, weil sie Dienstleister sind. Doch spätestens wenn die Weltkonjunktur unter Druck kommen würde, würde es auch sie erwischen. Unklar die Lage bei den Pharmawerten. Roche und Novartis sind von den Zöllen im Moment ausgenommen. Doch in den USA denkt man über spezielle Pharmazölle nach.
Als relativ „zollsicher“ gelten hingegen Unternehmen, die zur Gruppe eins gehören, also nur wenig bis gar kein US-Geschäft anbieten und vor allem im heimischen Markt tätig sind. Swisscom etwa wird dazugezählt, oder auch Galenica. Es sind Gesellschaften, die inlandszentriert arbeiten und, wenn überhaupt im Ausland tätig, auf die angrenzenden EU-Staaten beschränkt sind. Als „Zollgewinner“, wenn man das überhaupt sagen kann, gelten auch heimische Immobilienwerte, etwa Swiss Prime Site, PSP Swiss Property und Allreal. Für sie spricht zudem der Umstand, dass durch einen Rückgang der Konjunktur die Zinsen weiter fallen dürften, was für den Immobilienmarkt gut wäre.
Kurz vor der Publikation dieses Artikels am 25. April 2025, wurde bekannt, dass die Schweiz zu einer Gruppe von 15 Ländern gehört, mit denen die USA offenbar eine rasche Lösung in der Zollfrage finden wollen. Zum aktuellen Zeitpunkt sind die Details und der Zeitplan noch unklar. Es bleibt also spannend.