Nachdem Bitcoin in 2022 65% an Wert verlor, die Zweitrundeneffekte des FTX-Skandals nach wie vor ausstehen und das makroökonomische Umfeld auch wenig Argumente für steigende Risikobereitschaft lieferte, fehlten Anleger schlichtweg die notwendigen Argumente, um Risikopositionen zum Jahreswechsel wieder auszubauen. Ein schmerzlicher Irrtum – bis jetzt.
Seit Jahresbeginn legt der Preis von Bitcoin und Ethereum um knapp +37% zu. Altcoins wie Polkadot, SAND und MANA steigen sogar jeweils um 48%, 115% und 151%. Zum Vergleich, der S&P 500-, Nasdaq- und schweizer SMI-Index hinken mit jeweils +3%, +11% und +5% deutlich hinterher.
Liquidität deutlich unter historischem Durchschnitt
Grundsätzlich ist es üblich, dass die Liquidität an den Börsen, gemessen am gehandelten Volumen (7-Tagedurchschnitt) über die Weihnachtsfeiertage bis Mitte Januar deutlich unterhalb des Jahresdurchschnitts liegt. So lag beispielsweise das durchschnittliche gehandelte Volumen von Bitcoin zwischen Ende Dezember 2021 und Mitte Januar 2022 bei etwa USD 30 Milliarden (7-Tagedurchschnitt). Über das Jahr verteilt stieg der Wert zeitweise auf über USD 50 Milliarden an. In den vergangenen fünf Wochen viel das gehandelte Volumen zwischenzeitlich unter USD 10 Milliarden USD und nähert sich seitdem der USD 20 Milliarden Marke an.
Niedrige Liquidität am Markt erhöht das Risiko von starken Preisschwankungen durch grossvolumige Trades einzelner Marktteilnehmer («Block Trades») und kann gleichzeitig das Momentum eines entstehenden Trends vervielfachen. Dafür ist es wichtig einen Blick auf die allgemeine Positionierung des Markts am Derivatemarkt zu werfen.
Die Liquidierung von Short-Positionen unterstützt Preissprung
Um sich vor weiteren Kursverlusten im vergangenen Jahr abzusichern, hatten Anleger ihre Short-Positionen über Futures und Optionen deutlich im Laufe der zweiten Jahreshälfte ausgebaut. Demnach beträgt das Short-Futures Volumen in Bitcoin aktuell knapp USD 300 Millionen. Zum Vergleich, Anfang Mai lag das sogenannte «Short-Exposure» bei knapp USD 60 Millionen.
Im Zuge der starken Preisentwicklung von Bitcoin & Co seit Jahresbeginn, kam es Mitte Januar zur ersten grossen Liquidierung von Short-Positionen in Höhe von circa USD 500 Millionen, welche Kryptowährungen zu weiteren Kurssprüngen verhalfen. Der zweite sogenannte «Short-Squeeze» ereignete sich am 20. Januar mit weiteren USD 80 Millionen.
Status Quo
Obwohl bereits ein grosser Anteil an Short-Positionierungen von Anlegern liquidiert wurde, ist das ausstehende Volumen von Futures Short-Positionen nach wie vor grösser als das von Long-Positionen. Ein Zeichen, dass Marktteilnehmer weiterhin pessimistisch in die Zukunft blicken.
Am OTC-Markt für Optionen auf Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum schaut das Bild derzeit ähnlich aus. Dealer bzw. sogenannte «Market Maker» halten derzeit einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Short-Positionen in Puts und Calls mit kurzen Restlaufzeiten. Das daraus resultierende Ausmass an «Short Gamma», ein Begriff, der auf die Änderungsrate des «Deltas» einer Option eingeht, muss bei weiter steigenden Kursen mit Käufen von Bitcoin & Co neutralisiert werden. Dieses Szenario wird auch als «Gamma Squeeze» bezeichnet und kann zu sprunghaften Kurssprüngen in kurzer Zeit führen. Zur Information, das Delta einer Option gibt an um wieviel der Preis einer Option sich bei Veränderung des Basiswerts (bsp. Bitcoin) verändert.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass bei weiter steigenden Kursen der Derivatemarkt Bitcoin & Co weiteren Auftrieb verleihen werden – wenn auch nur kurzfristig.
Die Gesamtmarktkapitalisierung von Kryptowährungen beträgt aktuell USD 1.05 Billionen. Bitcoin steht mit 42% Marktanteil unverändert an der Spitze. Ethereum, die zweitgrösste Kryptowährung der Welt mit einer Marktkapitalisierung von knapp USD 200 Milliarden, hält 19% Anteil an der weltweiten Gesamtmarktkapitalisierung.