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Meine Kritik an der westlichen Geld- und Fiskalpolitik vom vergangenen Donnerstag hat hohe Wellen geschlagen. Es kann nicht sein, dass alle mehr Marktwirtschaft fordern, aber wenn es hart auf hart geht nach Staatshilfe schreien. Das ist inkonsequent und völlig absurd.

Genauso absurd ist, wenn sich amerikanische Hedgefonds und Private Equity Firmen im Zuge der Rettung Griechenlands und anderer hochverschuldeter Länder auf Kosten der Allgemeinheit eine goldene Nase "verdienen".

In den letzten Tagen gingen unzählige Reaktionen bei mir ein. Viele meiner Leserinnen und Leser pflichten mir bei. Kritik ist immer schnell geübt, das ist mir sehr wohl bewusst. Die Suche nach einem Weg aus der Misere bleibt schwierig, wurden die Weichen rückblickend doch falsch gelegt. Heute sind wir alle ein bisschen schlauer.

Eine Lösung gegen die hohe Staatsverschuldung könnte sein, die Schlupflöcher bei der Unternehmensbesteuerung zu schliessen. Wenn amerikanische Grosskonzerne - ich will an dieser Stelle keine Namen nennen - dank Steuerabkommen und cleveren Steuerkonstrukten nur einen Bruchteil des Jahresgewinns an den Fiskus abliefern müssen, dann läuft etwas schief.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel von Nestlé. Während andere Rivalen wie Unilever oder Danone Steuern im Umfang von 21 Prozent des Jahresgewinns bezahlen, sind es beim Nahrungsmittelhersteller aus Vevey stolze 27 Prozent.

Für den für Kepler Cheuvreux tätigen Jon Cox besteht diesbezüglich sogar Optimierungsbedarf. Der Experte, er gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der Nahrungsmittelaktien, rechnet über die kommenden Jahre mit einer Annäherung der Steuerrate an den Branchendurchschnitt. Er sieht den Gewinn je Aktie alleine schon dadurch um jährlich 6 Prozent und die Gesamtkapitalrendite (ROIC) um jährlich 90 Basispunkte steigen.

Auch wenn der europäische Nahrungssektor von seinen Kollegen von der Aktienstrategie erst letzte Woche von "Neutral" auf "Underweight" heruntergestuft wurde, empfiehlt Cox die Valoren von Nestlé aufgrund dieses "Asses im Ärmel" wie bis anhin mit einem Kursziel von 78 Franken zum Kauf.

Der Geschäftsleitung um Paul Bulcke bieten sich meines Erachtens aber auch andere Möglichkeiten, das schon seit geraumer Zeit unter der Zielbandbreite von 5 bis 6 Prozent zurückliegende organische Umsatzwachstum und die Margen zu beleben. Nestlé müsste sich dazu von bremsenden Geschäftsbereichen wie beispielsweise von jenem mit Tiefkühlprodukten trennen und den Verkaufserlös in die zukunftsträchtigsten Geschäftsfelder reinvestieren.

Der Laie höre und staune: Es geht auch ohne Steueroptimierungen und ausgeklügelte Steuerkonstrukte nach angelsächsischem Vorbild.

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Die Chemieindustrie gilt schon seit Jahren als ein Haifischbecken. Fressen oder gefressen werden, so lautet die Devise. Erst vor wenigen Wochen rettete sich der Verwaltungsrat von Syngenta in die starken, da staatlichen Hände des Mischkonzerns ChemChina.

Mittlerweile ist auch klar, weshalb: Der amerikanische Rivale Monsanto war bei weitem nicht der einzige den in Basel beheimateten Agrarchemiehersteller umkreisenden Beutejäger. Immer neue angebliche Interessenten werden bekannt, unter anderem das Partnerunternehmen DuPont oder die deutsche BASF. Letzterer wird seit Freitag übrigens ein mögliches Gegenangebot für DuPont nachgesagt. Die Amerikaner ihrerseits wollen sich mit Dow Chemical zusammenschliessen.

Als einer der ersten seiner Berufsgilde feierte der für Helvea tätige Markus Mayer Syngenta als mögliches Ziel einer Übernahme aus dem Ausland. Nun, da dieser "über den Ladentisch" gewandert ist, rückt mit Clariant ein weiterer Chemiehersteller aus Basel an die Spitze der heissesten Übernahmekandidaten nach.

Geht es nach dem vielbeachteten Experten, dann müsste ein Interessent vermutlich tief in die Tasche greifen, um sich das Einverständnis der Aktionäre zu erkaufen. Seinen Berechnungen zufolge wäre Clariant für einen solchen aber selbst bei einem Preis von 30 Franken je Aktie noch gewinnverdichtend, eine anschliessende Veräusserung des Geschäftsbereichs Plastics & Coatings vorausgesetzt.

Doch auch Clariant selber könnte Mayer zufolge vom Gejagten zum Jäger werden und sich nach einem Verkauf von Plastics & Coatings einen Rivalen wie Ashland, W.R. Grace oder Corbion einverleiben. Ohne eine Kapitalerhöhung wäre eine solche Grossübernahme finanziell jedoch kaum zu stemmen.

Der früher für Unicredit tätige Experte hält den Basler Spezialitätenchemiehersteller aber auch ohne grosse Firmenübernahme für gut gerüstet und empfiehlt seine Aktien mit einem Kursziel von 21 Franken zum Kauf.
 

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