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Kaum ist die Berichterstattung für die ersten drei Monate abgeschlossen, schon läutet in wenigen Wochen der Aromen- und Riechstoffhersteller Givaudan bei den Unternehmen aus dem Swiss Market Index (SMI) jene für die erste Jahreshälfte ein. Zum Durchatmen bleibt da kaum Zeit.
Viele Unternehmen verabschieden sich nun in die sogenannte "Blackout Period". Während dieser sich selbst auferlegten Informationssperre vor Ergebnisveröffentlichungen entsagen die Firmenvertreter jeglichen Teilnahmen an Anlegerkonferenzen, Kontakten mit den Banken und ihrer Analystenschar und Interviews. Ziel ist es, so kurz vor Quartalsende möglichst keine kursrelevanten Informationen zum Tagesgeschäft durchsickern zu lassen. Für gewöhnlich gelingt das einigen Unternehmen besser, anderen hingegen schlechter.
Dennoch geht der Schweizer Aktienmarkt ab Beginn der "Blackout Period" - sprich ab jetzt - in den "Blindflug" über. Ob und in welchem Ausmass etwa der Handelsstreit zwischen Washington und Peking auf das Tagesgeschäft drückt oder welche Unternehmen vom erstarkten Franken auf dem falschen Fuss erwischt wurden, verraten erst wieder die jeweiligen Zahlenkränze.
Fast noch wichtiger als die Zahlenkränze selbst sind die zukunftsgerichteten Aussagen. Denn eigentlich trauen Analysten den Unternehmen aus dem breit gefassten Stoxx Europe 600 Index im laufenden Jahr in Erwartung einer besseren zweiten Jahreshälfte durchschnittlich ein Gewinnwachstum von 4,5 Prozent zu.
In einem Strategiepapier aus dem Hause Morgan Stanley signalisieren die Autoren um Matthew Garman berechtigte Zweifel an einer Belebung in der zweiten Jahreshälfte. Von den Wirtschaftsprognosen der bankeigenen Ökonomen schliessen sie gar auf eine leicht rückläufige Unternehmensgewinnentwicklung.
Zur Erinnerung: Im November vergangenen Jahres gingen die Analysten sogar noch von einem durchschnittlichen Gewinnwachstum von fast 9 Prozent aus.
Umso mehr gilt: Enttäuschende Halbjahresergebnisse oder vorsichtige zukunftsgerichtete Aussagen könnten der Rekordlaune der hiesigen Marktakteure einen ziemlichen Dämpfer versetzen.
Das grösste Enttäuschungspotenzial machen die für Morgan Stanley tätigen Studienautoren bei den Investitionsgüter- und Chemieherstellern sowie bei den Banken aus. Vorsichtige Aussagen der amerikanischen Rivalin Citigroup von vor wenigen Tagen scheinen diese Befürchtungen bestätigen zu wollen.
Seit Tagen reiht sich beim SMI mit Dividendenkorrektur ein Rekord an den nächsten. (Quelle: cash.ch)
Dass gerade angelsächsische Grossinvestoren in den letzten Wochen und Monaten noch einmal im grossen Stil in die Aktien von Nestlé und Co. umgeschichtet haben, lässt nichts Gutes erahnen. Aufgrund ihres weitestgehend von der konjunkturellen Entwicklung unabhängigen Tagesgeschäfts gelten diese Unternehmen und ihre Valoren als "sicherer Hafen" in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Mittlerweile werden Bewertungen von 40 Prozent oder mehr über dem langjährigen Durchschnitt für Aktien wie jene von Nestlé bezahlt. Qualität hat eben seinen Preis, würden mir alteingesessene Börsenfüchse nun begegnen.
Die Nestlé-Aktien (rot) haben im Zwölf-Monate-Vergleich mit dem SMI (grün) die Nase klar vorn. (Quelle: cash.ch)
Ich vertrete hingegen die Meinung, dass sich der Qualitätsaspekt eigentlich bereits im langjährigen Durchschnitt widerspiegeln müsste. Die darüber hinaus gehenden 40 Prozent oder mehr zeigen, wie verunsichert die Marktakteure eigentlich sind.
Die Sommermonate werden gleich auf mehrere Fragen erste Antworten liefern. Letztendlich dürften die Analysten selber darüber entscheiden, ob die Zahlenkränze enttäuschen oder nicht. Verhält es sich wie üblich, überarbeiten sie ihre Schätzungen im Vorfeld der Ergebnisveröffentlichungen vorsorglich schon mal mit dem Rotstift.
Das ändert allerdings nichts daran, dass sich die Aktienkurse hierzulande schon seit Monaten von der Entwicklung der Gewinnerwartungen nach oben abkoppeln...
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