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Um den Ruf von Aktienanalysten steht es nicht zum Besten. Das zeigen auch die emotionsgeladenen Reaktionen auf meine Kolumne von Anfang vergangener Woche. Eines steht jedenfalls fest: Meine Leserinnen und Leser und die Vertreter dieser in der Kritik stehenden Berufsgilde werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr.

Obschon ich nicht noch mehr Öl ins Feuer giessen möchte, habe ich mich nach Schweizer Aktien umgeschaut, bei denen die Empfehlung nicht im Einklang mit den jeweiligen Kurszielen steht - und vice versa.

Jüngstes Beispiel ist die Herunterstufung der Namenaktien der UBS von "Overweight" auf "Neutral" und deren Streichung von der "Analyst Focus List" durch J.P. Morgan.

Man könnte meinen, der für die Schweizer Grossbank verantwortliche Experte habe die heutige Ergebnisenttäuschung geahnt. Wäre da nicht der unmissverständliche Hinweis, dass die vorsichtigere Haltung in keinster Weise mit dem damals noch nicht bekannten Zahlenkranz für das dritte Quartal zu tun habe. Stein des Anstosses seien eher die auf Stufe des Vorsteuergewinns um bis zu 18 Prozent zu hohen Konsensschätzungen für die nächsten Jahre.

Einen durchdachten Eindruck macht die vorliegende Herunterstufung allerdings nicht. Denn das Kursziel wird weiterhin mit 23 Franken angegeben, was einem Aufwärtspotenzial von nicht weniger als 20 Prozent entspricht.

Die Diskrepanz zwischen Anlageurteil und Kursziel lässt den Verdacht zu, dass sich der Experte alle Möglichkeiten offen halten will. Mit anderen Worten: Steigt der Kurs der Aktien auf 23 Franken, liegt er genauso richtig, wie wenn er weiterhin vor sich hin dümpelt.

Bei meinen weitergehenden Nachforschungen bin ich auf eine interessante Beobachtung gestossen: Am Schweizer Aktienmarkt scheint sich dieses Phänomen auf einige wenige Aktien zu konzentrieren.

Während in amerikanischen Analystenkreisen vor allem die Valoren von Swisscom unschlüssig beurteilt werden, fehlt den europäischen Berufskollegen bei jenen der Zurich Insurance Group die nötige Konsequenz.

Erst vor wenigen Wochen warf der für Merrill Lynch tätige Experte bei Swisscom das Handtuch. Zwar verfolge das Telekommunikationsunternehmen eine starke und konvergente Hochpreisstrategie. Allerdings werde das Aufwärtspotenzial durch den zunehmenden Wettbewerbsdruck im Bereich der Mobiltelefonie begrenzt, so schrieb er damals.

In der Folge stufte er die Namenaktien von "Buy" auf "Neutral" herunter, obschon sich vom auf 600 (700) Franken gesenkten Kursziel noch immer ein Aufwärtspotenzial von knapp 20 Prozent ableiten liess.

Damit befindet sich der Analyst der amerikanischen Grossbank in bester Gesellschaft. Denn auch sein Kollege von Goldman Sachs schätzt dieselben Papiere nicht nur mit "Neutral", sondern sogar mit einem Kursziel von 635 Franken ein. Er rechnet ebenfalls mit einem in Zukunft intensiveren Wettbewerb und fürchtet steigende Marketingausgaben.

Bei den Namenaktien der Zurich Insurance Group muss sich hingegen der für Kepler Cheuvreux tätige Experte Vorwürfe gefallen lassen. Er traut diesen zwar einen Anstieg um mehr als 20 Prozent auf 320 Franken zu, kann sich aber dennoch zu keiner Kaufempfehlung durchringen.

Ähnlich sein Berufskollege von der Deutschen Bank, der die Papiere mit "Hold" und einem ansonsten eigentlich attraktiven Kursziel von 300 Franken einstuft.

Übertroffen wird er nur noch durch den ebenfalls auf der Lohnliste seines Arbeitgebers stehenden Analysten, der die Inhaberaktien der Swatch Group mit dem Prädikat "Hold" versieht. Das wiederum steht im Widerspruch zum 475 Franken lautenden Kursziel, das einem Aufwärtspotenzial von 25 Prozent entspricht.

Bloss sich die Finger nicht verbrennen, so scheint die Devise einiger Vertreter dieser immer mal wieder in der Kritik stehenden Berufsgilde zu lauten. Vermutlich dürfte es sich beim oder anderen Anlageurteil um eine relative Empfehlung handeln. Mit anderen Worten: Anderen europäischen Telekommunikations- oder Versicherungsaktien wird ein grösseres Kurspotenzial zugetraut. Deshalb gilt wohl auch hier: Im Zweifelsfalle für den Angeklagten.
 

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