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Was war das bloss für eine zweite Wochenhälfte. Nach dem Sensorenhersteller AMS am Mittwoch, legten tags darauf mit LafargeHolcim, Credit Suisse, Nestlé und Clariant gleich vier Blue-Chip-Unternehmen ihre Zahlenkränze vor – gefolgt von Swiss Re am heutigen Freitag. Doch auch aus der zweiten und dritten Reihe meldeten sich zahlreiche Unternehmen wie etwa Vontobel, Forbo oder Bucher zu Wort. Zumindest in den betroffenen Aktien war damit für Kursbewegung gesorgt.

Ich will mich nicht beklagen. Aber Tage wie der gestrige Donnerstag bringen uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten ziemlich an unsere Grenzen. Warum gleich vier Blue-Chip-Unternehmen ihre Ergebnisse an ein und demselben Tag veröffentlichen müssen, will mir nicht so recht einleuchten. Denn letztendlich stiehlt man sich gegenseitig die Schau – oder aber man ist gar nicht mal so nicht unglücklich, wenn der eigene Zahlenkranz im allgemeinen Trubel etwas untergeht.

Genug gestänkert. Nun wende ich mich wieder dem Marktgeschehen von dieser Woche zu. Auch vielen meiner Leserinnen und Leser dürfte die Kursschwäche bei den drei Indexschwergewichten Nestlé, Roche und Novartis aufgefallen sein. Selbst ein besser als erwartet ausgefallenes Halbjahresergebnis verhinderte am Donnerstag nicht, dass die Kurse bei Nestlé ins Rutschen gerieten.

Diese Schwäche kommt nicht von ungefähr. Seit Tagen sichern mächtige Grossinvestoren ihre Schweizer Aktienbestände ab, indem sie Futures auf den Swiss Market Index (SMI) verkaufen. Gleichzeitig fliesst noch immer viel Geld aus den Indexschwergewichten in gefeierte Wachstumsaktien wie Logitech, Sonova oder Lonza – ganz nach amerikanischem Vorbild. Mit einem Unterschied: In New York sind die beliebtesten Wachstumsaktien auch gleich die dortigen Indexschwergewichte.

Trotz Verkaufsdruck über die Index-Futures liess sich das "golden Cross" beim SMI allerdings nicht vereiteln. Zu diesem starken charttechnischen Kaufsignal kommt es, wenn der gleitende 50-Tage-Durchschnitt jenen auf 200 Tage von unten nach oben durchbricht. Für gewöhnlich steht diese Konstellation am Beginn einer mehrwöchigen, wenn nicht gar einer mehrmonatigen Aufwärtsbewegung. Das letzte "golden Cross" geht beim SMI auf Ende Februar letzten Jahres zurück. 12 Monate später stand das Börsenbarometer 2000 Punkte höher. Wenn das jetzige Signal mal bloss nicht zum Fehlsignal verkommt...

Entwicklung des SMI über die letzten 12 Monate mit den gleitenden Durchschnitten auf 50 und 200 Tage (Quelle: www.cash.ch)

Zu einer Kurserholung können am heutigen Freitag die zuvor gebeutelten Aktien von Swiss Re ansetzen. Mit dem detaillierten Halbjahresergebnis sei "die Katze" beim Rückversicherungskonzern aus Zürich nun endlich "aus dem Sack", so frohlocken einige Analysten und bekräftigen im selben Atemzug ihre Kaufempfehlungen.

Ich gehe vielmehr davon aus, dass die Covid-19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen uns – und damit auch die Aktionäre von Swiss Re - noch eine ganze Weile begleiten werden. An eine Rückkehr zur Normalität ist vermutlich erst dann zu denken, wenn erste Impfstoffe in Grossproduktion gehen. Meine Vermutung deshalb: Swiss Re und andere (Rück-)Versicherer müssen sich auf weitere pandemiebedingte Kosten einstellen.

Eine Kaufempfehlung verschafft den Valoren von Meyer Burger eine kräftige Kurserholung. Analyst Eugen Perger von Research Partners nimmt das Kursziel zwar auf 20 (25) Rappen zurück, erhöht sein Anlageurteil gleichzeitig aber von "Halten" auf "Kaufen". Der Solarzulieferer aus dem bernischen Gwatt scheint zumindest den Analysten mit seinem strategischen Vorstoss in die Solarzellenproduktion überzeugen zu können.

Schon am Dienstag äusserte ich mich zur Kursschwäche bei Meyer Burger und schrieb...

...und...

Seit AMS am frühen Mittwochmorgen mit überraschend vorsichtigen Umsatzvorgaben für das dritte Quartal aufwartete, ist bei den Aktien des Sensorenherstellers der Wurm drin. Gut möglich, dass Firmenchef Alexander Everke und seine Geschäftsleitungsmitglieder bewusst etwas tiefstapeln.

Das zumindest lässt der deutlich besser als erwartet ausgefallene Zahlenkranz beim amerikanischen Grosskunden Apple vermuten. Das Kultunternehmen setzte im vergangenen Quartal 6,6 Milliarden Dollar mit iPads und sogar 26,4 Milliarden Dollar mit iPhones um und stellte damit die bei 4,8 und 22,2 Milliarden Dollar liegenden Schätzungen der Analysten klar in den Schatten.

Nicht nur die Analysten der Credit Suisse, auch einige ihrer Berufskollegen bei anderen Banken ziehen von der Absatzsituation bei Apple positive Rückschlüsse auf die Auftragslage von Zulieferern wie AMS.

So grössenwahnsinnig die milliardenschwere Übernahme von Osram Licht auch daherkommen mag, so erfrischend ist die Bescheidenheit von AMS-Chef Everke bei den Quartalsvorgaben. Ich bin jedenfalls schon jetzt neugierig...

Aggressive Käufe sind einmal mehr bei den Aktien von Aryzta auszumachen. Darf man einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg Glauben schenken, dann könnte sich der hochverschuldete Backwarenhersteller in die Armen des kanadischen Rivalen Georg Weston flüchten. Doch auch mächtigen Finanzinvestoren wie Apollo oder Cerberus wird ein Interesse an Aryzta nachgesagt.

Während der berüchtigte Vermögensverwalter und Grossaktionär Veraison frohlocken dürfte, hält sich die Freude beim befreundeten Mitaktionär Cobas bestimmt in Grenzen. Denn egal wie tief ein potenzieller Käufer auch in die Tasche greifen wird – der seinerzeitige Einstandskurs der Spanier liegt um vieles höher.

Seit Wochen liegen die Aryzta-Aktien gut im Markt (Quelle: www.cash.ch)

Zusehends mit dem Rücken zur Wand steht der für Kepler Cheuvreux tätige Jon Cox. Der bekannte Nahrungsmittelanalyst kapituliert und nimmt die "Reduce" lautende Verkaufsempfehlung sowie das Kursziel von 25 Rappen in positive Überprüfung.

Auch ich muss mich an dieser Stelle an der Nase nehmen, habe ich die Möglichkeit eines Verkaufs von Aryzta ins Ausland rückblickend doch ziemlich unterschätzt.

Ob die wenig ruhmreiche jüngere Firmengeschichte des Backwarenherstellers im Schlusskapitel doch noch eine gute Wendung nimmt, wissen wir vielleicht schon in einer Woche, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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