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Mit den Aktien von Halbleiterherstellern liess sich in den letzten 12 Monaten viel Geld verdienen – auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt. Valoren wie jene der beiden Zulieferer VAT Group oder Inficon zählen zu den Börsenüberfliegern der letzten Jahre. Wer frühzeitig aufsprang, konnte seinen Einsatz vervielfachen.

Sie alle profitieren dank Megatrends wie Gaming, Cloud und Co. von einem noch nie dagewesenen Superzyklus. Und das bis heute, wie die ersten Vorabinformationen der VAT Group für das zurückliegende vierte Quartal in beeindruckender Weise zeigen. Der Vakuumventilehersteller aus dem Rheintal meldet einen Umsatz in Höhe von 187 Millionen Franken. Das entspricht einem Plus von 11 Prozent gegenüber dem Schlussquartal letzten Jahres. Gleichzeitig gingen beim Unternehmen gar Bestellungen über 208 Millionen Franken ein.

Gute Kunde trifft heute Donnerstag zudem aus dem asiatischen Raum ein. Der dortige Chipgigant TSMC will im laufenden Jahr zwischen 25 und 28 Milliarden Dollar in den Ausbau bestehender Produktionskapazitäten investieren. Das sind 5 bis 8 Milliarden Dollar mehr, als Analysten bisweilen erwartet hatten. Dass auch hiesige Zulieferunternehmen zum Handkuss kommen, gilt als so sicher wie das Amen in der Kirche.

Die Kursentwicklung von Aktien wie Inficon (rot) und VAT Group (grün) zeigt steil nach oben (Quelle: www.cash.ch)

Als Spielverderber könnte man nun Janardan Menon bezeichnen. Der für die britische Liberum tätige Analyst warnt davor, dass der Superzyklus in der Halbleiterindustrie seine Spitze schon im September durchschreiten wird. Er, der als profunder Branchenkenner gilt, rechnet bei den Unternehmen aus diesem Wirtschaftszweig spätestens ab Mitte Jahr mit rückläufigen Aktienkursen.

So richtig scheint es dem Liberum-Analysten allerdings noch an Überzeugung zu fehlen, stuft er doch sämtliche sechs von ihm mitverfolgten Aktien auf Zusehen hin mit "Buy" ein. Das gilt auch für jene des Sensorenherstellers AMS und das mit einem Kursziel von 27 Franken.

Die Investitionspläne von TSMC und anderen Chipgiganten scheinen den Aussagen Menons widersprechen zu wollen. Und tatsächlich wurde der Superzyklus in der Halbleiterindustrie in den letzten Jahren von anderen Berufskollegen schon mehr als einmal totgesagt.

Doch irgendwann läuft auch dieser Superzyklus aus. Vermutlich wäre er das bereits im letzten Jahr, wären die pandemiebedingten Ausgangsbeschränkungen und die Heimarbeit nicht gewesen. Fakt ist: Auch ein Superzyklus läuft irgendwann aus. Und: Für gewöhnlich trägt die Börse einem Abwärtszyklus bereits sechs bis neun Monate früher Rechnung.

Soll ich als Anleger nun tanzen, bis die Musik verstummt – oder die Party doch lieber schon dann verlassen, wenn sie am Schönsten ist? Selber bin ich noch etwas unentschlossen, tendiere aber eher zu letzterem – zumal die Halbleiterindustrie ja bekanntlich als ziemlich launisch gilt.

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Merrill Lynch hält die hiesigen Marktakteure ganz schön in Atem. Nur wenige Tage, nachdem die amerikanische Investmentbank bei den Aktien von Zur Rose mit einer geradezu aufsehenerregenden Kaufempfehlung ein Feuerwerk zündete, tritt sie bei Temenos eine Kurslawine los.

Der zuständige Technologieanalyst warnt vor wegbrechenden Grossaufträgen und watscht die Aktien der Genfer Bankensoftwareschmiede mit einem Kursziel von 90 (zuvor 121) Franken von "Neutral" auf "Underperform" ab. Seines Erachtens geht von der Konsolidierung des europäischen Bankensektors ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Investitionen in die IT-Infrastruktur aus.

Es ist womöglich bloss ein Zufall, dass die Herunterstufung zeitlich in eine kritische Wortmeldung von ShadowFall fällt. Der berüchtigte Leerverkäufer rät nämlich ganz unverblümt zu Wetten gegen die Aktien von Temenos. Die Amerikaner kritisieren die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten sowie deren Verbuchung. Ausserdem berichten sie von Diskrepanzen zwischen dem Genfer Mutterhaus und der indischen Tochtergesellschaft für Forschung und Entwicklung.

Der Kursverlauf der Temenos-Aktien über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

ShadowFall ist für Temenos kein Unbekannter. Bereits vor ziemlich genau einem Jahr blies der Leerverkäufer schon einmal zu einem Angriff auf die Aktien. Damals waren ihm die massiven Titelverkäufe aus der Teppichetage sowie "buchhalterische Bedenken" ein Dorn im Auge.

Allerdings war der letzte Angriff der Amerikaner vor allem deshalb von Erfolg gekrönt, weil wenige Wochen später das Covid-19-Virus von der chinesischen Metropole Wuhan seinen "Siegeszug" um den Globus antritt...

 

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