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Und plötzlich ging alles ganz schnell: Innerhalb weniger Stunden gab der Swiss Market Index (SMI) vergangenen Montag seine diesjährigen Gewinne wieder preis - nur um in den darauffolgenden vier Handelstagen auf den Stand vom Sommer 2019 zurückzufallen.

Es ist eine Bilanz des Grauens. Wie aus dem Nichts fiel das renommierte Börsenbarometer gut 12 Prozent unter das Rekordhoch aus der Vorwoche bei 11'270 Punkten. Papiere wie die von UBS, Credit Suisse und Julius Bär sowie viele Nebenwerte gerieten noch stärker unter die Räder.

Ganz aus dem Nichts kam der Rücksetzer im Nachhinein betrachtet allerdings nicht. Denn Warnzeichen gab es mehr als genug. So drängte hierzulande in den letzten Wochen viel ausländisches Geld in einige wenige Qualitätsaktien. Es ist, als hätten mächtige Grossinvestoren den Rücksetzer kommen sehen und in ebendiesen Zuflucht gesucht.

Das Nachsehen haben die hiesigen "Lokalmatadore". Ich bin immer wieder verblüfft und gleichzeitig erschüttert, wie einfach man sich von den ausländischen Grossinvestoren an die Wand spielen lässt. Spätestens dann wieder, wenn die besagten Grossinvestoren ihre Milliarden wieder aus den Qualitätsaktien abzügeln und "weiterziehen".

Auch als alleine am vergangenen Dienstag unter dem Strich mehr als 6 von ursprünglich 283 Milliarden Dollar aus einem beliebten börsengehandelten Indexfonds auf den amerikanischen S&P 500 Index abdisponiert wurden, war das ziemlich verdächtig.

Priesen die Banken und ihre Strategen die tieferen Kurse vom Montag noch lauthals als einmalige Kaufgelegenheit an, dünnten sich diese Stimmen im weiteren Wochenverlauf immer weiter aus. Mittlerweile macht sich eher Ratlosigkeit bemerkbar.

Dass nun Forderungen nach einem beherzten Einschreiten durch die Geldpolitik laut werden, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Eigentlich war sie es, die die Aktienkurse seit Oktober kräftig anheizte. Zur Erinnerung: Alleine die amerikanische Notenbank pumpte zwischenzeitlich gut 500 Milliarden Dollar über Repo-Transaktionen ins Finanzsystem.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018-19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019+25,4 Prozent+30,6 Prozent
2020*-12,5 Prozent-   8,3 Prozent

* Schlusskurse vom 28. Februar 2020

Seit Freitagnacht wird an der Börse gar auf eine orchestrierte Leitzinssenkung durch führende Notenbanken spekuliert. Zumindest von den in New York gehandelten Zins-Futures lässt sich schon mal auf eine Reduktion der Fed Fund Rate um 75 Basispunkte bis Mitte Jahr schliessen. Und dies mit einer rechnerischen Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent für einen 50-Basispunkte-Zinsschritt im März.

Ob das reicht, damit an den Aktienmärkten wieder Normalität Einzug erhält, bleibt abzuwarten. Wir befinden uns in einer sogenannten Distributionsphase. Die "schwachen Hände" verkaufen. Ob das nun aber die "starken Hände" sind, die da kaufen, wage ich zu bezweifeln.

Nachdem der SMI am Donnerstag die Schlüsselunterstützung bei 10'200 Punkten verletzte, fiel er am Freitag vorübergehend auf 9725 Zähler zurück. Wichtig ist nun, dass sich das Börsenbarometer möglichst rasch wieder über der einstigen Schlüsselunterstützung einpendeln kann. Die nächste wichtige Unterstützungsmarke verläuft bei 9680 Punkten. Sie geht in den Hochsommer letzten Jahres zurück. Fällt auch diese Unterstützung, muss sogar mit einem Rücksetzer in die Region von 9250 Zählern gerechnet werden. Bis dahin gilt: Panik ist für Aktienanleger ein schlechter Ratgeber.

Wichtige Anhaltspunkte erhoffe ich mir von den Aktien von UBS und Credit Suisse. Regelmässige Leserinnen und Leser wissen, dass ich die Valoren der beiden Grossbanken gerne als vorauseilender Indikator für den hiesigen Aktienmarkt hinzuziehe. Sie dürften zeigen, wohin die Reise auf kurze Sicht geht.

Noch bis vor einer Woche hatten meine Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2020 die unterdurchschnittliche Entwicklung gegenüber dem breitgefassten Swiss Performance Index (SPI) nahezu wettgemacht. Dann folgt der kurze und heftige Absturz. Mittlerweile errechnet sich bei meinen Aktienfavoriten ein sattes Minus von 12,1 Prozent. Dem steht ein um 8,3 Prozent tieferer Gesamtmarkt gegenüber. Von den neun Aktien notieren gerade noch jene der Lonza Group (+8 Prozent) im Plus. Mit Klingelnberg (-23 Prozent), Ascom (-22 Prozent) und OC Oerlikon (-21 Prozent) bilden vor allem die Papiere kleinerer Industrieunternehmen das Schlusslicht.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel      8'951,41  
ABB N    425  23,58    8'844,25-  1'177,25 -   11,75 Prozent
LafargeHolcim N    185  53,90    8'271,35-  1'700,15-   17,05 Prozent
Lonza Group N      28355,50  10'707,20+    753,20+    7,57 Prozent
Swatch Group I      37269,80    8'210,30-  1'772,30-   17,75 Prozent
Temenos N      65154,05    8'921,25-  1'092,00-   10,91 Prozent
WTEA1V Put3'250     0,26    1'917,50+ 1'072,50+126,92 Prozent
UBS Group N   817   12,24    8'660,20-  1'339,88-   13,40 Prozent
Ascom N   930   10,74    7'802,70-  2'185,50-   21,88 Prozent
Klingelnberg N   411   24,30    7'685,70-  2'301,60-   23,05 Prozent
OC Oerlikon N   876   11,41    7'853,34-  2'141,82-   21,43 Prozent
      
Total    78'873,79 -   12,17 Prozent

* Schlusskurse vom 28. Februar 2020

Meine Strategie, im Börsenjahr 2020 auf Spezialsituationen zu setzen, geht bisweilen ganz offensichtlich nicht auf. Rückblickend hätte meinen Aktienfavoriten "etwas mehr Lonza" ganz gut getan. Umso mehr möchte ich es mir nicht nehmen lassen, die im Dezember kommunizierten Favoriten nachstehend einzeln abzuhandeln:

Standardwerte (aus dem Swiss Leaders Index):

ABB (-11,8 Prozent)

Die Aktien von ABB spüren einmal mehr den "Fluch der 25 Franken". Wie schon in den letzten Jahren lag auch diesmal wieder richtig, wer sich in der Nähe von 25 Franken von seinen Papieren trennte. Der Investorentag von letzter Woche zum Thema Robotik und Automation kam bei den Anlegern und Analysten zwar gut an, wusste den Kursrutsch allerdings nicht abzuschwächen. In diesen Tagen nimmt Björn Rosengren seine neue Tätigkeit als Firmenchef auf. Davon geht Fantasie aus, genauso wie von der Rückführung des gut 7 Milliarden Dollar schweren Erlöses aus dem Verkauf des Stromübertragungsgeschäfts über ein Aktienrückkaufprogramms an die Aktionäre.

Meine Einschätzung: Der Leistungsausweis Rosengrens bei seinem früheren Arbeitgeber Sandvik ist beeindruckend. Ich bin jetzt schon gespannt, was für Zukunftspläne er für ABB hat. Bis dahin versüsst die attraktiv hohe Dividende von fast 4 Prozent den Aktionären das Warten.

 

LafargeHolcim (-17,1 Prozent)

Seit letzter Woche wissen wir, dass sich LafargeHolcim im Schlussquartal überraschend gut geschlagen hat. Beim wiederkehrenden operativen Gewinn übertraf der Weltmarktführer aus Jona selbst die höchsten Analystenschätzungen. Gleichzeitig wartete er mit nur so von Zuversicht strotzenden Gewinnvorgaben für das laufende Jahr auf. Bei Analysten stossen diese Vorgaben auf ziemlich viel Skepsis. Firmenchef Jan Jenisch ist jedoch nicht bekannt dafür, falsche Versprechen zu machen.

Meine Einschätzung: Jenisch drückt seinem Arbeitgeber immer mehr den persönlichen Stempel auf. Das letztjährige Ergebnis zeugt von grundlegenden Fortschritten – und das auf den unterschiedlichsten Gebieten. Irgendwann dürften sich diese Fortschritte in einem höheren Aktienkurs niederschlagen. Noch ist Geduld gefragt.

 

Lonza Group (+7,6 Prozent)

Noch immer sind die Aktien der Lonza Group weit oben auf der SMI-Gewinnerliste zu finden. Dank des weitestgehend von der Wirtschaftsentwicklung unabhängigen Tagesgeschäfts stehen die Papiere des Pharmazulieferers aus Basel auf den Kauflisten in- und ausländischer Grossinvestoren. Bleibt zu hoffen, dass das so bleibt, sollten sich die Börsenturbulenzen wieder legen.

Meine Einschätzung: Vermutlich stapelt Lonza mit den diesjährigen Zielvorgaben absichtlich tief. Denn noch immer sucht das Unternehmen nach einem Nachfolger für den zurückgetretenen Firmenchef Mark Funk. Ich bin jetzt schon gespannt, wen Lonza uns als Nachfolger präsentieren wird. Die Gerüchte, wonach Specialty Ingredients an die Börse gebracht werden soll, sind zuletzt wieder verstummt. Früher oder später dürfte sich das Basler Mutterhaus ihres Sorgenkinds jedoch entledigen.

 

Swatch Group (-17,8 Prozent)

Das Leben der Swatch-Aktionäre war auch schon einfacher. Erst verhageln die Proteste in Hongkong dem Uhrenhersteller aus Biel die zweite Hälfte des letzten Jahres. Dann greift der Coronavirus von China aus auf andere asiatische Nachbarländer über und sorgt dafür, dass der Konsum praktisch zum Erliegen kommt. Ob sich Nick Hayek heute noch immer so zuversichtlich wie anlässlich der Jahresergebnisveröffentlichung vom Januar geben würde? Vermutlich nicht.

Meine Einschätzung: Zum fehlenden Glück kommt bei der Swatch Group jetzt auch noch Pech hinzu. Man muss schon bis in den Sommer 2009 zurückgehen, um auf ähnlich tiefe Kurse für die Inhaberaktien zu stossen. Da die Inhaberaktien mittlerweile einen Bewertungsaufschlag gegenüber den Namenaktien aufweisen, schichte ich aus den Inhaber- in die günstigeren Namenaktien um.

 

Temenos (-10,9 Prozent)

Allen Unkenrufen zum Trotz blieb bei Temenos die grosse Ergebnisenttäuschung aus. Dennoch machte es sich bezahlt, die Titelposition auf die Zahlen hin über den Put-Warrant WTEA1V (Valorennummer 47142218) abzusichern. Ich schliesse diese nun wieder, scheinen mir die Aktien fürs Erste doch genügend korrigiert zu haben. Die anlässlich der Jahresergebnisveröffentlichung kommunizierten Zielvorgaben für das angelaufene Jahr dürften eher konservativ formuliert sein. Gut möglich, dass die Genfer Bankensoftwareschmiede die Vorgaben im weiteren Jahresverlauf erhöht.

Meine Einschätzung: Wachstum ist ein rares Gut und hat seinen Preis. Das erklärt auch, weshalb die Aktien von Temenos auch nach dem jüngsten Kursrückgang noch nicht wieder günstig bewertet sind. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass sich die diesjährigen Zielvorgaben schon in wenigen Monaten als zu tief erweisen und erhöht werden.

 

UBS Group (-13,4 Prozent)

Die Aktien der UBS konnten sich zuletzt dem schwachen europäischen Bankensektor nicht entziehen. Nicht einmal Spekulationen, wonach die mächtige amerikanische Investmentbank Interesse an der grössten Schweizer Bank bekunde, könnten den Kurszerfall bremsen. Dass der Coronavirus ausgerechnet in Italien Fuss gefasst hat, könnte das südeuropäische Nachbarland in die überwunden geglaubte Bankenkrise zurückführen. Schätzungen zufolge gelten dort nämlich noch immer gut 30 Prozent der ausstehenden Kredite als notleidend. Das wiederum spräche aber für die Aktien der UBS und gegen die anderer europäischer Konkurrenten.

Meine Einschätzung: Die Verpflichtung von Ralph Hamers als Nachfolger von Firmenchef Sergio Ermotti gefällt mir gut. Hamers gilt als ein erfahrener Turnaround-Manager mit einem Faible fürs Digital-Banking. Der Grossbank tut ein neuer Chef von ausserhalb des Unternehmens gut. Zuerst steht ab Juni nun aber erst einmal der Berufungsprozess gegen die milliardenschwere Strafe in Frankreich an. Ich erachte die Wahrscheinlichkeit als gross, dass die Strafe auf ein vernünftigeres Niveau reduziert wird.

 

Nebenwerte:

Ascom (-21,9 Prozent)

Das neue Jahr war erst ein paar Tage alt, da erwartete die Aktionäre von Ascom erneut eine kalte Dusche: Der Telekommunikationsspezialist gab enttäuschende provisorische Zahlen für die zweite Hälfte letzten Jahres bekannt. Am kommenden Donnerstag legt das Berner Unternehmen das detaillierte Jahresergebnis vor. Zumindest was das vergangene Jahr anbetrifft, rechne ich nicht mit weiteren Überraschungen. Vielmehr erhoffe ich mir aber konkrete Informationen rund um den zukünftigen strategischen Kurs.

Meine Einschätzung: Ascom bleibt eine Dauerbaustelle. Mit der Veröffentlichung des detaillierten Jahresergebnisses erhält das Führungs-Duo Jeannine Pilloud und Valentin Chapero eine Plattform, um den Aktionären endlich ihre Ideen rund um die Zukunft des Unternehmens zu kommunizieren.

 

Klingelnberg (-23,1 Prozent)

Es dürfte kein Zufall sein, dass den Aktien von Klingelnberg die wenig ruhmreiche Rolle des Schlusslichts unter meinen Aktienfavoriten zuteil wird. Die europäische Automobilindustrie befand sich schon vor dem Coronavirus-Ausbruch im wichtigen Absatzland China in einem Abschwung. Man braucht kein Branchenkenner zu sein, um zu erahnen, dass der Abschwung dadurch weiter an Gewicht gewinnt. Das bekommen auch die Zulieferer wie Klingelnberg zu spüren.

Meine Einschätzung: Wer beim Börsengang von Klingelnberg im Sommer 2018 Aktien aus Emission zugeteilt erhielt, sitzt knapp zwei Jahre später auf schmerzhaften Kursverlusten. Anders als damals angekündigt, ist es dem Unternehmen bis heute nicht gelungen, die Anwendungsmöglichkeiten der eigens entwickelten Technologie auch ausserhalb der Automobilindustrie auszuschöpfen. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht, würde mich zu aktuellen Kursen aber nicht länger von den Aktien trennen.

 

OC Oerlikon (-21,4 Prozent)

Seit Wochen werden die Aktien von OC Oerlikon in denselben Topf mit anderen Automobilzulieferern geworfen. Das erklärt auch die bitteren Kursverluste. Eigentlich galten die Jahresvorgaben schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Drittquartalszahlen als ziemlich ambitioniert. Am morgigen Dienstag zeigt sich nun, wie das in der Oberflächentechnologie tätige Unternehmen im Schlussquartal abgeschnitten hat. Fast noch wichtiger sind allerdings die Zielvorgaben für das laufende Jahr.

Meine Einschätzung: Auch OC Oerlikon dürfte am Dienstag wohl mit eher vorsichtig formulierten zukunftsgerichteten Aussagen aufwarten. Zu gross sind momentan die wirtschaftlichen Unsicherheiten. Nichtsdestotrotz bleibt das Unternehmen gut positioniert. Ausserdem hoffe ich noch immer auf eine überzeugende Verstärkung des Kerngeschäfts mittels einer grösseren Firmenübernahme.

 

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