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Seit Wochen vergeht kaum ein Tag, ohne dass ein bedeutender Aktionär bei einem börsenkotierten Unternehmen aus der Schweiz einen Schwellenwert verletzt und gegenüber der Börsenbetreiberin SIX meldepflichtig wird.

Was kaum jemand weiss: Nur in den allerwenigsten Fällen liegen diesen Geschäften auch wirklich Titelkäufe oder –verkäufe zugrunde. Vielmehr sind die Offenlegungsmeldungen auf die Ausleihung von Aktien durch ausländische Grossinvestoren zurückzuführen. Für den weltgrössten Vermögensverwalter Blackrock oder den norwegischen Staatsfonds gehören solche Geschäfte mittlerweile zum "courant normal" - womit sie den Leerverkäufern überhaupt erst ermöglichen, gegen die jeweiligen Unternehmen spekulative Wetten auszubauen.

Es geht allerdings auch anders, wie die letzten Tage zeigen. So liegen dem Einstieg von Black Creek mit 3,03 Prozent bei OC Oerlikon auch wirklich Titelkäufe zugrunde. 2,78 der Stimmen hält der bekannte kanadische Vermögensverwalter in Aktien, die Differenz vermutlich über Derivate.

Kursentwicklung der Oerlikon-Aktien unmittelbar vor und nach der letzten Ergebnisveröffentlichung. (Quelle: www.cash.ch)

Weder der starke Zahlenkranz für das zweite Quartal, noch der überraschende Verkauf der Getriebetechniksparte an den amerikanischen Automobilzulieferer Dana wussten in den letzten Wochen ein Abrutschen der Papiere zu verhindern. Mitunter ein Grund könnte sein, dass OC Oerlikon schon seit geraumer Zeit ein Interesse am Oberflächentechnologiegeschäft des Gasriesen Praxair nachgesagt wird. Der Industriekonzern aus Zürich könnte einen solchen Kauf überzahlen, so lautet der Tenor.

Auch der Börsendebütant Klingelnberg meldete kürzlich den Einstieg eines bekannten Grossaktionärs, nachdem sich Henderson Global Investors mit 3,06 Prozent beim Automobilzulieferer eingekauft hatte. Erst kürzlich geriet Henderson Global Investors hierzulande in die Schlagzeilen, als sich die britische Investmentfirma aus dem Aktionariat des Solarzulieferers Meyer Burger zurückzog (siehe So positionieren sich bedeutende Aktionäre in der Schweiz vom 26. Juli).

Gleich bei zwei mittelgrossen Unternehmen aus der Schweiz spielten sich bedeutende Aktionäre in den letzten Tagen gegenseitig in die Hände.

Während Pictet Asset Management bei der Apothekenkette Galenica den Stimmenanteil auf 2,88 (zuvor 3,05) Prozent reduzierte, erhöhte die amerikanische Investmentbank J.P. Morgan ihre Beteiligung in etwa zeitgleich auf 3,05 (zuvor 2,98) Prozent.

Ähnliches spielte sich beim hochverschuldeten Backwarenhersteller Aryzta ab. Um die Ankündigung eine substanziellen Kapitalerhöhung herum trennte sich der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock von Aktien. Im Zuge dessen reduzierte sich dessen Stimmenanteil auf 2,68 (zuvor 3,05) Prozent.

Der Gegenspieler war diesmal J O Hambro. Der britische Vermögensverwalter - er scheint eine Vorliebe für Spezialsituationen zu haben - baute seine Beteiligung ebenfalls in etwa zeitgleich auf 3,28 (zuvor 2,78) Prozent aus. Dass die Briten nur 2,83 Prozent der Stimmen in Aktien halten, lässt darauf schliessen, dass sie unter anderem mit Derivaten arbeiten.

Ob von den jüngsten Verschiebungen im Aktionariat der genannten Unternehmen Signalwirkung für die übrigen Aktionäre ausgeht, wird sich wie gewohnt zeigen müssen.

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Über das Wochenende geizte Grossaktionär Petr Kondrashev nicht mit Kritik an den Entscheidungsträgern bei Meyer Burger. Verwaltungsratspräsident Alexander Vogel verfüge nicht über ausreichende Kompetenz in der hochkomplexen Solarindustrie und Finanzchef Michel Hirschi habe schon lange seine Glaubwürdigkeit verloren, so stichelte der gebürtige Russe.

Der Missmut Kondrashevs kommt nicht von ungefähr, wie ein Blick auf die Kursentwicklung von Meyer Burger verrät. Mit einem Minus von gut 60 Prozent sind die Aktien des Solarzulieferers aus dem bernischen Gwatt weit oben auf der diesjährigen Verliererliste zu finden.

Kursentwicklung der Meyer-Burger-Aktien seit Jahresbeginn. (Quelle: www.cash.ch)

Über seine Beteiligungsgesellschaft Brustorm hält Kondrashev den letzten offiziellen Angaben zufolge 6,12 Prozent an Meyer Burger. Das Aktienpaket geht in den Dezember vor zwei Jahren zurück, als der Solarzulieferer die Bilanz mittels einer Kapitalerhöhung sanieren musste.

Wie mir Londoner Quellen berichten, haben angelsächsische Leerverkäufer in den letzten Tagen den Rückzug angetreten. Auslöser sind Spekulationen, wonach Kondrashev sein Aktienpaket und damit seinen Einfluss auf das Unternehmen ausbauen könnte. Auffällige Warrants-Käufe scheinen dies zu bestätigen.

Die nächsten Wochen versprechen jedenfalls spannend zu werden...
 

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