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Die gute Nachricht zuerst: Die für J.P. Morgan tätigen Strategen um Mislav Matejka erhöhen ihre Jahresendziele für die europäischen Aktienindizes. Dem Stoxx Europe 600 Index trauen sie bis Ende Dezember einen Vorstoss auf 495 Punkten zu, was aus heutiger Sicht zwar "nur" noch einem Restpotenzial von 4 Prozent entspricht. Allerdings hat das breit gefasste Börsenbarometer im bisherigen Jahresverlauf ja auch bereits um knapp 20 Prozent zugelegt.

Die schlechte Nachricht: Auf der gut 40 Namen starken Liste der Aktienfavoriten der amerikanischen Investmentbank sind gerade einmal deren drei aus der Schweiz zu finden.

Umdenken ist gefragt: Erfolgsrezept bei Schweizer Aktien geht nicht mehr auf

Bei den Unternehmen aus der Pharmaindustrie setzen Matejka und seine Abteilungskollegen unter anderem auf die Genussscheine von Roche. Und das, obschon der Pharmaanalyst von J.P. Morgan letztere seit den ersten Januar-Tagen bloss mit "Neutral" und einem Kursziel von 360 Franken einstuft.

Seit Wochen sorgen Berichte für kursseitigen Rückenwind, wonach das japanische Investmentvehikel Softbank mit 5 Milliarden Dollar beim Pharma- und Diagnostikkonzern aus Basel eingestiegen sei und die amerikanische Tochter Genentech als substanziell unterbewertet erachte.

Ebenfalls auf der Favoritenliste der Amerikaner sind die Aktien der UBS zu finden. Das Anlageurteil lautet "Overweight", das Kursziel liegt seit kurz nach der Quartalsergebnisveröffentlichung bei attraktiv anmutenden 20 Franken.

Wie realistisch dieses Kursziel ist, darüber entscheidet nicht zuletzt das Berufungsverfahren im Steuerstreit mit den französischen Behörden. Das Verfahren geht nun in die heisse Phase, rechnen Beobachter doch noch im September mit einem Urteil. Zur Erinnerung: In erster Instanz war die grösste Schweizer Bank zu einer Strafe in Höhe von insgesamt 4,5 Milliarden Euro verurteilt worden.

Kursentwicklung der Valoren von Roche (rot), UBS (grün) und AMS (gelb) über die letzten zwei Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Je nachdem wie die Richter im Revisionsprozess urteilen, hätte das Folgen für die Dividendenpolitik und damit auch der Aktienkursentwicklung der UBS. Die Börse reagiert bisweilen ziemlich entspannt auf das, was auf die Grossbank zukommen könnte.

Getreu dem Motto "aller guten Dinge sind drei" sind auch die Aktien von AMS auf der Favoritenliste zu finden – wobei es sich beim Sensorenhersteller ja bekanntlich nicht um ein Unternehmen aus der Schweiz handelt. Obwohl an der Schweizer Börse SIX kotiert, ist AMS vielmehr im österreichischen Unterpremstätten zu Hause.

Die Valoren werden bei J.P. Morgan mit "Overweight" und einem Kursziel von 26 Franken zum Kauf angepriesen. Mit einem fast 50 Prozent über den momentanen Notierungen liegenden Kursziel weisen sie unter den "drei Aktien aus der Schweiz" das grösste rechnerischen Aufwärtspotenzial auf.

Neugierig wie ich bin, werde ich die Favoritenliste der Amerikaner im Auge behalten. Dasselbe gilt für das künftige Abschneiden der drei darauf zu findenden Vertreter aus der Schweiz.

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Gestern Montag gab Rieter – für Beobachter nicht ganz überraschend – den Kauf dreier Geschäftsbereiche des finanziell angeschlagenen Rivalen Saurer bekannt. Und dennoch wartete der Textilmaschinenhersteller aus Winterthur in der Medienmitteilung mit einer dicken Überraschung auf: Mit Luc Tack und Stefaan Haspeslagh sollen gleich zwei Verwaltungsräte raschmöglichst abgewählt werden.

Angeblich haben die beiden Verwaltungsräte vertrauliche Informationen verwendet, um ihrerseits ebenfalls ein Angebot für die Geschäftsaktivitäten von Saurer abzugeben.

Spätestens als sich Luc Tack das Aktienpaket von Grossaktionär Michael Pieper anlachte, war für mich klar, dass da Interessenskonflikte schwelen könnten. Die Frage war nicht ob, sondern vielmehr wann. Der gebürtige Belgier ist gleichzeitig nämlich auch Mehrheitsaktionär der Industriegruppe Picanol, die ihrerseits auch Textilmaschinen herstellt. Tack und Haspeslagh sitzen beide auch bei Picanol im Verwaltungsrat. Das konnte auf Dauer ja nicht gut kommen...

Die Angst vor einem Ausstieg des zweitgrössten Aktionärs setzt den Rieter-Aktien zu (Quelle: www.cash.ch)

Nun fragt sich natürlich, was Tack nach dem Ausscheiden aus dem Rieter-Verwaltungsrat mit seinem Beteiligungspaket vorhat. Schätzungen aus dem hiesigen Handel zufolge sprechen wir von knapp 15 Prozent aller ausstehenden Aktien.

Die Versuchung, sich von den Aktien zu trennen, scheint jedenfalls gross, erwarb Tack das Pieper-Paket doch Mitte März, als die Papiere von Rieter um die 126 Franken kosteten. Zuletzt waren es in der Spitze fast 240 Franken.

 

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