Manchmal kann es plötzlich schnell gehen: Durch einen Unfall, eine unerwartete Erkrankung oder durch Altersdemenz verliert eine Person die Urteilsfähigkeit. Finanzielle Angelegenheiten wie die Vermögensverwaltung, das Bezahlen von Rechnungen oder das Ausfüllen der Steuererklärung müssen als Folge von jemand anderem erledigt werden.

Im Idealfall ist das natürlich eine vertrauenswürdige Person, die im Sinne des Verunfallten bzw. Erkrankten handelt. Wer das schlussendlich sein wird,  kann in einem Vorsorgeauftrag bereits im Voraus definiert werden. Verzichtet man darauf, entscheidet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb), wer die Angelegenheit in die Hand nehmen wird.

Prominentestes Beispiel, wie es eben nicht laufen sollte, ist der tragische Fall von Michael Schumacher, der vor über fünf Jahren einen schweren Ski-Unfall hatte und seither urteilsunfähig ist. Wie der Blick vergangenes Jahr schrieb, muss seine Gattin Corinna bei einer Kreditaufnahme oder einem Hausverkauf nun jeweils die Kesb um Erlaubnis bitten, da der in der Schweiz wohnhafte Ex-Formel-1-Weltmeister vor dem Verlust seiner Urteilsfähigkeit keinen Vorsorgeauftrag verfasst hatte.

Das eigene Schicksal in den Händen der von Behörden – für viele ein Albtraum. Umso wichtiger ist daher das Erstellen eines korrekt verfassten Vorsorgeauftrages. Doch wie funktioniert das? Es folgen die dringlichsten die Fragen zum Thema:

Was steht in einem Vorsorgeauftrag?

Im Vorsorgeauftrag wird festgelegt, wer im Falle eines Verlustes der Urteilsfähigkeit die Angelegenheiten der betroffenen Person in bestimmten oder allen wichtigen Lebensbereichen übernehmen soll. Konkret werden die zu erfüllenden Aufgaben in Personensorge (z.B. Haushalt, Pflege), Vermögenssorge (z.B. Einkommensverwaltung, Zahlungsverkehr, Erstellen der Steuererklärung) und Rechtsvertretung (z.B. Abschliessen von Mietverträgen oder Versicherungen, Vertretung gegenüber Behörden) unterteilt. Auch dürfen im Vorsorgeauftrag spezifische Handlungsanweisungen gegeben (z.B. "Person XY nimmt die Post entgegen") oder auch explizit verboten werden (z.B. "Mein Haus will ich nicht verkaufen").

Wer kann als Beauftragter bestimmt werden?

Jede urteilsfähige Person, die 18 Jahre oder älter ist, kann diese Funktion übernehmen. In den meisten Fällen werden Partner, gute Freunde oder die eigenen Kinder gewählt. Auch Firmen können mit dieser Aufgabe betraut werden, etwa ein Treuhandbüro. Es dürfen auch für unterschiedliche Lebensbereiche unterschiedliche Personen als Beauftragte bestimmt werden. Da die beauftragte Person zum gegebenen Zeitpunkt den Auftrag möglicherweise nicht mehr annehmen kann oder will, ist es empfehlenswert, im Vorsorgeauftrag bereits eine oder mehrere Ersatzpersonen festzulegen. Die vermerkten Personen sollten unbedingt vorgängig um ihr Einverständnis gefragt werden. Den Beauftragten steht auch zu, den Auftrag abzulehnen oder nach einer gewissen Zeit zu kündigen.

Was sind die Formvorschriften?

Der Vorsorgeauftrag muss entweder vollständig von Hand geschrieben, datiert und unterschrieben werden oder aber durch einen Notar öffentlich beurkundet werden. Die erste Variante ist kostenlos, bei der zweiten fallen Notariatsgebühren an. Die Formvorschriften müssen unbedingt eingehalten werden, ansonsten gilt das Dokument als ungültig. Im Internet kursieren zahlreiche kostenlose Formvorlagen: Etwa auf profawo.ch (Formular hier), auf vorsorgeauftrag-formular.ch (Formular hier) oder auf srf.ch (Formular hier). Im Kanton St. Gallen kann neuerdings der Vorsorgeauftrag auch elektronisch erstellt werden. Hinter der Website e-vorsorgeauftrag.ch steht Digitec-Mitgründer und FDP-Nationalrat Marcel Dobler.

Wie viel Lohn erhalten die beauftragten Personen?

Wie hoch und ob die Beauftragten für ihre Aufgaben entschädigt werden, kann konkret im Vorsorgeauftrag definiert werden. Auch die Vergütung allfälliger Spesen kann darin festgehalten werden. Fehlt eine Angabe zur Entschädigung im Vorsorgeauftrag, so legt die Kesb eine angemessene Entschädigung fest - die dann natürlich der urteilsunfähigen Person vom Vermögen abgezogen wird. Empfehlungen, wie hoch die Vergütung für Beistände ausfallen sollte, gibt etwa die Kesb Kanton Zürich heraus (online hier verfügbar).

Wo wird der Vorsorgeauftrag aufbewahrt?

Grundsätzlich kann selber gewählt werden, wo der Vorsorgeauftrag deponiert werden soll. Es ist jedoch wichtig, dass er im Falle einer Urteilsunfähigkeit von den Angehörigen leicht aufgefunden werden kann. Wird er in einem Banksafe aufbewahrt, so muss noch eine weitere Person Zugriff darauf haben, da das Dokument sonst nicht gefunden werden kann. In einzelnen Kantonen, etwa in Zürich, kann der Vorsorgeauftrag auch direkt bei der Kesb hinterlegt werden. Es ist empfehlenswert, den Hinterlegungsort auf alle Fälle beim Zivilstandesamt einzutragen, was jedoch mit Kosten verbunden ist.

Wann tritt der Vorsorgeauftrag in Kraft?

Sobald die auftraggebende Person urteilsunfähig wird - was von einem Arzt oder Psychiater bestimmt wird - gelangt der Fall an die zuständige Kesb. Diese Behörde klärt dann ab, ob ein Vorsorgeauftrag existiert und ob dieser auch gültig ist. Darüber hinaus wird durch die Kesb geprüft, ob die beauftragten Personen geeignet und gewillt sind den Auftrag zu erfüllen.

Hat ein Vorsorgeauftrag ein Ablaufdatum?

Nein, grundsätzlich gilt der Auftrag zeitlich unbeschränkt. Solange die betreffende Person jedoch urteilsfähig ist, steht ihr frei, den Vorsorgeauftrag zu ändern oder ganz zu widerrufen.

Was passiert bei Urteilsunfähigkeit ohne Vorsorgeauftrag?

Der Fall gelangt wiederum zuerst an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb. Die Behörde legt nun aber selbst fest, wer sich als Beistand eignet und wie hoch die Entlöhnung ausfällt. In der Regel wird, sofern vorhanden, dem Ehepartner bzw. der Ehepartnerin das Vertretungsrecht für alltägliche Handlungen zugesprochen. Bei weitreichenden Entscheidungen hingegen, wie etwa bei einem Hauskauf, schaltet sich die Kesb von Gesetzes wegen ein – wie im erwähnten Fall Schumacher.

Was ist der Unterschied zwischen Vollmacht und Vorsorgeauftrag?

Im Unterschied zum Vorsorgeauftrag gilt die Vollmacht nicht erst bei Eintreten der Urteilsunfähigkeit, sondern bereits ab deren Erteilung. Ausserdem behält die Vollmacht grundsätzlich nur so lange ihre Gültigkeit, wie die betroffene Person noch urteilsfähig ist.