Das Schweizer Vorsorgesystem besteht aus dem so genannten "Drei-Säulen-Prinzip". Die 1. Säule mit der AHV/IV deckt für die ganze Bevölkerung das Existenzminimum ab. In der 2. Säule, der beruflichen Vorsorge (BVG), sind die Arbeitnehmer obligatorisch versichert. Viele kommen dabei nicht über den gesetzlich vorgeschriebenen Minimalbetrag hinaus. Die 3. Säule beruht auf freiwilliger Basis und finanziellen Rückstellungen.
Das "Drei-Säulen-Prinzip" der Schweiz gilt für viele Länder als Vorsorge-Vorbild. Doch demografische Veränderungen (die Menschen leben immer länger) und schwankende Finanzmärkte bringen die Säulen ins Wanken. Deshalb gibt es fast jährlich Änderungen bei der Vorsorge. Auf kleinerer Ebene bei den Beiträgen, und auf grösserer Ebene bei der politischen Entscheidungsfindung. Hier ein Überblick, was 2015 bei der Schweizer Vorsorgen anders wurde oder anders werden soll:
AHV
Pro memoria: Wie hoch die AHV-Rente ist, bestimmen diese zwei Faktoren: Die Anzahl der Beitragsjahre und das durchschnittliche Jahreseinkommen während der Beitragszeit. Die minimale AHV/IV-Rente stieg 2015 von 1170 Franken auf 1175 Franken pro Monat, die Maximalrente von 2340 auf 2350 Franken. Dazu benötigt man einen durchschnittlichen Jahresverdienst von 84'600 Franken, und es dürfen keine Beitragslücken bestehen.
Der Höchstbetrag beider Renten eines Ehepaares beträgt 3525 Franken. Die Ehepaarrenten wurden vor längerer Zeit abgeschafft. Die Renten werden daher auch bei Ehepaaren an jeden Ehepartner separat ausbezahlt. Die so genannte Plafonierung gilt aber weiterhin. Das heisst: Die maximale AHV-Ehepaarrente ist höchstens eineinhalb Mal so hoch wie die maximale AHV-Einzelrente. Bei den Ergänzungsleistungen schliesslich wurde 2015 der Betrag für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs von 19'210 auf 19'290 Franken pro Jahr für Alleinstehende, von Fr. 28'815 auf 28'935 Franken für Ehepaare und von 10'035 auf 10'080 Franken für Waisen erhöht.
Auf politischer beschloss der Ständerat 2015, das Frauenrentenalter auf 65 Jahre anzuheben, um den sich abzeichnenden finanziellen Problemen der AHV zu begegnen. Denn im letzten Jahr gab die 1. Säule erstmals mehr Geld für Renten aus, als sie an Beiträgen einnahm. Der Ständerat entschied sich dennoch für höhere AHV-Renten. Einzelpersonen würden 70 Franken pro Monat mehr bekommen, Ehepaare bis zu 226 Franken. Dafür sollen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je 0,15 Lohnprozente zusätzlich erhoben werden, und die Mehrwertsteuer soll um 1 Prozent angehoben werden. Das Geschäft liegt nun beim Nationalrat, der es kaum in der Wintersession behandeln wird.
Pensionskassen
Mit der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG oder 2. Säule) werden die existenzsichernden Renten der ersten Säule (AHV) ergänzt. Die berufliche Vorsorge ist obligatorisch für Arbeitnehmer, die bei der AHV versichert sind und im Jahr mehr als brutto 21'150 verdienen. Dieser Betrag erhöhte sich ab 2015 um 90 Franken.
Der Zinssatz innerhalb der obligatorischen beruflichen Vorsorge blieb bei 1,75 Prozent. Der Mindestzinssatz legt fest, wie viel Zinsen das Alterskapital im Jahr mindestens rentieren muss. Je tiefer der Zinssatz, desto weniger wachsen die Guthaben aller Versicherten. Entscheidend für die Höhe des Mindestzinssatzes sind die Rendite der Bundesobligationen und die Entwicklung von Aktien, Obligationen und Liegenschaften. Der Mindestzinssatz ist in den vergangenen Jahren mehrmals angepasst worden. Von 1985 bis 2002 hatte er noch 4 Prozent betragen. Per 2012 wurde er auf 1,5 Prozent gesenkt.
Der sogenannte Koordinationsabzug wurde Anfang 2015 von 24'570 auf 24'675 Franken erhöht. Dieser Betrag wird vom Bruttojahreseinkommen abgezogen, um den versicherten Lohn zu ermitteln. Dieser Betrag ist auch verantwortlich für die Höhe PK-Beiträge, der Alters-, Kinder-, Hinterbliebenen- und Invalidenrenten.
Auf politischer Ebene hat sich beim Thema BVG ebenfalls einiges getan. Als Ausgleich zu den steigenden Bezügen aus der AHV soll der Mindestumwandlungssatz von 6,8 auf 6 Prozent reduziert werden, wie der Ständerat im September beschloss. Die Renten sinken dadurch um rund 12 Prozent. Ein Pensionskassenguthaben von 100’000 Franken ergäbe bei einem Umwandlungssatz von 6 Prozent also bloss noch eine Rente von 6000 Franken pro Jahr und nicht mehr 6800 Franken. Im Jahr 2005 lag der Umwandlungssatz noch bei 7,2 Prozent.
Säulen 3a und 3b
Die Säule 3a ermöglicht auf freiwilliger, privater Basis eine Vorsorge für Erwerbstätige. Sie wird vor dem Hintergrund der zunehmenden Schwierigkeiten bei der Finanzierung der 1. und 2. Säule immer wichtiger. Die 3. Säule wird in die gebundene Vorsorge 3a und die freie Vorsorge 3b unterteilt. Einbezahlte Beträge der Säule 3a kann man von den Steuern abziehen. Zur Vorsorge 3b zählen Vermögenswerte wie etwa Lebensversicherungen, Wertschriften, Anlagefonds und Wohneigentum.
Der maximal erlaubte Steuerabzug bei der Säule 3a beträgt 2015 für Personen, die bereits eine 2. Säule haben, neu 6768 Franken (von 6739 Franken im Jahr 2014). Wird dieser Betrag bis Ende Jahr einbezahlt, ist er von den Steuern abzugsfähig. Der Betrag beträgt seit 2015 33'840 Franken (2014: 33'696 Franken) für Personen ohne 2. Säule, das heisst in der Regel Selbständigerwerbende.
Diverses
Seit dem 1.1.2015 können sogenannte "Sackgeldjobs" von Jugendlichen von der AHV-Beitragspflicht befreit werden. Das heisst, dass zum Beispiel Eltern, die in kleinem Umfang einen Babysitter beschäftigen, keine Arbeitgeberbeiträge mehr abrechnen und einzahlen müssen, und dass vom geringfügigen Lohn des Babysitters auch kein AHV-Abzug gemacht werden muss. Konkret sollen junge Leute bis Ende ihres 25. Altersjahrs keine Beiträge entrichten müssen, wenn ihr Einkommen aus einer Tätigkeit in Privathaushalten 750 Franken pro Jahr nicht übersteigt. Die beschäftigten Jugendlichen können aber verlangen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmerbeiträge mit der AHV abgerechnet werden.
(cash/ATG)