Das individuelle Sparen hat in der Schweiz eine lange Tradition. Richtig populär – wie in vielen angelsächsischen Staaten – ist es aber nicht. Vorsorgeexperten führen das auf die vermeintliche Sicherheit des Dreisäulensystems zurück. Doch weil Reformen bei der AHV und der beruflichen Vorsorge schon seit Jahren blockiert sind, trüben sich die Aussichten speziell für eine jüngere Generation laufend ein. Schwindende Reserven verhindern bei der staatlichen Altersrente bessere Leistungen.
Mit den niedrigeren Renten aus der Pensionskasse öffnen sich Vorsorgelücken im Alter. Umso wichtiger wird die private Vorsorge in der dritte Säule. Im Rahmen der privaten Finanzplanung gibt es bei der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) und der freien Vorsorge (Säule 3b) noch viel ungenutztes Potenzial. Gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung durch das Bundesamt für Statistik zahlen nur rund 60 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung regelmässig in die Säule 3a ein.
Steuervorteil nutzen
Die bisherigen Vorstösse zu einer deutlichen Aufstockung des steuerbefreiten Einzahlungsbetrags in der Säule 3a (6826 Franken für Angestellte; 34'128 Franken für Selbständigerwerbende) hatten bisher politisch keine Chance. Die Gegner argumentierten damit, dass von einem solchen Steuervorteil vor allem Leute mit einem hohen Einkommen und Vermögen profitieren würden.
Ähnlich wie bei den Einkäufen in die Pensionskasse sollen nun auch in der dritte Säule rückwirkende Beitragszahlungen möglich sein. In einer von Sotomo durchgeführten Umfrage wird ein solches Modell von zwei Dritteln der Befragten unterstützt. Aus der Sicht von Emmanuel Ullmann, Generalsekretär des Vereins Vorsorge Schweiz (VVS), ist diese Möglichkeit auf politischer Ebene umfassend zu prüfen: "Dies würde insbesondere der jüngeren Generation und erwerbstätigen Müttern erlauben, auch in späteren Jahren eine kontinuierliche private Vorsorge sicherzustellen bei gleichzeitiger Steueroptimierung."
Die gesellschaftlichen Veränderungen stellen das jetzige Vorsorgesystem ohnehin auf die Probe. In der modernen Arbeitswelt kommt es immer mehr zu Teilzeitarbeit und anderen flexiblen Arbeitsformen. Kommt dazu, dass die private Vorsorge bei Personen unter 50 Jahren oft einen geringen Stellenwert hat. Rückwirkende Beitragszahlungen würden entsprechend für einen gewissen Ausgleich inder Säule 3a sorgen. Allerdings braucht es dafür auch die nötigen Informationen und Finanzkenntnisse.
Anteil von Wertschriften-3a noch tief
Für die Sparer ist der Durchblick allerdings nicht ganz einfach. Wer mit der Säule 3a fürs Alter vorsorgt, kann sich für Produkte von Banken und Versicherungen entscheiden. Bei den Vorsorgepolicen der Assekuranz ist auch eine Versicherung zu den Risiken Todesfall und Invalidität eingeschlossen. Die Zinskonten und Wertschriftenlösungen der Banken sind einzig auf den Sparaspekt ausgerichtet.
Als äusserst populär haben sich in der Vergangenheit die reinen Zinskonten erweisen. Im aktuellen Tiefzinsumfeld haben sich die Konditionen allerdings massiv verschlechtert. Bei immer mehr Banken reicht es nur noch zur Nullverzinsung.
Wertschriftenlösungen sind bei der gebundenen Vorsorge mit 23,7 Prozent Anteil noch deutlich in der Minderheit. Am Markt gibt es jedoch Bewegung. Banken und Versicherungen versuchen mit innovativen Produkten den Kundenkreis auszuweiten. Dazu gesellen sich neue Anbieter wie etwa das Start-up-Unternehmen VIAC mit einem digitalen Säule-3a-Produkt.
Mittels einer Smartphone-App lässt sich nicht nur ein Vorsorgekonto in bar eröffnen, sondern auch kostengünstig in Aktien investieren. Weil sich die Jungunternehmer auf passive Vehikel mit Exchange Traded Funds (ETF) und Indexfonds fokussieren, liegen die Kosten deutlich unter den jährlichen Aufwendungen für vergleichbare 3a-Fonds bei Banken.
Steuerersparnis muss beachtet werden
Trotzdem sind solche Sparvehikel wegen der Steuerersparnis attraktiv. Die anhaltend gute Börsenstimmung hat Vorsorgeprodukten mit Aktien zu einem markanten Aufschwung verholfen. Laufend mehr Anbieter setzen auf neue Produkte mit einem höheren Anteil an Risikopapieren.
Für 3a-Fonds gilt bei der Anlage gleich wie in der beruflichen Vorsorge eine Obergrenze von 50 Prozent Aktien. Dank einer gelockerten Regulierung kann diese Limite überschritten werden, wenn die notwendige Aufklärung und Beratung garantiert ist. Dazu gehört insbesondere der Hinweis auf die höheren Risiken mit Aktien. Mittlerweile liegt der Aktienanteil bei den Fondsprodukten zwischen 0 Prozent und 75 Prozent.
Die aktiv gemanagten Wertschriftenfonds sind allerdings nicht ganz billig. Das lässt sich an der Total Expense Ratio (TER) ablesen. Bei einem Renditevergleich für Säule-3a-Produkte hat das Finanzplanungsunternehmen VZ Vermögenszentrum erhebliche Gebührendifferenzen zwischen 0,36 Prozent bis 1,72 Prozent ermittelt. Bei den untersuchten Fonds verbessert sich mit einem höheren Aktienanteil aber auch die Performance. Allgemein gilt: Je mehr Aktien, umso höher die Kosten und die Rendite. Aus der Sicht von Vorsorgeexperten lohnt es sich, zu Beginn der Ansparphase renditestärkere Anlagestrategien zu verfolgen. Kurz vor der Pensionierung ist es demgegenüber angezeigt, in eher konservativere Kapitalanlagen zu investieren.
Privilegien vs. Freiheit
Im Unterschied zur gebundenen Vorsorge gibt es bei der freien Vorsorge keine grundsätzlichen Steuerprivilegien. Zu dieser Säule 3b gehören allgemeine Sparkonti, Wertpapiere, Immobilien, Lebensversicherungen und Leibrenten. Die dafür eingesetzten Vorsorgebeträge können nicht vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Aber im Gegensatz zu den 3a-Produkten ist das inder freien Vorsorge angesparte Kapital jederzeit verfügbar, sofern die vertraglichen Bedingungen eingehalten werden. Oft ist eine vorzeitige Auflösung möglich, aber mit Verlusten verbunden.
Zu den Klassikern der freien Vorsorge zählt die Lebensversicherung. Damit lassen sich die finanziellen Folgen von Unfällen, Krankheiten oder Tod abdecken. Zudem wird mit einem Sparanteil, je nach Versicherungstyp, ein Kapital oder eine Rente für das Alter aufgebaut. Die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt haben die Lebensversicherung in der jüngsten Vergangenheit allerdings etwas inden Hintergrund gedrängt. Das Produkt erzielt in der Regel nur eine bescheidene Rendite. Stattdessen haben die Versicherer reine Auszahlungspläne mit einer Laufzeit von 15 bis 20 Jahren forciert. Mit diesen skalierbaren Vehikeln eliminieren die Anbieter das demografische Risiko.
Beliebt bleibt die Leibrente. Die Leute schätzen dieses Vorsorgeprodukt im Vergleich zur zeitlich befristeten Rente, obwohl es mit einer leicht tieferen Rente verbunden ist. Dafür erfolgt die Auszahlung bis zum Lebensende. Mit der Aussicht auf ein durchschnittlich immer höheres Alter ist das ein gewichtiges Argument.
Diese Beitrag erschein zuerst unter dem Titel «Entspannt in den Lebensabend» bei «Vorsorge - Der Guide rund um die Finanzplanung», einem Gemeinschaftsprodukt von Handelszeitung, Schweizer Versicherung und Schweizer Bank.