Lange musste sich Warren Buffett anhören, er sei untätig und habe gar seinen Riecher für gute Investmentgelegenheiten verloren. Und in der Tat passierte lange Zeit auffällig wenig im Portfolio seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway. Mit Ausnahme von Apple schien sein Anlagefokus – etwas überspitzt ausgedrückt – ausschliesslich auf trägen US-Banken und in die Jahre gekommene Vertreter der Konsumgüterindustrie (Kraft Heinz) zu liegen. Der Aktien-Kurs von Berkshire Hathaway dümpelte dementsprechend die letzten drei Jahre träge vor sich hin.
Doch im Sommer 2020 setzte Buffett erste Ausrufezeichen, als er etwa ins Erdgas-Geschäft einstieg und sich im grösseren Stil in japanische Unternehmen einkaufte – und damit bisher vieles richtig machte. Der japanische Leitindex steht kurz davor, sein 20-Jahre-Hoch zu knacken. Zudem tätigte Berkshire Hathaway vermehrt Aktienrückkäufe. Das alles brachte zuletzt mal wieder etwas Schwung in die Aktie.
Mit seinen neusten Zukäufen, welche aus den Offenlegungs-Meldungen (13F-Files) per Ende September 2020 nun hervorgehen, beweist Buffett, dass er weiterhin nicht untätig bleiben will und die Chancen, die sich etwa durch die Corona-Pandemie bieten, ergreifen will. Ein Blick auf die Veränderungen in seinem Portfolio zeigt, dass er sich dabei trotzdem treu bleibt.
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— zerohedge (@zerohedge) November 16, 2020
So will Buffett ganz offensichtlich an dem Hype um einen Corona-Impfstoff teilhaben, ohne dabei eine allzu riskante Wette einzugehen. Das zeigte sich, als er bereits im Spätsommer auf einen wirksamen Impfstoff von Biontech und Pfizer setzte. Statt das kleinere Mainzer Biotech-Unternehmen Biontech zu kaufen, investierte er 136 Millionen Dollar in seinen unlängst grösseren US-Partner Pfizer. Die Idee ist klar: Biontech bietet zwar weitaus grössere Rendite-Chancen, doch Pfizer ist ein stabiles Pharam-Unternehmen, welches auch einen Fehlschlag beim Impfstoff locker verkraftet hätte.
Dazu passt, dass sich Buffett mit rund 1,8 Milliarden Dollar in den US-amerikanischen Pharmariesen Merck einkaufte, welcher ebenfalls an einem Impfstoff-Kandidaten forscht – dessen Wohl und Wehe aber nicht allein von dessen Erfolg abhängt. Weitere Pharma-Titel, in die sich Buffett mit ebenfalls rund 1,8 Milliarden Dollar neu gross einkaufte, sind Abbvie und Bristol-Myers Squibb.
Gesundheit rein, Finanz-Titel raus
Während Buffett im Gesundheitssektor massiv aufstockt, fährt er im dritten Quartal damit fort, US-Banken-Titel aus seinem Depot zu schmeissen. So reduziert er erneut seine Position bei Wells Fargo um über 40 Prozent. Bereits im Sommer trennte er sich von einem Aktienpaket der US-Grossbank in ähnlicher Grösse. Fast dramatisch erscheint sein Verkauf von JP-Morgan-Anteilen. Rund 96 Prozent seines Aktienpakets stiess Buffet im dritten Quartal ab. Von 22 Millionen Aktien sind lediglich rund 100'000 übriggeblieben.
Weitere "Opfer" Buffetts aus der Finanzindustrie sind PNC Financial Services und M&T Bank. Buffett folgt damit offenbar der breiten Erwartung, dass es Banken- und Finanztitel angesichts niedriger Zinsen weiterhin schwer haben werden, ihre Profitabilität zu steigern. Im Sommer hatte er dazu bereits einen überraschenden Haken geschlagen – indem er einerseits alle Goldman-Sachs-Aktien abstiess und zugleich Aktien des Goldminen-Konzerns Barrick Gold im Wert von 563 Millionen Aktien erwarb; das wurde damals als recht beunruhigendes Zeichen der Verunsicherung beim "Orakel von Omaha" gedeutet. Einzig der Bank of America bleibt Buffett treu. Berkshire Hathaway baute die Position bei der US-Grossbank sogar etwas aus.
Buffett zeigte bereits im Sommer mit dem Kauf von Snowflake, dass er durchaus neue Trends mitgehen kann. Er steckte rund 550 Millionen Dollar in das Cloud-Startup und überraschte damit die Investorengemeinde. In der Vergangenheit hatte sich Buffett immer wieder kritisch gegenüber Technologie-Startups geäussert.
Mit dem Kauf von Anteilen der Mobilfunkgesellschaft T-Mobile US zeigt Buffett jedoch, dass er weiterhin auf Stabilität setzt. In den US-Mobilfunkanbieter steckte die Investorenlegende rund 276 Millionen Dollar.