Vor Wochenfrist rutschten für die Aktien der Credit Suisse die Anteile des Transportunternehmens Kühne+Nagel in den 20 Titel umfassenden Swiss Market Index (SMI) nach. Die Papiere des Logistikers aus Schindellegi sind damit erstmals im wichtigsten Börsenindex der Schweiz mit dabei. Diese Anpassung erfolgte ausserordentlich, da die Aktien der Credit Suisse am 14. Juni mit der Übernahme durch die UBS dekotiert wurden. 

Der Blick richtet sich nun nach vorne, da Anfang Juli das ordentliche, jährliche Rebalancing respektive Index-Anpassung beim SMI durch den Schweizer Börsenbetreiber SIX vor der Tür steht. Bei den Kriterien spielt gemäss Reglement der SIX nicht nur die Börsenkapitalisierung, sondern auch die Anzahl frei handelbarer Aktien der Firma und die Entwicklung der Handelsumsätze eine tragende Rolle. Aufgrund der aktuellen Ausgangslage dürfte es im Juli zu keiner Rochade kommen, wie Matthias Müller, Senior Analyst von der St. Galler Kantonalbank, festhält. 

Zu Berücksichtigen gilt es, dass die SIX bei der Zusammensetzung des SMI einen Puffer von Platz 19 bis Platz 22 eingeführt hat, um allzu häufige Wechsel im Leitindex zu vermeiden. "Das heisst, dass Titel, die bereits im SMI drin sind, bevorzugt behandelt werden. Erst wenn ein SMI-Titel auf Basis der diskutierten Streubesitz- und Liquiditätskriterien auf Rang 23 abrutscht, wird er aus dem SMI entfernt", erläutert Müller. Gleichzeitig ist ein definitiver Aufstieg in den SMI für einen neuen Titel nur möglich, wenn er mindestens Rang 18 erreicht.

Auf Basis der Daten von Ende März sieht es daher momentan nicht nach einem Wechsel im SMI aus, erklärt auch Omar Brem, Leiter Research bei der Zürcher Kantonalbank, auf cash-Anfrage. 

Nächste Anpassung ist bereits absehbar

Ein Blick auf das zweite Halbjahr zeigt, dass im SMI trotzdem nicht alles beim Alten bleiben könnte. Mit dem aufgegleisten Spin-Off von Sandoz vom Basler Pharmariesen Novartis geht - so alles nach Plan läuft - ein neues Schwergewicht an den Start. Aktuell wird der Enterprise Value (EV) von Sandoz auf auf 16 bis 17 Milliarden Franken geschätzt. Nach Abzug der Nettoschulden dürfte Sandoz gemäss ZKB-Analysten eine Marktkapitalisierung von rund 12 bis 13 Milliarden Franken aufweisen. 

Brem geht davon aus, dass Sandoz nach der Durchführung des IPO's den Sprung in den SMI schaffen sollte. Da jeder Novartis-Aktionär anteilsmässig Sandoz-Titel in sein Depot eingeliefert bekommt, dürfte der Generikahersteller auch das Kriterium Streubesitz problemlos erfüllen und einen hohen Free Float aufweisen. 

Stellt sich noch die Frage, wer bei einer Aufnahme von Sandoz in den SMI gefährdet ist und aus dem Index fliegen könnte. Von den vier Schlusslichtern bei der Marktkapitalisierung gehen Geberit mit 17,18 Milliarden Franken und Swiss Life mit 16.57 Milliarden Franken aussen vor. Aktuell stehen Sonova mit 14,69 Milliarden Franken und Logitech mit 8,87 Milliarden Franken am ehesten auf der Kippe. Nun direkt darauf zu schliessen, dass Logitech den Platz im SMI verliert, ist allerdings verfrüht. Bekanntlich kann sich an der Börse bis im Herbst noch einiges ändern - gerade bei den volatilen Logitech-Aktien. Zudem hat das Lausanner Technologieunternhmen mit den hohen Handelsvolumina sicher einen kleinen Vorteil.  

Ob im Index oder draussen ist keine Tragödie

Aktien von Unternehmen, die in den SMI aufsteigen oder absteigen, müssen allerdings nicht zwingend besser oder schlechter performen. Eine Erklärung hierfür ist, dass die Aktien mit dem einem Einzug in den SMI aus dem 30 Werte umfassenden SMI Midcap (SMIM) ausscheiden, was wiederum Verkäufe wegen der Umschichtungen im SMIM nach sich zieht. Im umgekehrten Fall kann nach dem Ausscheiden aus dem SMI die Aufnahme in den SMIM eine höhere Nachfrage auslösen. In den letzten Jahren ist sehr viel Geld in die Nebenwerte geflossen. Anlegerinnen und Anleger sollten diesen Punkt deshalb im Hinterkopf behalten.

Ein Blick nach Amerika, wo deutlich mehr Studien zum Thema Indexanpassungen vorliegen, zeigt gemäss John Plassard, Senior Asset Specialist bei Mirabaud, dass "entgegen der landläufigen Meinung die Aufnahme oder Entfernung eines Unternehmens aus einem Index keine wirkliche Wende darstellt. Bei bestimmten Unternehmen wie zum Beispiel Tesla hat ein Aktien-Split eine deutliche grössere Wirkung als der Ausschluss aus einem Index, weil sich nach einem Aktien-Split die Volumina durch eine vermehrte Handelstätigkeit der Privatanlegern erhöhen können."

Interessant ist ferner, dass es immer schneller zu Änderungen in den grossen US-Börsenindizes kommt. Laut einer McKinsey-Studie betrug die durchschnittliche Lebensdauer eines S&P 500-Unternehmens im Jahr 1958 61 Jahre. Im Jahr 2021 sind es nur noch 16 Jahre. Die Studienautoren von McKinsey gehen davon aus, dass bis 2027 rund 75 Prozent der derzeit im amerikanischen Leitindex enthaltenen Unternehmen rausfallen werden.  

Thomas Daniel Marti
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