Nach anonymen Chat-Bot-Projekten wie "Lenny" gebe es inzwischen auch kommerzielle Dienste wie den kalifornischen Anbieter Jolly Roger, sagte Aurelién Francillon. Dabei wird bei ungewünschten Werbe-Anrufen etwa eine Telefonkonferenz mit der Nummer des Bots hergestellt und das eigene Telefon stumm geschaltet.

Obwohl "Lenny" noch keine Techniken künstlicher Intelligenz nutze, sei dieser Chat-Bot erstaunlich wirksam, sagte die Eurecom-Forscherin Merve Sahin, die 200 Gespräche zwischen Werbe-Anrufern und "Lenny" analysiert hat. Im Schnitt unterhielten sich demnach Anrufer und Chat-Bot 10 Minuten und 13 Sekunden lang. Nur fünf Prozent der Anrufer hätte "Lenny" als Bot erkannt, sagte Sahin. Die Telekommunikationsexpertin stellte ein Schema mit 22 Kategorien von sogenannten Spam-Anrufen auf, von Werbe-Anrufen für Spenden von Hilfsorganisationen bis zu betrügerischen Anrufen.

In den USA gebe es monatlich 400 000 Beschwerden wegen Spam-Anrufen, in Frankreich seien es 574 000 im Jahr. In Deutschland können sich Telefonkunden in solchen Fällen an die Bundesnetzagentur wenden.

Sahin und Francillon gaben auf dem Chaos Communication Congress einen Überblick zu Betrugsszenarien im internationalen Telefonverkehr. Dazu gehört etwa die Einschaltung von sogenannten Sim-Boxen, die Anrufe weiterleiten und dabei eine andere Telefonnummer anzeigen. Dabei würden nicht nur finanzielle Schäden, sondern auch unnötige Qualitätseinbussen im Netz verursacht, sagte Francillon./pz/DP/mis

(AWP)