An der Börse kamen die Pläne des Unternehmens am Mittwoch zunächst nicht so gut an: Die Aktien fielen kurz nach dem Handelsstart um mehr als ein Prozent auf 78,20 Euro. Die seit Ende September laufende Erholung der Papiere stockt damit weiter. 2022 liegen sie nun wieder rund elf Prozent im Minus. Der MDax verlor bislang rund 28 Prozent.

Laut einem Händler könnte die neue Dividendenpolitik einigen Investoren sauer aufstossen, allerdings sollten letztendlich die erwarteten Gewinnbeiträge der Wachstumsinvestitionen überzeugen. Auch Analyst Christian Obst von der Baader Bank äusserte sich zuversichtlich. Das Gewinnziel für das laufende Geschäftsjahr lasse am unteren Ende der Spanne Spielraum für positive Überraschungen.

Aurubis will sein im Bau befindliches Recycling-Werk in Richmond (USA) wegen des anhaltenden Recyclingbooms in dem Land jetzt auf das Doppelte der bisher geplanten Kapazität erweitern. Auch das Werk in Hamburg soll weiter ausgebaut werden. Damit sollen in der Heimatstadt des MDax-Unternehmens künftig rund 30 000 Tonnen zusätzliches Recyclingmaterial sowie in grösserem Umfang interne, komplexe Hüttenzwischenprodukte verarbeiten werden können. Auch soll der konzerneigene Solarpark in Bulgarien weiter wachsen. Die Investitionen sollen künftig einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 130 Millionen Euro einbringen.

Aurubis will die Investitionen aus dem laufenden Mittelzufluss finanzieren und damit auf eine Kapitalerhöhung verzichten. Das bedeutet aber auch, dass vorerst nicht mehr wie bisher automatisch mindestens ein Viertel des operativen Konzerngewinns an die Anteilseigner ausgeschüttet wird.

Die Ausschüttungsquote werde künftig jährlich neu festgelegt - abhängig vom Finanzbedarf des Unternehmens, hiess es. Dabei betont das Unternehmen aber, dass Aktionäre "weiterhin angemessen am Ergebnis der Gesellschaft beteiligt werden." Ein Grossteil der jährlichen Ausschüttung fliesst an den Stahlkonzern Salzgitter , der knapp 30 Prozent der Aurubis-Anteile hält.

Zunächst winkt aber eine Rekorddividende. Für das Ende Oktober abgelaufene Geschäftsjahr 2021/22 sollen die Anteilseigner je Aktie 1,80 Euro erhalten - 20 Cent mehr als ein Jahr zuvor und so viel wie nie zuvor in der Geschichte des Konzerns. Analysten hatten im Schnitt jedoch mit mehr als zwei Euro gerechnet.

Dabei kann sich Aurubis auf starke Geschäftszuwächse im abgelaufenen Geschäftsjahr stützen. Bei einem Umsatzwachstum um knapp 14 Prozent auf 18,5 Milliarden Euro legte der operative Vorsteuergewinn im Jahresvergleich um rund 40 Prozent auf 532 Millionen Euro zu - das war etwas mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Dabei machten gestiegene Metall- und Schwefelsäurepreise sowie eine hohe Nachfrage nach Kupferprodukten die gestiegenen Energiekosten mehr als wett. Das bereinigte Konzernergebnis stieg auf 433 Millionen Euro, nach 284 Millionen im Vorjahr.

Für das seit Anfang November laufende Geschäftsjahr 2022/23 erwartet das Management jedoch einen Rückgang des operativen Vorsteuerergebnisses auf 400 bis 500 Millionen Euro. Branchenexperten liegen mit ihren Erwartungen hier bereits am unteren Ende der Spanne.

Gegenwind kommt im neuen Jahr ein Stück weit durch die Energiekosten, ein trüberes Konjunkturumfeld sowie vom Geschäft mit Schwefelsäure, das im alten Jahr stark gelaufen war. Schwefelsäure fällt als Nebenprodukt der Kupferproduktion an und ist ein wichtiger Rohstoff für die Düngerindustrie. Insbesondere in Europa erwartet Aurubis nun aber eine reduzierte Nachfrage aufgrund von Produktionskürzungen vieler Düngerhersteller wegen hoher Energiekosten. Zudem werde in den Exportmärkten USA und Südamerika von einem niedrigeren Preisniveau aufgrund erhöhter Exportaktivitäten aus Europa und China ausgegangen.

Besser sieht es im Geschäft mit Kupfer aus, das grundsätzlich von einer guten Rohstoffnachfrage, auch im Zuge der Digitalisierung, der wachsenden Elektromobilität und dem Ausbau der Erneuerbaren Energie profitiert. Aurubis erwartet eine weiterhin stabile Nachfrage und hob daher die Kupferprämie für europäische Giesswalzdraht- und Stranggussformate deutlich an. Das ist ein Preisaufschlag wegen der hohen Qualität des Kupfers, den Aurubis auf den allgemeinen Marktpreis bekommt. Zudem dürften die Raffinierlöhne, also das Geld, das Aurubis für die Verarbeitung der Materialien zu reinen Kupferblöcken bekommt, angesichts einer stabilen Versorgung bei Recyclingmaterialien gut bleiben./mis/stw/tav/stk

(AWP)