An den Märkten wird das als Signal gewertet, dass sich trotz aller konjunkturellen Risiken die Zeiten der lockeren Geldpolitik einem Ende nähern. Die EZB schraubte die Inflationsprognose für die für 2022 kräftig auf 5,1 Prozent hoch, nachdem sie bisher von +3,2 Prozent ausgegangen war. Noch stärker galoppiert die Teuerung in den USA mit 7,9 Prozent im Februar. "In der kommenden Woche wird die Fed ihre Zinsentscheidung vortragen und auch die jüngsten Inflationsentwicklungen berücksichtigen müssen", schrieb ein Marktbeobachter. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte selbst nach dem Angriff auf die Ukraine eine Leitzinserhöhung für März in Aussicht gestellt.
Der SMI knickte unmittelbar nach dem Entscheid der EZB ein und fiel unter die Marke von 11'400 Punkten. Bei Börsenschluss ging der Leitindex mit einem Minus von 0,89 Prozent auf 11'391,10 Punkten aus dem Handel. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, sank um 0,93 Prozent auf 1795,36 Zähler und der breite SPI um 0,94 Prozent auf 14'492,84 Punkte. Von den 30 SLI-Titeln gaben 25 nach, während nur 5 ein Plus zeigten.
An den Rohstoffmärkten stiegen nach den starken Vortagesverlusten die Preise wieder, da es keine Zeichen der Besserung im Ukraine-Krieg gab: Ein Treffen des ukrainischen Aussenministers Dmytro Kuleba mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in der Türkei brachte am Donnerstagvormittag keine wesentlichen Fortschritte.
An der Spitze der hiesigen Verlierer standen Aktien, die am Vortag Kurssprünge gemacht hatten. So fielen AMS-Osram (-5,6 Prozent) sowie die beiden Luxusgüterhersteller Richemont (-3,5 Prozent) und Swatch (-3,0 Prozent) deutlich. Die Aktie des Genfer Konzerns war am Vortag um fast 13 Prozent in die Höhe geschossen. Bei Logitech und Straumann (je -2,6 Prozent) machten Anleger ebenfalls Kasse.
Auch die Banken standen auf der Verkaufsliste. CS verloren 3,0 Prozent, Julius Bär 2,6 Prozent, während bei UBS nicht ganz so stark litten (-1,4 Prozent). Die Analysten der UBS haben ihre Kursziele für die CS, Julius Bär und EFG (unverändert) gesenkt. Der Abwärtstrend an den globalen Aktienmärkten und Währungsverschiebungen dürften zu einem Rückgang der verwalteten Vermögen führen und damit auch zu sinkenden Erträgen.
Überdies erklärte die Credit Suisse anlässlich der Publikation des Geschäftsberichts am Morgen, dass die Risiken durch das Engagement in Russland mit Blick auf den Krieg in der Ukraine "überschaubar" seien. Zudem bekräftigte die Grossbank, dass 2022 zu einem "Übergangsjahr" werde.
Klötze am Bein des SMI waren die beiden Schwergewichte Nestlé (-1,5 Prozent) und Roche (-1,5 Prozent). Dagegen wurden Novartis zeitweise stark gesucht (+1,2 Prozent) und verhinderten ein stärkeres Abrutschen des SMI. Der Pharmakonzern hat neue Daten zum Brustkrebs-Medikament Kisqali vorgelegt und in den USA eine Produktionsvereinbarung für die Herstellung einer Krebstherapie abgeschlossen.
Ebenfalls auf der Gewinnerseite waren die Versicherer Swiss Life (+0,7 Prozent) und Zurich (+0,2 Prozent) sowie der Sanitärtechniker Geberit (+0,3 Prozent).
Im breiten Markt kam es auch bei Dufry (-4,8 Prozent) zu einem Rückschlag nach dem deutlichen Plus am Vortag. Als Grund nannten Händler eine Kurszielreduktion durch Kepler Cheuvreux.
(AWP)