Anlegen in Nachhaltigkeit gilt als Mainstream-Investment und für manche sogar die wichtigste gegenwärtige Anlagestrategie. Anlagen, die für Umweltschutz, soziales Verhalten und saubere Geschäftsführung stehen, sind zwischen 2012 und 2016 von 14 auf 23 Billionen Dollar angestiegen. 

Standen Umweltschutz- und Nachhaltigkeits-Konferenzen früher eher unter dem Motto einer engagierten Idee, die Welt zu verbessern, handelt es sich heute um hochprofessionell organisierte Anlässe, wo im Publikum unter anderem die grossen Finanzkonzerne der Welt sitzen. Auch die Regulatoren haben sich des Themas angenommen und überlegen sich, Nachhaltigkeit in der Finanzwelt zu fördern. Viele Banken werben mit nachhaltigem Anlegen und entsprechenden Nachhaltigkeitsratings.

«Bankgeschäft ist ein Anbietermarkt»

"Nachhaltigkeit ist ein klarer Trend, und vielleicht mit Ausnahme einiger kleiner Banken hat fast jede Bank in der Schweiz Nachhaltigkeitsprodukte im Angebot", sagt Sabine Döbeli, Geschäftsführerin der Vereinigung Swiss Sustainable Finance. Es seien zunächst vor allem institutionelle Kunden, welche die Nachfrage antrieben. Deswegen seien Nachhaltigkeitsinvestments ein grosses Thema für Asset Manager geworden. Besonders gross sei das Interesse bei institutionellen Kunden aus den Niederlanden, Skandinavien oder Grossbritannien. "Bei den Schweizer Pensionskassen ist die Nachfrage etwas weniger ausgeprägt, nimmt aber zu", sagt Döbeli.

Die Angebote, mit denen Banken in den vergangenen zwei Jahren mehr und mehr geworben haben, richten sich auch an Privatkunden. Die UBS zum Beispiel als eine der grossen Vermögensverwalterinnen der Welt zielt dabei speziell auf vermögende Kunden, unter anderem Erben von grossen Vermögen, die oft ein ausgeprägteres Bewusstsein für Umwelt- und Sozialthemen haben als ihre Eltern oder Grosseltern. Bei kleineren Banken richten sich die Nachhaltigkeitsstrategien auch an Kunden mit durchschnittlichen Vermögen.

Sabine Döbeli beobachtet dabei, dass Bankkunden heute aktiver nach nachhaltigen Anlagen fragen als früher. Konsumentscheide würden generell mehr unter der Frage getroffen, welche Auswirkungen sie auf die Umwelt und die Gesellschaft hätten. Gleichzeitig aber sei das Bankgeschäft ein Anbietermarkt, sagt Sabine Döbeli: "Das heisst, Kunden investieren letztlich oft in Produkte, die ihnen der Bankberater anbietet." Wer sich für nachhaltiges Investieren interessiert, muss sich daher bei der Bank nach dem Ansatz erkundigen. Bei Nachhaltigkeitsthemen gibt es mehrere Arten vorzugehen.

Im Kern steht ein Ausschlussprinzip: Nicht investiert wird also beispielsweise in Aktien oder Obligationen von Waffenherstellern und Bergbauunternehmen, die wegen Arbeitsbedingungen in der Kritik stehen, oder Lebensmittelfirmen, die wegen des Anbaus ihrer Rohstoffe als Umweltsünder gelten. Die Frage ist aber dann beispielsweise, ob auch Zulieferer solcher Firmen unter diese Kriterien fallen. Von den Schweizer Banken wendet die Alternative Bank diese Ausschlusskriterien wohl am striktesten an und bietet weltweit nur etwa 150 Investments an. 

Das Kriterium für die Aufnahme in den Fonds sind die sozialen und ökologischen Programme dieser Unternehmen sowie Produkte, denen besonderer gesellschaftlicher Nutzen zugesprochen wird - in Auslegung des verbreiteten Grundsatzes ESG (Environment, Social and Governance). Im Factsheet wird unter anderem darauf hingewiesen, dass die Stimmrechte gemäss Empfehlungen der boni-kritischen Anlagestiftung Ethos ausgeübt würden.

Best-in-Class ist verbreitet

Banken verfolgen somit vor allem einen Best-in-Class-Ansatz: Investiert wird in einer Branche jeweils in Unternehmen, die als die vorbildlichsten gelten. Unter diesem Aspekt hat beispielsweise auch Nestlé die Anerkennung von Nachhaltigkeits-Investoren gefunden, bleibt aber, je nach Standpunkt, ein umstrittenes Investment. Nestlé wird einerseits für die landwirtschaftlichen Methoden in der dritten Welt oder den Einsatz von Zucker und Palmöl kritisiert.

Andererseits gilt Nestlé gegenüber anderen Nahrungsmittelmulti als das Unternehmen, das Initiativen zur Reduktion von umstrittenen Nahrungsbestandteilen am konsequentesten vorantreibt und soziale Programme in den Produktionsländern eingeführt hat. Der Best-in-Class-Ansatz erlaubt es Anbietern, auch bisherige Fonds in Nachhaltigkeitsfonds umzuwandeln.

Dies bedeutet aber auch, dass etwa die Performance von Nachhaltigkeits-Fonds und herkömmlichen Fonds nicht mehr unbedingt spezifisch auf den Nachhaltigkeitsaspekt überprüft werden kann. Viele Banken verfolgen ihr Engagement auch pragmatisch: Es gehe nicht einfach darum, die "Welt zu retten", sondern profitable Investments zu finden, hinter denen sich auch gesellschaftlicher Nutzen verbirgt.