Beim Blick auf die internationalen Aktienmärkte scheint derzeit alles »eitel Sonnenschein«. Unbeeindruckt von geopolitischen Ereignissen oder schwachen Unternehmenszahlen marschieren die Kurse stramm nach oben. Dabei gäbe es Stolpersteine mehr als genug. Die Abspaltung Kataloniens von Spanien und dem davon ausgehenden Signal für die Eurozone, der schwelende Konflikt zwischen Nordkorea und den USA sowie der Brexit hängen wie ein Damoklesschwert über den Börsen. Aus mikroökonomischer Sicht gilt die Aufmerksamkeit der gerade eben begonnenen Bilanzsaison zum dritten Quartal. Doch auch diese kann weder hierzulande noch jenseits des Atlantiks bis dato durchweg überzeugen.

Gemischte Zwischenbilanzen

Von den 17,0 Prozent im S&P 500 notierten Unternehmen, die bereits ihre Bücher geöffnet haben, konnte zwar die Mehrheit die Erwartungen übertreffen. Allerdings liegen die Ergebnisse im Schnitt nur 0,6 Prozent über den Erwartungen. Das ist deutlich weniger als im 1-Jahres-Durchschnitt (5,1 Prozent) und 5-Jahres-Durchschnitt (+4,2 Prozent). Zudem kam es noch zu einer gewichtigen Gewinnwarnung durch den Industrieriesen General Electric.

Hierzulande sorgte Givaudan zu Beginn der Zahlensaison für eine positive Überraschung. Der Aromen- und Riechstoffhersteller übertraf vor allem im hochmargigen Riechstoffgeschäft die Analystenerwartungen mit einem organischen Umsatzplus von 6,2 Prozent (Konsens: 4,3 Prozent). Die Aktie markierte daraufhin neue Höchstkurse. Dies wiederum gilt nicht für den Gesamtmarkt, der SMI ist weiterhin rund 300 Punkte von seiner Rekordmarke aus dem Jahr 2007 entfernt. Bremsend wirken sich derzeit die drei Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche aus, die allesamt mit ihren Zwischenberichten nicht vollständig überzeugen konnten und den Rückwärtsgang einlegten.

Beständiger Wachstumskurs

Wenig berauschend war auch die jüngste Prognosesenkung vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) für das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Für das laufende Jahr wird nur noch mit einem Plus von 0,9 Prozent gerechnet, zuvor war noch ein Anstieg von 1,4 Prozent veranschlagt worden. Als Grund nannten die Ökonomen die schwache Entwicklung im zweiten Quartal. Allerdings fällt der Blick in die Zukunft deutlich optimistischer aus, da die Exporteure durch die anziehende Weltkonjunktur Unterstützung bekommen sollten. Zudem soll die Binnenwirtschaft Fahrt aufnehmen. Laut den Experten ist 2018 daher ein »ansehnliches BIP-Wachstum von 2,0 Prozent« zu erwarten.

Damit würde die Schweiz sogar mit der europäischen Konjunkturlokomotive Deutschland gleichziehen. Die grossen Wirtschaftsinstitute gehen bei unserem Nachbarn ebenfalls von einem BIP-Anstieg im kommenden Jahr in Höhe von 2,0 Prozent aus. Gemessen am Wachstum der Unternehmensergebnisse liegen die heimischen Vertreter sogar vorne. Aktuell erwartet der Analystenkonsens eine Steigerung der Profite im SMI um 14,2 Prozent im laufenden Jahr und 10,8 Prozent im nächsten. Im DAX wird dagegen für dieses Jahr eine Wachstumsrate von 13,8 Prozent veranschlagt, welche sich dann 2018 auf 7,1 Prozent merklich abflachen soll.

Ein höheres Gewinnwachstum schlägt sich in der Regel auch in einer höheren Bewertung nieder. Während dem SMI ein KGV von 17,0 zugestanden wird, notiert der DAX »nur« mit dem 13,5-Fachen der zu erwartenden Gewinne. Mit diesen Werten liegen beide Indizes über ihren 10-Jahres-Durchschnitten. Beim DAX beträgt die Diskrepanz 17,0 Prozent, beim SMI sogar 21,0 Prozent. Noch höher fällt die Abweichung bei den Mid Caps aus. Das KGV des SMIM befindet sich mit 23,9 stolze 42,0 Prozent über dem Mehrjahresdurchschnitt.

Neue Höhen in greifbarer Nähe

Angesichts dieser Ausmasse drängt sich die Frage auf, ob sich die Märkte in einer Übertreibung befinden. Bewertungsblasen sind allerdings erst dann zu erkennen, wenn sie schon geplatzt sind. Denn ohne einen konkreten Auslöser können derartige Phasen lange anhalten. Und bleiben die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen günstig, findet das Gros der Marktteilnehmer ausreichende Gründe, um eine hohe Bewertung zu rechtfertigen. Die Weltwirtschaft zeigt sich derzeit relativ robust und auch von Seiten der Notenbanken sind grössere Risiken eher unwahrscheinlich. Sowohl die Fed als auch die EZB passen aufgrund der sehr niedrigen Inflationsraten ihre Leitsätze nur sehr vorsichtig an. Die Geldpolitik der Schweizer Nationalbank bleibt jüngsten Aussagen zufolge sogar »unverändert expansiv«. Auch am Devisenmarkt ist die SNB weiter aktiv, obwohl es zwischen dem Schweizer Franken und dem Euro zuletzt zu einer Kehrtwende gekommen ist. »Der Franken ist weiterhin hoch bewertet, und die Situation am Devisenmarkt ist nach wie vor fragil«, teilte die SNB mit.

Sollte der Schweizer Franken weiter zur Schwäche neigen, könnten nicht nur die Unternehmensergebnisse, sondern auch der SMI einen zusätzlichen Schub bekommen. Das Allzeithoch bei 9.537 Punkten ist aber nicht das einzige Ziel, viele Marktteilnehmer warten bereits darauf, dass die Blue Chips die fünfstellige Marke knacken. Der Performance-Variante des SMI, in welcher die Dividendenzahlungen berücksichtigt werden, ist dies bereits im Mai dieses Jahres gelungen. Hält der global positive Trend an, sollte diese Marke mittelfristig auch beim Schweizer Leitindex möglich sein – zumal der SMI im Vergleich zum DAX noch Aufholpotenzial hat (siehe Grafik 3).

Grafik 1: KGV-Vergleich – DAX versus SMI versus SMIM

Stand: 25. Oktober 2017; Quelle: Reuters
 

Grafik 2: KBV und Dividendenvergleich

Stand: 25. Oktober 2017; Quelle: Reuters
 

Grafik 3: SMI Total Return versus DAX

Stand: 25. Oktober 2017; Quelle: Factset