Die Störfeuer für die Aktienmärkte sind in diesem Jahr scheinbar endlos. Dies gilt vor allem in politischer Hinsicht. Ein weiterhin ungelöster Handelskonflikt zwischen den USA und China, ein bis Herbst aufgeschobener Brexit sowie zahlreiche »Nebenkriegsschauplätze« wie die überraschend annullierte Wahl in Istanbul und eine zerstrittene Koalition in Italien sorgen für Verunsicherung. Angesichts dieser Lage würde es nicht wundern, wenn die Kurse zuletzt im Sinkflug unterwegs gewesen wären.
Doch bis dato ist das Gegenteil der Fall: Der SMI liegt rund 14 Prozent seit Silvester vorne, der kleine Bruder SMIM sogar knapp 18 Prozent. Eine mögliche Erklärung für das bisher gute Abschneiden sind die starken Unternehmensergebnisse. In den USA haben 76 Prozent der S&P 500-Mitglieder die Gewinnerwartungen im ersten Quartal übertroffen. Das sind 4 Prozentpunkte mehr als der 5-Jahres-Durchschnitt. Aber auch hierzulande überwiegen – wenn auch nicht in dieser Dominanz – die positiven Überraschungen. 61 Prozent der Grosskonzerne konnten die Prognosen schlagen.
Die einen floppten...
Trotz der überwiegend glänzenden Zahlenkränze blieben Enttäuschungen nicht aus. Beispielsweise konnten die Versicherungsriesen Swiss Re und Zurich Insurance nicht überzeugen. Das Gleiche gilt für den Industriekonzern ABB. Zu einem eher mässigen Zwischenbericht kam noch hinzu, dass Vorstandschef Ulrich Spiesshofer überraschend seinen Hut nahm. Kein Wunder, dass die Aktie zu den »Flop 4« in diesem Jahr zählt. Ebenfalls musste Börsenneuling Alcon – die abgespaltene Tochter von Novartis ersetzte gleich nach dem IPO am 9. April im SMI das Leichtgewicht Julius Bär – kleinere Brötchen zum Jahresauftakt backen. Hohe Kosten im Zusammenhang mit der Trennung von Novartis sowie für die IT sorgten gar für rote Zahlen. Der Auftakt war allerdings so erwartet worden und die Augenheilfirma hält zudem an ihrer Jahresprognose fest.
...die anderen toppten
Deutlich bedeutsamer für den Index waren die Quartalsausweise von Nestlé, Novartis und Roche. Die drei Schwergewichte, die zu mehr als 30 Prozent die Richtung des SMI bestimmen, konnten allesamt überzeugen. Der Pharmakonzern Roche hob darüber hinaus noch seine Jahresprognose etwas an. Auf das Tempo drückte auch Nestlé. Der weltgrösste Nahrungsmittelhersteller steigerte das um Sondereffekte bereinigte organische Wachstum auf 3,4 Prozent, nach 2,8 Prozent im Vorjahreszeitraum. Eine Zielanhebung für das Gesamtjahr traute sich CEO Mark Schneider zwar nicht zu, bekräftigte aber die Prognose, ein organisches Wachstum von mehr als 3 Prozent 2019 zu erzielen. Mit einem Zuwachs von einem Viertel sind die Nestlé-Aktien zusammen mit den Anteilsscheinen von Sika seit Jahresbeginn auf Platz 2 im Performance-Ranking im SMI.
Mid Caps brillieren
Auch in der zweiten Börsenreihe kam es zu gewichtigen Überraschungen, allen voran von ams AG. Der Sensorenhersteller scheint seine Krise überwunden zu haben und präsentierte nicht nur deutlich bessere Zahlen als erwartet, sondern blickt zudem zuversichtlich nach vorne. Diese Kombination sorgte dafür, dass die Aktie an diesem Tag prozentual zweistellig zulegte. Seit Jahresbeginn summiert sich das Plus bereits auf zwei Drittel.
Besser als erwartet berichteten im SMIM unter anderem auch Kühne+Nagel sowie Logitech. Bei Letztgenanntem kam es allerdings gleichzeitig zu einer Verunsicherung, denn der Hersteller von Computerperipherie-Produkten verlor einen wichtigen Manager. Finanzchef Vincent Pilette, der seit September 2013 für Logitech arbeitete und massgeblich am zuletzt steilen Wachstumskurs beteiligt war, geht von Bord. Diese Tatsache kostet dem Unternehmen erst einmal Vertrauen. 9 Prozent verlor der Mid Cap seit Veröffentlichung der Nachricht Ende April.
Keine Schnäppchen
Der diesjährige Kursaufschwung von SMI und SMIM sorgte dafür, dass die gängigen Bewertungskennziffern wie Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) weiterhin über ihren langjährigen Durchschnitten liegen. Einzig bei der Dividendenrendite befinden sich die Blue Chips geringfügig darunter. Allerdings macht dies den SMI längst nicht zu einem Schnäppchen.
Für 2019 und 2020 geht der Analystenkonsens von Wachstumsraten beim Blue-Chip-Index von 8,9 und 9,3 Prozent aus. Demgegenüber steht ein KGV von stolzen 16. Beim deutschen Pendant DAX ist die Differenz zwischen KGV und Wachstumserwartung beispielsweise deutlich geringer. Bei einem KGV von 13,1 wird mit einem durchschnittlichen Ergebnisanstieg von 11,4 Prozent bis 2020 gerechnet. Trotz dieser Diskrepanz beim SMI zeigt sich die Analystenzunft optimistisch für den weiteren Kursverlauf. Bis Jahresende soll der Index auf 10.344 Punkte zulegen, was einem Potenzial von 7,8 Prozent entspricht.
Grafik 1: SMI – Berichtssaison erstes Quartal
Stand: Mai 2019; Quelle: Commerzbank AG
Grafik 2: SMI versus SMIM – KGV (forward, 12-month)
Stand: Mai 2019; Quelle: FactSet
Grafik 3: SMI versus SMIM – Dividendenrendite (forward, 12-month)
Stand: Mai 2019; Quelle: FactSet
Grafik 4: Tops und Flops im SMI 2019
Stand: Mai 2019; Quelle: Commerzbank AG