Am europäischen Aktienmarkt stehen im neuen Jahr mehrere Jubiläen an. Während sich die Einführung des EURO STOXX 50 am 26. Februar das 20. Mal jährt, feiert der SMI am 30. Juni 2018 seinen 30. Geburtstag. Nur einen Tag später könnten an der Frankfurter Börse die Korken knallen: Dann darf beim DAX auf drei Jahrzehnte bewegte Börsengeschichte angestossen werden. In Feierlaune präsentierten sich die Investoren auf dem alten Kontinent schon vor den Jubeltagen des Indexdreigestirns. 2017 zeigten die Kurse auf breiter Front nach oben. Ein Plus von immerhin 8 Prozent stand für den EURO STOXX 50 kurz vor dem Jahreswechsel zu Buche. Der SMI zeigt einen Zugewinn von 13 Prozent und lag damit in etwa gleichauf mit dem DAX. Im Wettlauf mit der Wall Street und dem japanischen Aktienmarkt mussten sich die Europäer jedoch geschlagen geben. S&P 500 und Nikkei 225 verteuerten sich um nahezu ein Fünftel (siehe Grafik 1).
Grafik 1: Wichtige Börsenindizes 2017
Stand: Dezember 2017; Quelle: Commerzbank AG
Für die weiteren Aussichten der Anlageklasse Aktien spielt die Konjunktur eine zentrale Rolle. Die Ökonomen der Commerzbank zeichnen ein positives Bild. Sie gehen davon aus, dass sich das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) im neuen Jahr um 3,8 Prozent ausdehnt. Behalten die Experten recht, würde der globale Konjunkturmotor die höchste Drehzahl seit 2011 erreichen. Für Schubkraft sorgen die USA. In der weltgrössten Volkswirtschaft hat der seit mehr als acht Jahren laufende Aufschwung im Sommer wieder an Kraft gewonnen. «Zusätzlichen Rückenwind verspricht die sich abzeichnende Steuersenkung», erklärt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Kurz vor Weihnachten hat der US-Kongress eine umfassende Reform verabschiedet. Präsident Donald Trump löst damit eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen ein. Viele Unternehmen in den USA können sich auf fallende Abgaben freuen – die Ertragssteuern sinken von 35 auf 21 Prozent. Vor diesem Hintergrund trauen die Commerzbank-Ökonomen den Vereinigten Staaten 2018 ein BIP-Wachstum von 2,3 Prozent zu.
Mit 2,5 Prozent fällt die Prognose für den Euroraum sogar noch etwas höher aus. Laut Krämer könnte der Aufschwung auf dem Gebiet der Währungsunion allenfalls durch einen Kurswechsel der Europäischen Zentralbank (EZB) in Gefahr geraten. «Dieser ist aber nicht in Sicht», sagt der Experte. Zwar hat die EZB ihre Anleihenkäufe mit dem Jahreswechsel auf monatlich 30 Milliarden Euro halbiert. Auf der Zinsseite kann jedoch von einer Straffung nicht die Rede sein. Dreh- und Angelpunkt ist die Inflation. Sie soll laut den aktuellen EZB-Projektionen selbst 2020 gerade einmal 1,7 Prozent erreichen. Damit würde die Teuerung das von der Zentralbank ausgegebene Ziel von knapp 2 Prozent noch immer verfehlen. «Ein grosses Ausmass an geldpolitischer Hilfe ist daher weiterhin notwendig», sagte EZB-Präsident Mario Draghi im Dezember.
SNB verändert die Tonart – mehr nicht
Von einem Kurswechsel scheint auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) weit entfernt zu sein. Nach der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung des Jahres 2017 beliess sie ihr Zielband für den 3-Monats-Libor unverändert zwischen −1,25 Prozent und −0,25 Prozent. Gleichzeitig unterstrich die SNB die Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu werden. Was zeigt, dass die Nationalbank den Schweizer Franken trotz der jüngsten Schwächephase für hoch bewertet hält. Und doch haben die Währungshüter ihre Tonart an dieser Stelle verändert. «Der Franken ist nach wie vor deutlich überbewertet», hatten sie noch im Juni 2017 festgestellt. «Wir sehen diese Neubewertung als ein Zeichen, dass die SNB den Franken bei Niveaus um 1,15 und darüber nicht aktiv durch Interventionen zu schwächen gedenkt«, meinen die Commerzbank-Ökonomen. Insofern dürfte sich das Währungsduo Euro/Schweizer Franken im Bereich um 1,15 Schweizer Franken einpendeln. Zusammen mit der starken Weltkonjunktur schiebt diese Entwicklung die Schweizer Wirtschaft an. 2018 könnte das BIP hierzulande laut Commerzbank Research um 1,6 Prozent wachsen. Im kommenden Jahr ist sogar eine Steigerungsrate von 2,0 Prozent möglich (siehe Grafik 2).
Grafik 2: Wirtschaftsprognosen – reales BIP
Stand: Dezember 2017; Quelle: Commerzbank AG
Das positive Wirtschaftsumfeld führt direkt zu einem weiteren Argument für die Anlageklasse Aktien: die Unternehmensgewinne. Auch hier gelten die USA als Vorreiter. Laut einer Analyse des Datendienstleisters Factset hat der kollektive Profit der S&P 500-Unternehmen zwischen 2010 und 2017 um gut die Hälfte zugenommen. Im vergangenen Jahr erhöhte der Gewinnmotor die Drehzahl. Dabei dürfte es 2018 bleiben: Nach Angaben von Factset soll der S&P 500-Indexgewinn – nicht zuletzt wegen der anstehenden Steuerreform – um rund 11 Prozent zunehmen (siehe Grafik 3). Trotz der hohen Wachstumsraten hat sich die Bewertung des S&P 500 im Zuge der jahrelangen Rally deutlich ausgedehnt. Mit 18,3 lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beim S&P 500 Mitte Dezember bereits rund 30 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt.
Grafik 3: Gewinnentwicklung S&P 500
Stand: Dezember 2017; Quelle: Factset
Dividenden sind der «neue Zins»
Am Schweizer Aktienmarkt fällt die Diskrepanz weniger hoch aus. Auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinne zeigte der SMI kurz vor dem Jahreswechsel ein KGV von 16,7. Damit überbot die Kennzahl den 10-Jahres-Durchschnitt um knapp ein Fünftel (siehe Grafik 4). Derweil bewegt sich die Dividendenrendite nur knapp unter dem historischen Mittelwert. Immerhin 3,4 Prozent ihrer Kapitalisierung schütten die 20 SMI-Mitglieder derzeit aus (siehe Grafik 5). Zum Vergleich: Die Rendite der zehnjährigen Eidgenossenschaft verharrte Ende 2017 knapp unter der Nulllinie. Äusserst spendabel zeigen sich auch die grössten Börsenkonzerne Deutschlands. Laut Berechnungen von Commerzbank Research könnte die Dividendensumme für das Geschäftsjahr 2017 im DAX einen Rekordwert von 35,3 Milliarden Euro erreichen. Damit würden die 30 Indexunternehmen ihre Ausschüttungen gegenüber dem Vorjahr um stattliche 11 Prozent erhöhen (siehe Grafik 6).
Grafik 4: Kurs-Gewinn-Verhältnis SMI
Stand: Dezember 2017; Quelle: Factset
Grafik 5: SMI-Dividendenrendite
Stand: Dezember 2017; Quelle: Factset
Grafik 6: DAX-Dividendensumme
Stand: Dezember 2017; Quelle: Commerzbank AG
Trotz der positiven Fundamentaldaten dürfen Anleger auch im neuen Jahr die Risiken nicht aus den Augen verlieren. Das gilt vor allem für die Geopolitik. Sei es der Nordkorea-Konflikt, die Ukraine-Krise oder die instabile Lage im Nahen Osten, weltweit zeigen sich mehrere Problemfelder. Zu einem Thema könnte darüber hinaus die politische Stabilität in Italien werden. Es wird allgemein erwartet, dass Präsident Sergio Mattarella das Parlament auflöst und damit den Weg für Neuwahlen frei macht. Bereits im März könnte es zu dem Urnengang kommen. Umfragen sehen eine Mehrheit für das Mitte-Rechts-Bündnis des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Nachdem sich bereits in Deutschland die Regierungsbildung schwierig gestaltet, droht mit Italien einem weiteren wichtigen Mitglied der Eurozone eine harzige Phase. Die Kombination aus politischen Unsicherheitsfaktoren und geopolitischen Risiken dürfte nach Ansicht von Commerzbank Research die Goldnachfrage unterstützen. Die Analysten rechnen damit, dass der Preis für das Edelmetall im neuen Jahr von zuletzt 1.265 auf 1.325 US-Dollar je Feinunze steigt. Obwohl Gold deutlich unter dem 52-Wochen-Hoch bei 1.346 US-Dollar notiert, kann sich die 2017er-Bilanz sehen lassen: Die Feinunze verteuerte sich um mehr als ein Zehntel.
Lonza gibt den Musterschüler
Naturgemäss zeigen die Top-Performer des Aktienmarktes weitaus höhere Zugewinne. Im SMI nahm Lonza 2017 die Spitzenposition ein. Der Pharmazulieferer legte um 61 Prozent zu und setzte damit die seit 2012 zu beobachtende Rally fort. In gewisser Weise liefert der heimische Highflyer ein Paradebeispiel für die treibenden Faktoren des globalen Börsenbooms. Lonza kann auf der einen Seite mit einem starken Gewinnwachstum bei den Investoren punkten. Analysten gehen davon aus, dass der Konzern 2017 im Schnitt je Aktie 9,62 Schweizer Franken verdient hat. Damit hätte sich der Profit innerhalb von zwei Jahren nahezu verdoppelt. Eine aktive Rolle spielt Lonza überdies beim weltweit florierenden Geschäft mit Fusionen und Übernahmen, im Fachjargon M&A. Im Juli hat das Unternehmen den 5,5 Milliarden US-Dollar schweren Zukauf von Capsugel unter Dach und Fach gebracht. Nach Angaben des Managements ist die Integration des US-Herstellers von Arzneikapseln auf Kurs.
Dagegen geriet Swiss Re 2017 aus dem Tritt. Mit einem Minus von 5 Prozent zeigt der Rückversicherer als einziges SMI-Mitglied rote Vorzeichen (siehe Grafik 7 auf Seite 12). Operativ machten dem Konzern die hohen Kosten für Naturkatastrophen zu schaffen. Die Hurrikane Harvey, Irma und Maria schlugen zusammen mit zwei Erdbeben in Mexiko mit 3,6 Milliarden US-Dollar zu Buche. Die Folge: Für die ersten drei Quartale 2017 meldete Swiss Re unterm Strich einen Verlust von 468 Millionen US-Dollar. Gegenüber seinen Anteilseignern gibt sich das Unternehmen dennoch grosszügig. Am 3. November 2017 lief ein Aktienrückkaufprogramm an. Das Management möchte dafür bis zu 1 Milliarde Schweizer Franken an überschüssigem Kapital bereitstellen.
Mit dem Silvesterfeuerwerk wurden die Karten an den internationalen Kapitalmärkten neu gemischt. Für Anleger könnten sich insofern jede Menge Chancen auftun – sowohl auf der Long- als auch der Short-Seite. Die umfangreiche Produktpalette der Commerzbank macht die Spekulation in beide Richtungen möglich. In der Tabelle rechts haben wir unterschiedliche Hebelpapiere zusammengestellt. Als Basiswerte fungieren dabei neben Gold und Einzelaktien unter anderem auch die drei Jubilare SMI, DAX und EURO STOXX 50.
Grafik 7: Top-/Flop-Performer SMI 2017
Stand: Dezember 2017; Quelle: Commerzbank AG