Nahezu ein Jahr ist nun vergangen, seit Emmanuel Macron in den Élysée-Palast einzog. Obwohl viele Skeptiker dem französischen Staatschef einen schnellen Untergang prophezeiten, kann sich die Bilanz des jungen Politikers durchaus sehen lassen. Der 40-Jährige sorgte in seiner erst kurzen Amtszeit bereits mit einer Vielzahl von Reformen für frischen Wind.

Vor allem mit seiner Arbeitsmarktreform entfachte Macron eine Aufbruchsstimmung in dem flächenmässig grössten Land der EU. Diese räumt den Unternehmen mehr Freiheiten ein, Jobs zu schaffen. So wurden die Regelungen zu Arbeitszeiten, Abläufen und Arbeitsverträgen flexibler und Kündigungen erleichtert. Erste Fortschritte zeigen sich bereits in der Statistik: Laut dem staatlichen Institut INSEE legte die Zahl der Beschäftigten in der Privatindustrie im Jahr 2017 auf 19,3 Millionen zu und markierte damit einen historischen Höchststand. Die letzte Bestmarke wurde im März 2008, also noch vor der internationalen Finanzkrise, aufgestellt. Insgesamt reduzierte sich die Arbeitslosigkeit von Ende 2016 bis Ende 2017 um 1,1 Punkte auf 8,9 Prozent. Nie zuvor seit Beginn der INSEE-Erhebungen im Jahr 1975 fiel die Arbeitslosigkeit so schnell wie in den letzten vier Monaten des vergangenen Jahres.

Renaissance Frankreichs

Entgegen kommt den Franzosen der weltweite Konjunkturaufschwung, welcher auch die zweitgrösste Volkswirtschaft in der EU mit nach oben zieht. Im Schlussviertel 2017 kletterte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Quartalsvergleich um 0,6 Prozent empor, im Vorquartal lag das Wachstum »erst« bei 0,5 Prozent. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal betrug der Anstieg sogar 2,5 Prozent. Im Gesamtjahr 2017 belief sich das Plus auf 1,9 Prozent. Für das laufende Jahr zeigen sich die Experten von INSEE noch optimistischer und gehen von einem Wachstum von 2 Prozent aus. Einige Marktteilnehmer rechnen gar damit, dass Frankreich ein goldenes Jahrzehnt bevorsteht und Deutschland als Wachstumslokomotive an der Spitze der Währungsunion ablösen wird.

Ob es tatsächlich so weit kommt, wird auch von Macrons weiterer Tatkraft abhängen. Noch sind die aktuellen Erfolge in dem Land weniger dem Präsidenten als vielmehr der Angebotspolitik seines Amtsvorgängers François Hollande zuzuschreiben. Denn es ist allgemein bekannt, dass Reformen zeitverzögert wirken. Aber ebenso entscheidend ist auch der allgemeine Vertrauensgewinn, den Macron mit seinem Eifer in der Bevölkerung bis dato erreicht hat. Hinzu kommt, dass er die wirklich wichtigen Themen in Angriff genommen hat. Neben der eingangs erwähnten Arbeitsmarktreform zählt auch die Abschaffung der Vermögenssteuer, die Senkung der Kapitalertragssteuer sowie die schrittweise Reduzierung der Unternehmensabgaben von derzeit 33,3 auf 25 Prozent im Jahr 2022 dazu. Alles Massnahmen, um den Standort Frankreich wieder attraktiver zu machen.

Grafik 1: CAC 40 – Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
(forward, 12 Monate)

Stand: März 2018; Quelle: Factset

Aufbruchsstimmung

Am Kapitalmarkt kommen die wiedererstarkten Wirtschaftsdaten sowie Macrons Reformprogramm, das unter anderem auch noch eine an der Börse gerne gesehene Privatisierungsoffensive vorsieht, gut an. Der CAC 40 verteuerte sich innerhalb eines Jahres um rund 5 Prozent und schnitt damit rund doppelt so stark ab wie das deutsche Pendant. Der EURO STOXX 50 drehte im gleichen Zeitraum sogar nur eine Nullrunde. Der Analystenkonsens sieht im laufenden Jahr noch Potenzial. Das durchschnittliche Kursziel bis zum Jahresende beläuft sich aktuell auf 5.567 Punkte, was einem Zuwachs von 6 Prozent entsprechen würde.

Mit Blick auf die aktuelle Bewertung erscheint der CAC 40 auf den ersten Blick aber nicht günstig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt 14,1 und liegt damit deutlich über dem des DAX (12,1) oder auch dem europäischen Gesamtmarkt (13,1). Auch im historischen Vergleich fällt das KGV überdurchschnittlich aus. Auf Sicht von zehn Jahren weist die Bewertungskennziffer einen Wert von 12,0 auf.

Positive Gewinnrevisionen

Die aktuell hohe Bewertung könnte allerdings auch daran liegen, dass die Gewinnschätzungen der Analysten noch zu niedrig sind. Der Konsens rechnet mit einem Ergebnisanstieg für den CAC 40 im Jahr 2018 von lediglich 5,7 Prozent. Beim deutschen Pendant wird dagegen von einer Erhöhung um 10,5 Prozent ausgegangen. Ein Jahr später sollen aber auch die französischen Grosskonzerne die Früchte des wirtschaftlichen Aufschwungs ernten können. Dann wird ein Gewinnplus von 9,4 Prozent erwartet, welches 0,7 Prozentpunkte über dem des Deutschen Aktienindex liegt. Viele Experten sind zudem gerade dabei, ihre Prognosen zu überarbeiten und schrauben diese mehrheitlich nach oben. Auf Monatssicht haben sich so die Ergebnisaussichten um 0,5 Prozent verbessert.

In Sachen Dividendenrendite macht Frankreich mit 3,4 Prozent eine relativ gute Figur. Damit wirft der Index derzeit mehr ab als beispielsweise der DAX oder die Wall Street. Dass beim CAC 40 noch mehr drin sein kann, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Der 10-Jahres-Durchschnitt liegt sogar oberhalb der 4-Prozent-Marke.

Grafik 2: BIP-Wachstumsvergleich – Frankreich versus Deutschland

Stand: März 2018; Quelle: IWF, ifo-Institut, INSEE

Grafik 3: Chartvergleich – CAC 40 versus EURO STOXX 50
Indexiert: 22. März 2017 = 100

Stand: März 2018; Quelle: Factset