Die Zinssätze steigen weltweit in einem alarmierenden Tempo, da die Währungshüter zugeben, dass die Teuerung nicht mehr nur eine Reihe vorübergehender Schocks ist, sondern sich verfestigt hat. So hat sich in den Augen von vielen das Blatt in der Geldpolitik und für die Finanzmärkte gewendet.

Auf seiner Sitzung im Juli hob der Offenmarktausschuss der Fed (FOMC) den Leitzins um 75 Basispunkte (Bp.) auf 2,25 % bis 2,50 % an. Damit hat sich der wichtigste Leitzins der Weltwirtschaft innerhalb von nur drei Monaten verfünffacht. Die Folgen sowohl für Staatsanleihen in der ganzen Welt (steigende Renditen und fallende Kurse) als auch für Risikoanlagen wie Aktien waren äusserst negativ.

Die Europäische Zentralbank hob alle Leitzinsen um 50 Bp. an und beendete damit die seit acht Jahren herrschende Ära negativer Zinsen. Auch die Bank of England überraschte die Märkte, indem sie stärker an der Zinsschraube drehte als erwartet.

Die Zeit der Null- oder gar Negativzinsen ist vorbei. Das ist ein echter Game Changer, der eine neue Ära einläutet. Viele erfahrene Börsianer mögen dies als die Rückkehr zu normalen Zeiten sehen, so wie der Zeitraum vor der Finanzkrise von 2008. Ob dies allerdings tatsächlich der Fall ist, bleibt abzuwarten. Es könnte aber auch zu einer Stagflation kommen, also einem Zeitraum hoher Inflation und erhöhter Arbeitslosigkeit sowie stagnierender Nachfrage. In den 1970er und Anfang der 1980er Jahre haben wir das schon einmal erlebt.

Konjunkturrückgang voraussichtlich im nächsten Jahr

Es ist 2023 zu erwarten, dass wegen der Zinspolitik die Volkswirtschaften der Eurozone, der USA und die von Grossbritannien in eine Wirtschaftskrise abgleiten. Dabei handelt es sich um zwei aufeinanderfolgende Quartale mit rückläufiger Wirtschaftsleistung. Die drei Volkswirtschaften dürften im nächsten Jahr erhebliche Produktionsrückgänge erfahren. Und am Konjunkturhimmel ziehen weltweit dunkle Wolken auf.

Die Teuerung ist heute eine der grössten Sorgen der Haushalte in Bezug auf die eigene finanzielle Situation. Politiker müssen feststellen, dass sie vor Schuldzuweisungen nicht gefeit sind, da die Wähler, die sich in schwierigen Zeiten der letzten Jahre an staatliche Hilfe gewöhnt haben, jetzt erneut mit Unterstützung rechnen. Zentralbanken wollen die hohe Teuerungsrate in den Griff bekommen, aber ihre Mittel sind begrenzt. Deshalb bleibt es den Regierungen überlassen, die schwerwiegende Inflation nach Möglichkeit zu senken.

In Grossbritannien wird die steigende Teuerung als „Lebenshaltungskostenkrise“ bezeichnet, da sich die Energierechnungen für Privathaushalte in nur zwei Jahren verdreifachen werden. Die Eurozone steht vor einer noch akuteren Krise, da Energielieferungen aus Russland vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges gefährdet sind. Die Regierungen der Region bemühen sich, Haushalten zu helfen, insbesondere solchen mit niedrigem Einkommen.

Weltwirtschaft steht vor dem schlimmsten Jahr seit 2009

Das Wirtschaftswachstum wurde im neuen Basisszenario von Schroders deutlich nach unten revidiert, denn der Konjunkturabschwung in den USA, der Eurozone und Grossbritannien ist mittlerweile eingepreist. Gleichzeitig werden auch die meisten Schwellenländer ein langsameres Wachstum verbuchen. Das globale Wachstum wird dieses Jahr voraussichtlich von 5,9 % auf 2,6 % fallen (zuvor 2,7 %) und 2023 auf 1,5 % sinken (zuvor 2,7 %). Abgesehen vom Höhepunkt der Pandemie wäre dies das schlechteste Jahr für die Weltwirtschaft seit 2009.

Das US-Wirtschaftswachstum für 2022 haben wir im Mai von 2,6 % auf 1,7 % herabgestuft, was deutlich niedriger ist als die Marktschätzungen von 2,1 %. Dies ist hauptsächlich auf unsere höhere Inflationsprognose (8 % für das Jahr gegenüber 6,9 % zuvor) und auch auf einen aggressiveren Kurs für den Leitzins der US-Notenbank Fed zurückzuführen.

Nach unserer Einschätzung wird sie das Tempo der Erhöhungen drosseln, aber bis Anfang 2023 dürften die Zinsen 4 % erreichen, während die Markterwartungen bei 3,65 % liegen. Höhere Zinsen, eine weniger grosszügige Fiskalpolitik und die hohe Inflation führen zu einer Verringerung der Kaufkraft der Haushalte, die letztlich ihre Ausgaben deutlich reduzieren dürften. Unternehmen dürften auf eine schwächere Nachfrage reagieren, indem sie die Produktion zurückfahren, wodurch sich wiederum der Bedarf an Arbeitskräften reduziert. Es wird erwartet, dass die geldpolitische Straffung einschneidend sein wird, um die Arbeitslosenquote in die Höhe zu treiben. Das ist notwendig, damit nicht nur die Nachfrage der Haushalte sinkt, sondern auch der Inflationsdruck nachlässt.

Steigende Energiekosten werden einen Einbruch der europäischen Produktion verursachen

Wir erwarten, dass die US-Wirtschaft in den ersten drei Quartalen von 2023 in eine Rezession abrutscht. Die Wirtschaftsleistung wird voraussichtlich um 1,9 % schrumpfen, bevor sie wieder zum Wachstum zurückkehrt. Wie negativ diese Prognose ist, zeigt, dass der Produktionsrückgang eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung des Landes um 1,1 % für das gesamte Jahr 2023 bedeutet, verglichen mit Konsensschätzungen eines positiven Wachstums von 1 %.

Anders als in den USA wird die Konjunkturflaute in Europa nicht durch die Inlandsökonomie erzeugte Inflation und Zinserhöhungen ausgelöst. Stattdessen fallen die steigenden Energiekosten aufgrund des Ukraine-Kriegs ins Gewicht, um einen Produktionsrückgang zu verursachen.

Im Vergleich zu den USA und der Eurozone scheint Grossbritannien irgendwo dazwischen zu liegen. Das Wirtschaftswachstum war in letzter Zeit widerstandsfähiger, und es gibt mehr Anzeichen dafür, dass sich der Inflationsdruck ausweitet. Allerdings ist Grossbritannien auch gezwungen, die hohen europäischen Energiepreise auszuhalten, die die Haushalte aufgrund der Energiepreisobergrenze der Regierung mit Verzögerung treffen werden.

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