War es 1997 ein gerechter Kampf, als der Schachcomputer Deep Blue gegen den Weltmeister Kasparow gewann? IBM hatte Hard- und Software nach der ersten Partie aufgerüstet. Ohne diese menschliche Hilfe hätte es Deep Blue nicht geschafft, klagten Kritiker. Die Frage, die sich stellte, war: Kann eine Maschine zu «echtem Denken» überhaupt imstande sein? Heute – zwanzig Jahre nach Kasparows Niederlage – scheinen wir dem ein grosses Stück näher gekommen zu sein.
«KI wird massive technologische Expansion und kulturellen Wandel hervorrufen.» Masayoshi Son, Gründer, Chairman, CEO von Japans SoftBank (fiercewireless.com, 27.02.2017)
Watson, das Multitalent
Für viele verkörpert KI die Vision einer fernen Zukunft, die uns in Science-Fiction-Filmen begegnet. Dabei bemerken wir oft nicht, wie sie bereits zahlreiche unserer Lebensbereiche dominiert. Zum Beispiel nutzen wir die unsichtbare KI über Smartphones, Suchmaschinen, bei Online-Einkäufen oder in sozialen Medien. Zwar wurden der zeitliche Rahmen und die Verbreitungsgeschwindigkeit in den letzten Jahrzehnten wiederholt unterschätzt, doch häufen sich nun die Anzeichen für den lang ersehnten Durchbruch: Ein Facebook-Algorithmus erkennt digitale Bilder und kommuniziert Informationen in Audioform. Ein Supercomputer von IBM namens Watson schlägt nicht nur Champions der Fernsehquizshow «Jeopardy!». Das Multitalent diagnostiziert auch Krebs treffsicherer als Ärzte. Am letzten World Economic Forum (WEF) in Davos erklärte IBM-Chefin Rometty, dass Watson zu 100% identifiziere, was Ärzte diagnostizierten. In 30% der Fälle übertrafen seine Behandlungsempfehlungen sogar die der Mediziner. Ebenfalls ein Indiz für den potenziell positiven Ausblick: Immer mehr Investoren tätigen Finanzierungen und Akquisitionen innerhalb des Segmentes. Laut dem Datendienstleister CB Insights haben 2016 alleine Venture-Capital-Investoren über fünf Milliarden US-Dollar in Unternehmen investiert, die sich in irgendeiner Form mit KI befassen – ein Plus von 61% gegenüber dem Vorjahr.
Nichts von dem ist übernatürlich
Der 2016 verstorbene Marvin Minsky hatte die wissenschaftliche Disziplin «künstliche Intelligenz » (KI) im Jahr 1956 erschaffen. In einem Artikel der «Zeit» wurde das Credo des anerkannten Pioniers in Erinnerung gerufen: «Nichts von dem, was das menschliche Gehirn leistet, ist in irgendeiner Weise übernatürlich. Deshalb muss es möglich sein, diese Leistungen auch Maschinen beizubringen.» Die Entwicklung des KI-Segmentes zog sich jedoch über mehrere Jahrzehnte hin und durchlief ernüchternde Phasen des Stillstandes. In den 50er-Jahren behauptete der Ökonom Herbert Simon, Computer würden innerhalb von zehn Jahren Menschen beim Schach schlagen; gedauert hat es vierzig Jahre. Drei Wellen der Entwicklung liessen im Zeitablauf hohe Erwartungen aufkeimen – und mündeten wieder in Ernüchterung. Weshalb sollte sich also ausgerechnet jetzt ein «Tsunami» in Bezug auf die Entwicklung des Segmentes aufbauen? Die Meinung vieler Experten: Weil Computer heute viel stärker dazu imstande seien, Daten zu «verstehen», und es dank fortschreitender Digitalisierung, Big Data und Co. auch immer mehr Daten gibt, die es zu verstehen gilt.
«Langfristig werden wir uns von einer ‹Mobile-first›- hin zu einer ‹AI-first›-Welt entwickeln.» Sundar Pichai, CEO Google Inc. (CB Insights Webinar, 28.06.2016)
Google, der KI-Spezialist schlechthin
Elf der fünfundfünfzig wichtigsten Unternehmenszukäufe entfielen 2016 auf Google (heute: Alphabet), dem Spezialisten für KI-Programmierung schlechthin. Laut einem Artikel der Analyseplattform seekingalpha.com (27.07.2017) positioniert sich der Internetgigant zum Beispiel bei der Bilderkennung, der Suche und bei Videoempfehlungen. Digitale Sprachassistenten seien laut Unternehmensvertretern ebenfalls als potenziell neuer Wachstumsbereich identifiziert. Sie hätten das Potenzial, sich zu einer neuen Computing-Plattform zu entwickeln. Vor allem Millenials zeigen ein grosses Interesse am sogenannten Voice-Markt, der gemäss eMarketer 2017 um 130% wachsen dürfte.
Zwar hat sich das KI-Segment in den letzten Jahren stark entwickelt, was insbesondere Fortschritten in Wahrnehmung und Kognition zu verdanken ist. Das bisher Erreichte dürfte jedoch bald wieder «Schnee von gestern» sein. Grafik 1 veranschaulicht die potenziell ansteigende Umsatzentwicklung bei KI-Unternehmensanwendungen. Das sogenannte «Deep Learning», Optimierungsmethoden für neuronale Netze zur Verbesserung von Vorhersageanalysetechniken, Diagnostik und Empfehlungen, fungiere laut Expertenmeinungen als der technologische Zünder zur Verbreitungsbeschleunigung, weil es einen stabilen Lernerfolg ermögliche. «Bis vor Kurzem existierte ‹Deep Learning› nur in der Theorie. Dann begannen Teams auf der ganzen Welt, Grafikprozessoren von NVIDIA einzusetzen. Facebook, Alphabet, IBM und Microsoft verwenden NVIDIAs Chips bei ihrer KI-Forschung», kommuniziert der führende Hersteller von Grafik- und Medienkommunikationsprozessoren auf seiner Internetseite. Die Welt der grafischen Datenverarbeitung wurde tatsächlich 1999 zum Leben erweckt, als NVIDIA die Grafikprozessoren (GPU) erfand. Heute profitiert der äusserst erfolgreiche Hardwarehersteller von gleich mehreren sich gegenseitig unterstützenden Trends: der Spieleindustrie, dem autonomen Fahren und der KI.
Quelle: Tractica; September 2016
Billionenmarkt «künstliche Intelligenz»
Weil KI andere Technologietrends nochmals verstärkt und in sämtlichen Branchen – bei grossen wie kleinen Unternehmen – Anwendung finden kann, besteht nicht nur grosses Potenzial für die Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen. Wie auch Geschäftsprozesse und Wertschöpfungsketten revolutioniert werden können, zeigt sich zudem im schnellen Erfolg des Cloud- Computing-Führers Salesforce. Ein Anbieter von «Software as a Service» und «Platform as a Service», der sich auf Kundenbeziehungsmanagement (CRM) für Unternehmen jeder Grösse spezialisiert hat. Mit der Zurverfügungstellung eines «sozialen Frontoffice» revolutioniert Salesforce die Verkaufsstrategie, die interne Zusammenarbeit sowie die Innovationstätigkeit seiner Kunden. Sicherlich sind mit solch schnell wachsenden Trends auch Risiken verbunden. «Sein Verständnis von KI ist begrenzt», zitierten Medien jüngst Elon Musk, der als Protagonist für die Etablierung von allgemeingültigen klaren «Leitplanken » beim KI-Einsatz gilt. Kritisiert wurde kein Geringerer als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der zuvor von einer Panikmache gesprochen hatte. Doch die Ansichten des Tesla-Chefs erscheinen verständlich. Entwickelt sich KI doch gerade zu einem ernst zu nehmenden Wachstumsmotor für unterschiedlichste Unternehmensbranchen und einem Billionenmarkt.
Die Dynamik des Zukunftsthemas ist stark und könnte daher auch im Kontext eines Anlageportfolios an Bedeutung gewinnen. Dies nicht nur aufgrund von interessanten Renditechancen, sondern auch aus Diversifikationsgründen eines klassischen Anlageportfolios, das sich vorwiegend aus Kerninvestments zusammensetzt. Für Anleger könnte daher eine Portfolioergänzung durch ein KI-Investment – z. B. den Solactive Artificial Intelligence Performance-Index – interessant sein. Dieses neuartige Barometer bezieht die gesamte Wertschöpfungskette des Themas «KI» ein. Die 14 bis 20 interessanten Indexmitglieder entstammen den KI-Subsektoren Hardware- Plattformen, Software-Plattformen, Applikationen und «Big Data» (für weitere Details siehe Indexleitfaden unter solactive.com). Grafik 2 zeigt das Indexkonzept mit den wesentlichen Auswahlkriterien. Massgeblich sind die Affinität des Geschäftsmodells zu KI sowie harte Finanzkennzahlen, die es zu erfüllen gilt. In Betracht gezogen werden schliesslich die finanziell stärksten Werte, die der Indexberater Thomas Rappold anhand einer Rangliste selektiert und halbjährlich anpasst. Berechnet und angepasst wird der KI-Index halbjährlich durch den Indexanbieter Solactive.
Quelle: Solactive.com
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