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Zur Rose meldet den Vollzug des Schweizer Geschäfts an den Detailhandelsriesen Migros. Die Aktionärinnen und Aktionäre dürften diese Nachricht mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis nehmen. Ein lachendes Auge, weil nun endlich Geld fliessen dürfte. Noch im Februar war von rund 360 Millionen Franken die Rede. Ein weinendes Auge, weil das Schweizer Geschäft als das eigentliche Tafelsilber gilt. In allen übrigen Geschäftsbereichen legt die Versandapotheke immer noch Geld drauf. Je später der Vollzug des Verkaufs, desto mehr wäre ergebnistechnisch bei Zur Rose hängen geblieben.
Für Gesprächsstoff sorgte das Unternehmen in den letzten Tagen allerdings aus einem ganz anderen Grund, litten die Aktien doch unter einem mysteriösen Kursschwund. Alleine gestern Mittwoch ging es für sie um 10 Prozent nach unten – ohne dass klärende Sachverhalte vorgelegen hätten. Seit Ende März errechnet sich sogar ein Minus von mehr als 18 Prozent.
Eine naheliegende Erklärung liefert nun Analyst Gian Marco Werro von der Zürcher Kantonalbank. Er führt die jüngste Kursschwäche auf den Verkauf von rund 40'000 Aktien im Zusammenhang mit einem sogenannten "Earn-Out" zurück. Wie Werro schreibt, waren diese Aktien Anfang Woche vom Unternehmen geschaffen und dann gleich platziert worden.
Kursentwicklung der Zur-Rose-Aktien in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)
Der Analyst sieht mittelfristig grosses Potenzial für Zur Rose. Dieser Umstand kommt auch in seinem Bewertungsmodell zum Ausdruck, liefert es mit 55 Franken je Aktie doch einen fairen Wert, welcher weit über den zuletzt bezahlten Kursen liegt. Aufgrund der vielen für das Unternehmen unkontrollierbaren Risiken rund um die Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland, werden die Valoren bei der Zürcher Kantonalbank dennoch nur mit "Marktgewichten" eingestuft.
Die Aktien von Zur Rose dürften auch nach dem Vollzug des Verkaufs des Schweizer Geschäfts an die Migros ein Spielball der Spekulanten bleiben. Da wären nämlich einerseits die vielen ausstehenden Call- und Put-Warrants und andererseits die massiven Wetten, mit welchen die Leerverkäufer auf rückläufige Kurse setzen.
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Die Aktien von AMS Osram kosteten gestern zeitweise nur noch einen Fünfliber das Stück. So günstig waren sie letztmals vor mehr als zehn Jahren zu haben. Das macht den Sensorenhersteller aus dem österreichischen Unterpremstätten an der Börse allerdings nicht zwangsläufig zum Schnäppchen.
Es ist, als ob mit der Ergebnisveröffentlichung vom Dienstag ein Damm gebrochen wäre. Seit diesem Tag wissen wir nämlich, dass sich die Absatzflaute bis weit ins laufende Quartal hineinziehen dürfte. Dass das Unternehmen selber einen operativen Gewinn (EBIT) zwischen 25 und 54 Millionen Euro bei einem Umsatz von 800 bis 900 Millionen Euro anstrebt, lässt gegenüber dem ersten Quartal – entgegen allen saisonalen Gepflogenheiten - sogar noch einmal eine Verschlechterung erahnen.
Aktienkursentwicklung bei AMS Osram im mehrjährigen Vergleich (Quelle: www.cash.ch)
Mit dem langjährigen Firmenchef Alexander Everke ist der Architekt der milliardenschweren Osram-Übernahme kürzlich zwar von Bord gegangen. Ob er gehen musste, ist nicht bekannt. Was sich hingegen sagen lässt: Es wurden nicht Aktionärswerte geschaffen, sondern im grossen Stil welche vernichtet. Mit 1,7 Milliarden Franken bringt AMS Osram heute nicht einmal mehr halb so viel an Börsenwert auf die Waage, wie man einst für Osram berappen musste. Und: Everke hinterlässt seinem Nachfolger Aldo Kamper – zumindest am Aktienkurs gemessen - einen ziemlichen Scherbenhaufen.
Der neue starke Mann bei AMS Osram dürfte sich künftig auch mit unzufriedenen Aktionärinnen und Aktionären auseinandersetzen müssen. Wie ich höre, schwankt die Stimmung im Aktionariat zwischen Verzweiflung, Wut und Resignation.
Zwei dieser drei Zutaten bieten einen geradezu idealen Nährboden für eine Aktionärsrevolte. Hinzu kommt das stark fragmentierte Aktionariat. Grösster Einzelaktionär ist Fidelity. Der amerikanische Fondsriese hält etwas mehr als 5 Prozent am Sensorenhersteller...
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1 Kommentar
Ich verstehe nicht wieso der Beitrag über AMS Osram unter dem Titel Versandapotheke veröffentlicht wird. Das sind doch zwei Paar Schuhe: zur Rose und AMS Osram. Das eine hat mit dem andern null & nichts zu tun. Tönt wie Sauerkraut & Erdbeeren. Viel lieber hätte ich vom Analyst Gian Marco Werro gelesen was ich unter einem "Earn-Out" verstehen soll. Peter Zimmermann,