Nicht alle haben das nötige Wissen, um das eigene Vermögen selbständig an den Finanzmärkten anzulegen. Oftmals fehlt schlicht die Zeit, sich ausführlich über die einzelnen Aktien und Obligationen, geschweige denn über all die vielen strukturierten Produkte im Markt, informieren zu können. Und die Mehrzahl der Leute drückt sich auch um eine Planung der eigenen Finanzen über die nächsten Dekaden.
Stattdessen werden oft Ratschläge der Hausbank oder eines unabhängigen Vermögensberaters befolgt. Doch blindes Vertrauen kann gefährlich sein: Auch Finanzberater können die Kursentwicklungen nicht voraussagen und liegen mit ihren Ratschlägen hin und wieder falsch.
Noch schlimmer ist es, wenn der Berater dem Kunden absichtlich nicht-geeignete Produkte aufschwatzt. Möglich macht dies ein Interessenskonflikt: Bankberater werden dafür bezahlt, Produkte der eigenen Bank zu verkaufen - was für den Kunden nicht zwingend die optimale Lösung sein muss. Auch unabhängige Vermögensberater bekommen je nach Produkt unterschiedliche Provisionen – und handeln so nicht immer im Interesse ihres Klienten.
Aber natürlich sind nicht alle Finanzberater Halsabschneider, die nur auf den eigenen Vorteil bedacht sind. Viele leisten seriöse Arbeit und nehmen ihren Beruf ernst. Doch wie erkennt man diese? Punkte, die einen guten Finanzberater ausmachen:
1) Er hat einen anerkannten Bildungsabschluss
Jeder kann sich Anlage- oder Finanzberater nennen, die Berufsbezeichnungen sind nicht geschützt. Daher ist es umso wichtiger, sich nach der Ausbildung des Beraters zu erkundigen. "Der Bildungsabschluss sollte staatlich anerkannt sein, entweder vom Bund als Bildungsbehörde oder von der Finma", sagt Felix Horlacher, Leiter des IfFP Instituts für Finanzplanung in Zürich, zu cash. Das Institut von Horlacher bietet verschiedene Lehrgänge und Weiterbildungen im Bereich der Finanzplanung an.
Offiziell anerkannte Bildungsabschlüsse sind etwa "Dipl. Finanzberater IAF", "Finanzplaner mit eidg. Fachausweis" oder "MAS Financial Consultant" (siehe dazu auch Box unten).
2) Er besitzt nachweisbare (Praxis-)Erfahrung
Die beste Ausbildung nützt nichts, wenn sich der Berater in der Praxis noch nicht bewiesen hat. Vor allem bei komplexeren finanziellen Situationen lohnt es sich, keinen Grünschnabel, sondern einen erfahrenen Finanzexperten herbeizuziehen. Wie lange ist er schon im Beruf tätig und was hat er bisher erreicht? Solche Fragen sind erlaubt, ja sogar zwingend. Eventuell kann er bisherige Erfolge mittels Referenzen nachweisen. Oftmals lohnt es sich auch, sich im Freundeskreis oder bei Bekannten umzuhören - vielleicht können diese eine geeignete Person mit ausreichender Erfahrung empfehlen.
3) Er interessiert sich für die persönliche Situation
"Finanzberater sollten ihren Kunden zuhören und keine '08-15-Lösung' offerieren. Jeder Mensch ist individuell, deshalb muss auch die Finanzberatung individuell sein", sagt Mario Huber, Präsident des Schweizerischen Finanzberaterverbandes (SFBV). Der SFBV ist eine Vereinigung von unabhängigen Schweizer Finanzberatern.
Der Berater muss Informationen zur finanziellen, berufmässigen und familiären Situation berücksichtigen. Gleichzeitig sollte er auch die Wünsche und Pläne des Kunden für die Zukunft verstehen. Er stellt dabei viele Fragen, um die Prioritäten bezüglich Sicherheit, Flexibilität, Rendite und Laufzeit zu definieren. Darauf basierend ergibt sich ein persönlich zugeschnittenes Portfolio. Da sich die Lebenssituation immer wieder ändern kann, betreut der gute Berater den Kunden auch nach der Erstberatung weiter regelmässig.
4) Er legt seine Vergütungen offen
Einen Standard bezüglich Berater-Entlohnung gibt es gemäss Horlacher vom Institut für Finanzplanung nicht. Doch gratis ist in der Finanzbranche natürlich nichts. Wenn Finanzberatungen als kostenlos angepriesen werden, sind die Kosten in den Produkten in Form von Provisionen versteckt. Diese können von Produkt zu Produkt variieren. ETF - also passive, indexbasierte Produkte - bringen dem Berater zum Beispiel kaum Provisionen ein. Und werden daher auch selten bis nie empfohlen. Am transparentesten sind Berater, die auf Honorarbasis (also nach Stundenlohn) arbeiten oder eine im Voraus vereinbarte Pauschale erhalten.
Versteckte Provisionen sind aber auch bei einer Honorarbezahlung möglich, und das nicht nur bei Bankberatern: "Die Etikette 'unabhängig' ist höchst unzuverlässig, da auch unabhängige Berater von Provisionsinteressen gesteuert sein können", warnt Horlacher. Wichtig ist daher die Transparenz aller Entschädigungen. Verlangen Sie vom Berater eine schriftliche Offenlegung über allfällige Provisionen oder andere versteckte Vergütungen.
5) Er weist auf Produktrisiken und -kosten hin
Spricht der Berater von Traumrenditen, die bei einem bestimmten Produkt zu vergleichsweise geringem Risiko möglich sind, dann sollten die Alarmglocken läuten. Denn je höher die erwartete Rendite, desto höher ist immer das Risiko. Ein guter Berater erklärt die angebotenen Produkte ausführlich und weist den Kunden ausdrücklich auf die Risiken und Kosten hin. Finanzprodukte, die auch nach eigehender Beratung nicht verstanden werden, sollten unbedingt gemieden werden.
6) Er ist nicht aufdringlich
Eine Finanzberatung verbunden mit der anschliessenden Entscheidungsfindung braucht Zeit. Es ist unseriös, wenn der Kunde unter Zeitdruck gesetzt und zum Abschluss von Produkten gedrängt wird. Vor Vertragsabschluss sollte die gewünschte Bedenkzeit gewährt werden, in der auch ungeniert Zweitmeinungen eingeholt werden dürfen. Aber Achtung: Wird der Berater nach Zeit bezahlt, ist auch eine in sehr gemächlichem Tempo gehaltene Beratung mit langen "Denkpausen" äusserst verdächtig.
7) Er händigt ein Beratungsprotokoll aus
Die wichtigsten Gesprächsergebnisse sollten schriftlich festgehalten und vom Finanzberater unterschrieben werden. Das dient zur Sicherheit und kann im Streitfall als Beweis herbeigezogen werden. "Es ist aus unserer Sicht unseriös, keine Beratungsprotokolle einzusetzen", meint Huber vom SFBV. Protokolle würden sowohl dem Schutze des Kunden, als auch des Finanzberaters dienen.