Wer in Zürich, Basel oder Bern eine günstige Wohnung gefunden hat, der zieht meist ungern aus. Denn ähnlich preiswerte, vergleichbare Bleiben sind in den Schweizer Zentren kaum erhältlich: Die freien Wohnungen sind deutlich teurer als jene, die schon belegt sind. Im Schnitt zahlen Städter für ein neues Apartement über ein Drittel mehr (für eine 4-Zimmerwohnung mit 100 Quadratmetern). Je länger man in der Wohnung gelebt hat, umso teurer wird der Umzug. Dies geht aus einem neuen Bericht der Bank Raiffeisen hervor.
Das ist nicht nur ein städtisches Phänomen: Auch auf dem Land oder in der Agglomeration sind die sogenannten Bestandesmieten tiefer als die Angebotsmieten. Dort ist die Differenz aber viel weniger extrem, und sie ist in den letzten Jahren geschrumpft. Ausserhalb der Städte werden so viele Mehrfamilienhäuser gebaut, dass die Mieten für freie Wohnungen gesunken sind.
In den Zentren ist das Preisgefälle besonders steil: Differenz zwischen geschätzter Angebots-und Bestandesmiete in % (4-Zimmerwohnung mit 100m², Baujahr 1999).
Quelle: Raiffeisen
Viele Städter sind Langzeitmieter
Die Folge dieser Schere in den Städten: Der Anteil der Langzeitmieter ist deutlich höher. In den grösseren Zentren wird fast ein Fünftel aller Wohnungen seit mehr als 20 Jahren von den gleichen Mietern bewohnt. In ländlichen oder touristischen Gebieten sind es nur halb so viele.
Städter bleiben länger in ihren Wohnungen (Anteil Wohnungen nach Mietdauer und Gemeindetyp Beobachtungszeitraum: Feb. 2010 –Nov. 2019).
Quelle: Raiffeisen
Städter scheuen folglich einen Umzug: Viele Städter leben in einer für ihre Bedürfnisse zu kleinen Wohnung, weil ein Wechsel ins Geld gehen würde. Doch das Preisgefälle kann sogar zur absurden Situation führen, dass ein Ehepaar in einer grossen Wohnung bleibt, nachdem ihre Kinder ausgezogen sind, weil die Miete in einem kleineren Objekt höher wäre.
Ausserhalb der Zentren kommt ein Umzug nicht immer teuer zu stehen: Der Unterschied zwischen Angebot- und Bestandesmieten ist wesentlich kleiner (für eine 4-Zimmerwohnung mit 100m², in CHF).
Quelle: Raiffeisen
Immer mehr Stadtbewohner ziehen aufs Land
Auch wegen der hohen Mieten ziehen immer mehr Städter weg. 2018 verabschiedeten sich - unter dem Strich - rund 7000 Personen aus den Stadtgemeinden (nur Umzüge innerhalb der Schweiz). Das ist eine weitere Erkenntnis von Raiffeisen.
In der Agglomeration und auf dem Land sind die freien Objekte häufig gleich teuer oder sogar günstiger als bereits vermietete – sogar neu gebaute Wohnungen sind in vielen Fällen ohne Aufpreis zu haben.
Es sind vor allem Schweizer und Ausländer, die schon lange hier leben, die die Zentren verlassen. Eine Trendwende ist laut Raiffeisen nicht in Sicht: In naher Zukunft dürften in den Grosszentren noch viele einen Wegzug ins Auge fassen.
Hier geht es zur Studie
► Raiffeisen Economic Research: Immobilien Schweiz – 1Q20
Dieser Artikel erschien zuerst in der Handelszeitung unter dem Titel "Die Stadtbewohner scheuen einen Umzug".