Warum steigt der Euro?
Nach der jüngsten Ratssitzung der EZB hatte Notenbankchef Mario Draghi angekündigt, im Herbst über die Anleihenkäufe beraten zu wollen. An den Märkten wurde dies als Signal verstanden, das bislang auf ein Volumen von 2,28 Billionen Euro angelegte Programm auslaufen zu lassen. Zudem drängt vor allem die Bundesbank, die der ultra-lockeren Geldpolitik von Anfang an kritisch gegenüberstand, auf eine Kurskorrektur der EZB. "Die andauernde Wirtschaftserholung öffnet nun die Perspektive für eine geldpolitische Normalisierung," betonte der oberste deutsche Währungshüter, Jens Weidmann, Anfang Juli.
War der Euro vor kurzem nicht noch auf Talfahrt?
Ja. Denn bis zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im Frühjahr hatten viele Anleger einen Sieg der Euro-Gegner befürchtet. Doch dann zog Emmanuel Macron - ein ausgesprochener Befürworter der gemeinsamen Währung - in den Elysee Palast ein: "Der bei einer Wahl Marine Le Pens befürchtete rasche Niedergang und das teils ausgerufene Auseinanderbrechen des Euro fällt damit vorerst aus", so die DZ Bank. Laut Devisenhändlern verstärkte dies die Euro-Käufe.
Spielt Donald Trumps Wahl eine Rolle?
Ja. Die Wahl des Immobilien-Milliardärs zum US-Präsidenten hatte zunächst Spekulationen auf steigende Inflationsraten in den USA ausgelöst, da Trump ein riesiges Konjunkturprogramm und radikale Steuersenkungen versprochen hat. Doch bislang wurde daraus nichts, da der Republikaner innenpolitisch aufgrund der Russland-Affäre stark unter Druck steht.
Und welche Rolle spielt die US-Notenbank Fed?
Darüber hinaus sorgte eine geringere Konsumnachfrage für einen sinkenden Inflationsdruck, der wiederum eine rasche Abfolge von Zinserhöhungen immer unwahrscheinlicher macht. Dies veranlasste viele Anleger, ihrer Dollar-Positionen weiter zurückzufahren. Die Euro-Stärke ist daher auch eine Dollar-Schwäche.
Was ist so schlimm an einem hohen Euro-Kurs?
Für Exporteure verschlechtern sich die Wettbewerbschancen, da ihre Waren auf dem Weltmarkt teurer werden. Allerdings sichern sich Konzerne meist gegen solche Entwicklungen ab. Erst wenn der Trend nachhaltig dreht oder drastisch ausschlägt, sind Unternehmen wirklich unter Druck - wie beispielsweise beim Pfund Sterling nach der Brexit-Abstimmung. Ausserdem bremst ein hoher Wechselkurs über die in Dollar fakturierte Ölrechnung die Inflation und erhöht das Risiko einer Deflation, einer Spirale aus fallenden Preisen und rückläufigen Investitionen. Das Ziel der EZB ist aber eine Teuerung von knapp zwei Prozent - ein Ziel, dass sie nach Einschätzung von Beobachtern noch einige Jahre lang verfehlen wird.
Und was machen die Hüter des Euro nun?
Nach Einschätzung von Felix Herrmann, Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrössten Vermögensverwalter Blackrock, könnte die EZB die erwartete Drosselung ihrer Anleihekäufe hinauszögern. Dies würde den aktuellen Höhenflug des Euro zumindest vorübergehend beenden. "Nicht auszuschliessen, dass die EZB dies ganz gezielt im Hinterkopf hat."
(Reuters)