Als die Versandapotheke Zur Rose kürzlich zum Investorentag lud, zeigten sich die Firmenvertreter zuversichtlich, dass Deutschland wie geplant ab dem 1. Januar auf elektronische Medikamentenrezepte umstellt.
Doch daraus wird nun nichts. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sagt die verpflichtende Einführung elektronischer Medikamentenrezepte ab. Da es die Voraussetzungen für eine flächendeckende Einführung in zwei Wochen nicht für gegeben sieht, soll nun erst einmal weiter getestet werden.
Zur Rose: E-Rezepte ein wichtiger Wachstumstreiber
Beobachtern zufolge war in Fachblättern schon seit Sommer immer mal wieder von möglichen Verzögerungen berichtet worden. Gerade weil zuletzt einiges auf eine Einführung nach Plan hingedeutet habe, seien die jetzigen Neuigkeiten doch ein ziemlicher Schlag für alle Beteiligten.
So auch für Zur Rose, gilt die Einführung elektronischer Medikamentenrezepte für die Versandapotheke doch auf Jahre hinaus als wichtiger Wachstumstreiber. Das Unternehmen hatte erst vor zwei Wochen im Zuge einer Kapitalerhöhung knapp 190 Millionen Franken aufgenommen, um entsprechende Investitionen in den Ausbau der Geschäftsaktivitäten im Schlüsselmarkt Deutschland stemmen zu können.
Selbst die Citigroup muss noch einmal über die Bücher
Wie Analysten festhalten, will sich das BMG nicht auf ein neues Datum festlegen. Die Einführung elektronischer Medikamentenrezepte wird auf "unbestimmte Zeit" vertagt. Erste Vertreter dieser Berufsgruppe sehen sich bei Zur Rose deshalb nun gezwungen, ihre Wachstumserwartungen für die kommenden Jahre unter negativen Vorzeichen zu überarbeiten. Nichts fürchte die Börse mehr als die Ungewissheit, wie es weiter heisst.
Selbst der für die Citigroup tätige Analyst dürfte nicht darum herum kommen, noch einmal den Rotstift zu zücken. Er hatte diesen bei seinen Schätzungen für die Versandapotheke erst am Freitag angesetzt (der cash Insider berichtete). Bei vielen anderen Banken ist der Anpassungsbedarf noch viel grösser.
Für Warburg Research kommen die Probleme nicht völlig überraschend. Bis der neue Fahrplan für die obligatorische Rezepte-Einführung bekannt ist, will man an den bisherigen Schätzungen festhalten. Diese sehen vor, dass die Online-Durchdringung im Laufe des nächsten Jahres von heute einem auf 2,5 Prozent steigt. Darauf abgestützt preist Warburg Research die Zur-Rose-Aktie mit "Buy" und einem Kursziel von 505 Franken zum Kauf an.
Beruhigungspille entfaltet nicht die erhoffte Wirkung
Auch die US-Investmentbank Jefferies hält an der Kaufempfehlung fest und kommt sogar auf ein Kursziel von 571 Franken. Ihres Erachtens nimmt das momentane Kurs- und Bewertungsniveau bei Zur Rose bereits Verzögerungen in Deutschland vorweg.
Obwohl die Aktie alleine in den letzten fünf Handelstagen 8 Prozent an Kurswert eingebüsst hat, rechnen Beobachter mit einer negativen Börsenreaktion und tieferen Kursen. Allerdings ist man sich einig, dass die Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland trotz Verzögerungen nicht vom Tisch ist und immer noch kommt. Bei Übertreibungen nach unten könnten sich deshalb Kaufgelegenheiten eröffnen, so der Tenor.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AWP bestätigt Zur Rose, dass man in diesem Jahr weiterhin mit der Einführung rechne. Die Beruhigungspille scheint die erhoffte Wirkung jedoch zu verfehlen, verliert die Aktie zur Stunde doch fast 15 Prozent auf 253 Franken.