Nein, das neue Jahr konnte die Sorgen und Ängste der Anleger nicht plötzlich wegblasen. Noch immer ist die Unsicherheit unter den Marktteilnehmern gross. Genau genommen ist sie in den letzten Wochen sogar noch weiter angestiegen: Das zeigt ein Blick auf den VSMI, den Volatilitätsindex des Swiss Market Index. Von Oktober 2018 bis heute weist dieses "Angstbarometer" einen klaren Trend nach oben aus, wie folgende Grafik verdeutlicht:
Kursentwicklung des VSMI in den letzten 6 Monaten, Quelle: cash.ch
Kursmässig kam der Swiss Market Index (SMI) in den ersten beiden Handelstagen des neuen Jahres immerhin ordentlich vom Fleck, am Freitag schloss der Leitindex bei 8609 Punkten, womit er 2,1 Prozent über dem Stand von Jahresanfang liegt. Den letzten Börsentag des Jahres 2018 am 28. Dezember beendete der Leitindex mit Plus 2,9 Prozent bereits positiv, nachdem es Tags zuvor 2,6 Prozent in die Tiefe ging.
Noch mehr Volatilität verzeichnete jüngst die US-Börse. Der Dow Jones verlor letzten Donnerstag 2,8 Prozent, am Freitag stieg er 3,3 Prozent an. Bereits um die Feiertage Ende Dezember fiel der US-Index mit teils unerklärlichen Kurskapriolen auf: So rauschte er an Heiligabend fast 3 Prozent in die Tiefe, am Stephanstag stieg er wiederum 5 Prozent empor, ehe es am 27. Dezember wieder über 2 Prozent talwärts ging.
Die diversen Anleger-Sorgen
Anleger sind verunsichert, da sich die Anzeichen einer Konjunktureintrübung verdeutlichen: Das Stimmungsbarometer der Einkaufsmanager in China fiel im Dezember erstmals seit gut eineinhalb Jahren unter die Schwelle von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert. Auch die Industrien der Euro-Zone und in den USA schwächelten zum Jahresende: Im Dezember fiel der EU-Einkaufsmanagerindex auf den tiefsten Stand seit drei Jahren, in den USA brach das Industrie-Barometer gar so stark ein wie seit Oktober 2008 nicht mehr.
Derweil bekommt die Weltwirtschaft auch die höheren Zinsen in den USA - am 19. Dezember folgte der vierte Zinsschritt des Jahres 2018 auf die aktuelle Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent - zu spüren: In Dollar verschuldetete Schwellenländer leiden, auch die US-Wirtschaft selbst wird dadurch etwas gebremst. Im laufenden Jahr dürften mindestens zwei weitere Zinsschritte folgen, die zur weiteren Belastungsprobe für die Finanzmärkte und die globale Wirtschaft werden könnten.
Hinzu kommen politische Unwägbarkeiten, die zum Teil auch am langsameren Wirtschaftswachstum eine Mitschuld tragen. Allen voran der ungelöste Handelsstreit der USA mit China. Negativ zu spüren bekommen hat dies etwa bereits die Firma Apple, die für das abgelaufene Quartal einen enttäuschenden iPhone-Absatz in China aufwies und deren Aktien als Folge am vergangenen Donnerstag an der Börse um 10 Prozent einbrachen.
Ebenfalls auf die Stimmung drücken der gegenwärtige Regierungsstillstand in den USA sowie der Ende März anstehende Ausstieg Grossbritanniens aus der EU.
cash-Leser geraten nicht in Panik
Unter diesen Voraussetzungen erstaunt es kaum, dass sich die Research-Abteilung der Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einem Kommentar pessimistisch zeigt: "Der Blick ins Jahr 2019 fällt alles andere als sorgenfrei aus", heisst es dort. Die Bank erwartet ein schwieriges Jahr mit hoher Volatilität und nur bescheidenen Kursgewinnen an den Börsen. Sollten sich ausserdem die Zeichen, die auf eine harte Landung der Weltwirtschaft hindeuten, mehren, könne die Stimmung an den Finanzmärkten rasch kippen. Generell dominiert bei Banken 2019 die Vorsicht: Hoch im Kurs stehen eher defensive Schwergewichte wie Roche, Novartis und Nestlé, während Finanzaktien und Spätzykliker - im Gegensatz zum Vorjahr - kaum mehr auf den Empfehlungslisten zu finden sind (cash berichtete).
Nichtsdestotrotz zeigen sich cash-Leser über den weiteren Verlauf des SMI bis Ende Januar erstaunlich optimistisch: In einer am 3. Januar lancierten Umfrage auf cash.ch sehen 42 Prozent von insgesamt fast 5000 Teilnehmenden den SMI bis Ende Januar klar höher als 8400 Punkte, weitere 31 Prozent erwarten den Leitindex weitgehend unverändert. Nur 27 Prozent sehen bis Ende des Monats einen deutlichen Fall auf den SMI zukommen (zur cash-Umfrage). Panik scheint unter den cash-Lesern keine aufgekommen zu sein.
Cash-Umfrage: Wo steht der SMI Ende Januar 2019?
(Stand: Sonntag, 6. Januar, 17.15 Uhr)
Nach sehr hohen Bewertungen an den Aktienmärkten ist es in den letzten Monaten bereits zu starken Korrekturen gekommen, die das Kurs-Gewinn-Verhältnis 2019 diverser Titel wieder auf tiefere Werte gespült hat. Gut möglich, dass cash-Leser diese Korrektur für übertrieben halten und daher mit einer Gegenbewegung rechnen. Auf höhere Kurse hoffen geht dann auf, wenn eine starke Konjunktureintrübung oder gar eine Wirtschaftsrezession in den USA ausbleiben sollte.
An dieses Szenario glaubt etwa Börsenexperte Stéphane Monier: "Bis jetzt ist in den USA noch keine Rezession in Sicht. Wir sind daher weiterhin davon überzeugt, dass sich für vorsichtige Anleger in diesem insgesamt relativ günstigen Umfeld Chancen ergeben", so der Anlagechef der Privatbank Lombard Odier. Auch die Daten der Federal Reserve Bank of New York - die mit ihren Berechnungen in der Vergangenheit in der Regel sehr gut lagen - sprechen gegen ein Horrorszenario an den Märkten: Die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession in den nächsten 12 Monaten wird auf nur 15 Prozent beziffert. Erst einmal kam es trotz einer so tiefen Eintretenswahrscheinlichkeit zu einer Rezession: Im Jahre 1973, während der Erdölkrise.
Die ersten Januartage als Indikator für das Börsenjahr
Wenn man einem alten Börsenmythos Glauben schenken will, entscheidet schon die erste Handelswoche über die Richtung des gesamten Börsenjahres. Seit 2002 schloss der breite Swiss Performance Index (SPI) das Gesamtjahr mit drei Ausnahmen immer mit den gleichen Vorzeichen ab wie nach den ersten fünf Handelstagen.
So etwa im grossen Krisenjahr 2008, als der Swiss Performance Index (SPI) nach fünf Handelstagen bereits 4,5 Prozent nachgab und zum Jahresende bei einem Minus von 34 Prozent schloss. Oder auch 2005, dem besten Aktienjahr der letzten fünfzehn Jahre, wo der SPI nach plus 1 Prozent in der ersten Handelswoche zum Jahresende ein Plus von fast 36 Prozent aufwies.
In den zwei Börsentagen 2019 hat der SPI bisher leicht über 2 Prozent zulegen können. Das könnte zumindest schon mal ein gutes Omen für den restlichen Jahresverlauf sein.
Die drei besten und die drei schlechtesten Börsenjahre seit 2002:
Jahr | SPI erste Januar-Woche | SPI gesamtes Börsenjahr |
2005 | + 0,8 Prozent | + 35,6 Prozent |
2009 | + 2,9 Prozent | + 23,2 Prozent |
2013 | + 5,2 Prozent | + 23,0 Prozent |
2018 | + 1,9 Prozent | - 8,6 Prozent |
2002 | - 0,6 Prozent | - 26,0 Prozent |
2008 | - 4,5 Prozent | - 34,0 Prozent |
Quelle: www.cash.ch