Wie sehr sich Trump missverstanden fühlt, wurde in seiner Rede vor Absolventen der US Coast Guard Academy am Mittwoch deutlich. Die Lage spitzte sich am Mittwoch für Trump weiter zu, nachdem das US-Justizministerium den ehemaligen FBI-Chef Robert Mueller zum Sonderermittler berief. Trump wurde darüber lediglich 25 Minuten vor der Öffentlichkeit in Kenntnis gesetzt.
Offensichtlich fällt der Vergleich mit den Vorfällen um Richard Nixon leicht. Es lohnt womöglich ein Blick auf die Entwicklung der Kurse im unmittelbaren Nachgang an die Ereignisse von vor 45 Jahren.
Watergate: Börsenabsturz
Nachdem der Watergate-Einbruch im Juni 1972 der Öffentlichkeit bekannt geworden war, stieg der S&P 500 Index zunächst weiter an. Der damals noch bei 110 Punkten notierende Aktienindex stieg in den Folgemonaten um etwa 13 Prozent auf ein neues Hoch und beschloss das Jahr mit einem Kursplus von 15,6 Prozent. Im folgenden Jahr 1973 brachen die Kurse jedoch um gut 17 Prozent ein, gefolgt von einem weiteren Kursrutsch von bis zu 36 Prozent 1974.
Das Tief 1974 fand sich nur wenige Wochen nach dem Rücktritt Präsident Nixons und der Vereidigung Gerald Fords. Allerdings fällt der Zeitraum 1973/1974 mit einer Rezession in den westlichen Industrienationen zusammen. Das reale BIP der USA fiel damals um 0,5 bzw. 0,2 Prozent. Der Abverkauf des S&P 500 lässt sich daher nicht am Rücktritt des US-Präsidenten allein festmachen, sondern vielmehr sorgte der toxische Cocktail wirtschaftlicher Schwäche und politischer Unsicherheiten für zwei Jahre mit zweistelligen Kursverlusten an den weltweiten Aktienmärkten in Folge.
Ökonomen erwarten ein Wachstum
Ökonomen erwarten, dass die US-Wirtschaft im Jahr 2018 um 2,3 Prozent und im Jahr 2019 um 2,1 Prozent wachsen wird, zeigen Daten von Bloomberg. Auch für die Eurozone wird in den kommenden zwei Jahren ein positives Wirtschaftswachstum prognostiziert. Ein Zusammentreffen von politischem Skandal und Rezession scheint derzeit nicht der Fall.
"Wir haben unsere Dollar Positionen in letzter Zeit zwar etwas herunter gefahren und sind nur wenig in US-Aktien investiert - an unserer grundsätzlichen Ausrichtung ändern die jüngsten Ereignisse aber nichts", sagte Andre Koppers, Portfoliomanager bei Oberbanscheidt & Cie in Kleve. Die globalen Aktienindizes haben dieses Jahr teilweise zweistellige Prozentgewinne aufgewissen "und waren einfach fällig für eine Korrektur". Womöglich haben die Märkte einfach nach einem Grund gesucht, um Gewinne mitzunehmen. "Wäre es jetzt nicht Trump, dann hätte man in den nächsten Tagen womöglich einen anderen Grund ’gefunden’, um etwas Risiko vom Tisch zu nehmen", sagt Koppers.
In den sozialen Netzen sorgen die Entlassung des FBI-Direktors James Comey, die vermeintliche Weitergabe vertraulicher Informationen von Trump an Russland und Medienberichte, die Regierung Trump habe versucht, die Untersuchung um den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn zu unterbinden, derzeit dennoch für Aufruhr.
Bloomberg-Daten zeigen bei 30.000 ausgewählten Twitter-Konten einen starken Anstieg der Tweets, die die Begriffe "Trump" und "Impeach" enthalten.
"Die Trump-Euphorie ist verflogen", sagt Christian Schmidt, Analyst bei der Helaba."Ein Amtsenthebunsverfahren scheint zwar etwas voreilig, sicher ist aber schon jetzt, dass der politische Schaden enorm ist und das Chaos in Washington zu einer erhöhten Risikoaversion beiträgt".
(Bloomberg)