"We want to change the world". Dieser nicht ganz unbescheidene Anspruch steht auf der Homepage des Startups Lykke aus Baar ZG. Konkret heisst das: Lykke will allen Menschen auf der Welt Zugang zu Handelsplätzen ermöglichen, und jeder Mensch soll seine eigene Währung kreieren können. "Falls wir erfolgreich sind, dann etablieren wir ein Menschenrecht für Marktzugang."

Der Mann hinter Lykke ist der Schweizer Richard Olsen. Man würde ihn prima vista eher als Philosophie- oder Physik-Gymilehrer einschätzen denn Vorreiter von digitalen Handelsplätzen und Blockchain. Denn diese Szene ist vorab geprägt von jüngeren Leuten in T-Shirts und Sneakers mit Hang zur digitalen Selbstdarstellung.

Olsen mag etwas älter sein als seine Mitkämpfer, er ist aber kein Unbekannter in der Szene. Im Gegenteil: Bereits 1985 gründete er Olsen Associates, das zum Ziel hatte, ein Echtzeit-Informationssystem für Finanzmärkte zu errichten. Ein etwas gewagtes Unterfangen für die damalige Zeit, wie Olsen heute zugibt. In den 90er Jahren sorgte Olsen in der Branche mit seinen Algo-Trading-Technologien für Aufsehen. Bekannter wurde Olsen dann als Mitgründer und CEO der ersten vollautomatischen Devisenhandelsplattform Oanda, deren Aktionär er heute noch ist.

Und nun also das Startup Lykke, wo "30 Jahre Erfahrung hineinfliessen", sagt Olsen voller Unternehmergeist und Tatendrang. Der Online-Marktplatz von Lykke basiert wie andere ähnliche Einrichtungen auf der Blockchain-Technologie. Über Blockchain wechseln Geld oder Wertpapiere digital von einem Konto zum anderen, ohne das Zutun von Intermediären wie Banken. Diese betrachten Blockchain-Enthusiasten sowieso als dereinst "überflüssig". 

Anzahl Wallets erheblich vergrössert

Der Devisenhandel ist auch der Trigger, mit dem Lykke die Finanzmärkte umwälzen will. Gestartet wurde vor etwas mehr als einem Jahr. "Wir hatten zu Beginn 500 Wallets, jetzt sind es bereits 15'000 Wallets. Die Zunahme ist derzeit rapide", sagt Richard Olsen im cash-Video-Interview am Rande der "Blockchain Valley Conference" im Gottlieb Duttweiler Institut am Dienstag, wo Olsen als Redner auftrat. Zur Erklärung: Wallets sind elektronische Portemonnaies oder Konten, mit dem Händler Zahlungen vornehmen können. PayPal ist der bekannteste E-Wallet-Anbieter. 

Der Handel über Blockchain funktioniert laut Olsen wie ein herkömmlicher Handelsplatz wie die Schweizer oder New Yorker Börse. "Es ist aber ein Cloud Service, und sie stellen lokal regulierte Einheiten dar. Man kann darauf über ein Wallet oder über eine Web-Applikation zugreifen."

Lykke hat denn auch genaue Vorstellungen, welches Wachstum erforderlich ist, um im Devisenmarkt zu bestehen. Falls das Unternehmen einen 0,5-Prozent-Marktanteil des Devisenhandels ergattern kann, der pro Tag ein Volumen von über 4 Billionen Dollar umfasst, dann wäre Lykke profitabel, hiess es Anfang letztes Jahr. Investiert wurde dafür auch ins Personal. Anfang 2016 beschäftigte Lykke 10 Festangestellte und 30 weitere Personen, heute sind es laut Olsen bereits 80 Beschäftigte in 14 Ländern.

Im Auge hat Olsen mit Lykke auch den Aktienmarkt. Kauf und Verkauf über Blockchain soll mit dem Instrument von Trackern erfolgen, das heisst aus herkömmlichen Novartis-Aktien werden in Blockchain-Transaktionen Novartis-Tracker. Auch das Settlement, also Zahlung und Lieferung der Wertpapiere, soll in einer Blockchain-Welt völlig anders sein. Das Settlement einer Wertpapiertransaktion könnte zeitgleich mit dem Trade stattfinden, was eine klare Zeitersparnis brächte.

Ob es tatsächlich soweit kommt? Ob die Blockchain-Technologie wie ein Tsunami über die Banken und die Handelsplätze fegen wird, wie da und dort postuliert wird? Es könnte tatsächlich schnell gehen. Die Geschichte der Telekommunikation und des Internets ist allerdings auch voller Fehlprognosen, wie schnell Umwälzungen vonstatten gehen sollten.

Im cash-Video-Interview äussert sich Richard Olsen detailliert zum Funktionieren von Trades in einer Blockchain-Welt. Er beurteilt auch den rasanten Anstieg der Kryptowährung Bitcoin.