Donald Trump überrollte in den letzten Monaten mit seiner unorthodoxen und teilweise auch unflätigen Art seine republikanischen Gegenkandidaten regelrecht. Wurden dem exzentrischen Immobilien-Tycoon zu Beginn seiner Kandidatur noch kaum Chancen eingeräumt, in die finale Ausmarchung gegen einen Demokraten ziehen zu können, sieht es heute anders aus. Am 8. November wird Trump vermutlich als Vertreter der Republikaner bei der Präsidenschaftswahl gegen Hillary Clinton antreten.
Und je näher die US-Präsidentschaftswahl rückt, desto mehr müssen sich die Finanzmärkte mit einer möglichen Präsidenschaft Trumps auseinandersetzen - auch wenn derzeit Clinton bei der Wählergunst die Nase etwas vorne zu haben scheint. Die grosse Frage der Marktakteure lautet: Wie reagiert der Dollar auf einen Präsidenten Trump?
Einschätzungen eindeutig - zunächst
Die Einschätzungen sind zunächst eindeutig: "Trumps protektionistische Politikagenda könnte der US-Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen und den Dollar somit nachhaltig schwächen", meint Ökonom Christoph Sax von der Luzerner Kantonalbank (LUKB). Vor allem die geplante Einschränkung des Freihandels und der Zuwanderung seien schädlich für die grösste Volkswirtschaft der Welt. Auch eine vermehrte Steuerung des Wechselkurses sei unter Trump möglich, damit sich die USA Wettbewerbsvorteile im internationalen Handel verschaffen könnte.
Ähnlich sieht dies Ulrich Leuchtmann, Leiter Devisenresearch bei der Commerzbank in Frankfurt. Er erwartet kurzfristig ebenfalls eine Schwächung des Dollars und hat deshalb quasi eine Trump-Risikoprämie auf dem Dollar. "Ob sich diese Risikoprämie danach hält, kann man aus heutiger Sicht nicht sagen", so Leuchtmann zu cash. Denn die Politik einer allfälligen Trump-Administration sei schwer vorherzusagen, da sie nicht der üblichen Politik der Republikaner ähnle. "Bis die klaren Absichten des neuen Präsidenten klar werden, braucht es auch nach der Wahl einige Monate."
Trump selber sendet widersprüchliche Signale aus, was eine Einschätzung seiner Politik sehr schwierig macht. So beschuldigte der Milliardär neulich die US-Notenbank, dass diese die Zinsen nur deshalb noch nicht erhöhe, damit unter Präsident Barack Obama keine weitere Blase platze. Gleichzeitig hat Trump abseits der grossen Bühne wiederholt anerkannt, dass die gegenwärtige Dollar-Stärke die US-Wirtschaft belastet. Was Trump dabei nicht erwähnt: Höhere Zinsen würden gleichzeitig einen starken Dollar bedeuten.
Trump will höhere Zinsen und einen schwächeren Dollar
Nicht alle Experten sehen eine Dollarabschwächung bei "President Trump" als garantiert: Trump würde wohl grössere politische Veränderungen als Clinton hervorrufen, was auch grössere Schwankungen im Dollarkurs hervorrufen könnte, sagt Daniel Trum, Währungsanalyst bei der UBS. "Aber manche Sektoren würden den politischen Wechsel durch Trump auch begrüssen." Die Richtung des Dollars sei demnach unklar. Möglich sei auch eine Dollar-Stärkung, ausgelöst etwa durch eine Auseinandersetzung mit China.
Zur Dollarstärke und dem Thema China sagte äusserte sich Trump auch Anfang Mai gegenüber dem Fersehsender CNBC: "Ich liebe das Konzept eines starken Dollars, aber wenn ich die Verwüstung sehe, die ein starker Dollar anrichten kann ... Ich kann Ihnen sagen, ich habe Freunde in China. Alles, was die machen, ist den Dollarkurs im Auge behalten. Sie warten nur darauf, dass er stärker wird."
In der gleichen Fernsehshow äusserte sich Trump auch über die aktuelle Notenbankchefin Janet Yellen: Da es sich nicht um eine Republikanerin handle, möchte er sie nach dem Ablauf ihrer Vierjahresperiode im Februar 2018 absetzen. Gleichzeitig bezeichnete er sie aber auch als "sehr kompetent".
Droht Trump die US-Notenbank aus dem Gleichgewicht zu bringen? "Ich halte die Federal Reserve für eine Institution, bei der es wenig darauf ankommt, wer den Sitz als Präsidenten inne hat", sagt Leuchtmann von der Commerzbank. Schädlich wären jedoch Massnahmen, welche die Unabhängigkeit der Notenbank ausser Kraft setzten. "Das hätte einen signifikant negativen Einfluss auf den Dollar."
Absichten in diese Richtung hat Trump jedoch nie angedeutet. Viele Aussagen des umstrittenen Präsidenschaftskandidaten zu Dollar und Wirtschaft bleiben schwammig, was eine Einschätzung der Entwicklung von Dollar und auch Börsen schwierig macht - vor allem auf mittel- bis langfristige Sicht.