Nordea-Vorstandsvorsitzender Casper von Koskull prognostiziert, dass in seinem Sektor in etwa einem Jahrzehnt halb so viele Menschen arbeiten werden wie noch heute. Und das sei auch gut so, so seine Meinung
Mit Kürzungen in dieser Grössenordnung werde die Finanzbranche "tatsächlich robuster", sagte von Koskull in einem Bloomberg-Interview in Helsinki. Das operative Risiko könne reduziert werden. "Es ist nicht meine Absicht, kühne Prognosen abzugeben, aber ich glaube das wirklich", sagte er.
Nordea baut derzeit 6'000 Arbeitsplätze ab, um weitere Funktionen zu automatisieren. Dadurch sollen die Kosten gesenkt und eine besser zu steuernde Bank geschaffen werden. Die Strategie beinhaltet auch einen Rückzug aus einigen von Nordea als zu riskant eingestuften Märkten, einschliesslich eines teilweisen Rückzugs aus dem Baltikum und Russland. Ein operatives Risiko, bei dem Automatisierung eine Schlüsselrolle spielen kann, ist die Verhinderung von Geldwäsche.
Von Koskull sagt, dass Banken, die dem Beispiel von Nordea nicht folgen, nur schwer in einer Welt Schritt halten können, in der digitale Lösungen und Effizienz Schlüsselfaktoren für das Überleben sein werden. Mitteleuropa und insbesondere Deutschland laufen Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten, so der Banker.
Amazon im Fokus
"Sie haben Überkapazitäten, was bedeutet, dass die Branche wahrscheinlich viel weniger Menschen benötigt als heute, insbesondere in Mitteleuropa", wo sie "noch nicht einmal begonnen hat", sagte von Koskull. "Wenn man sich das Einlagengeschäft ansieht, liegt das Hauptproblem wirklich dort."
"Das deutsche Bankgeschäft besteht hauptsächlich aus dem Einlagengeschäft, es wurde für den Wiederaufbau in Deutschland gebaut, viele Ersparnisse, die in Investitionen flossen", sagte er. "Sie haben viel zu viele Marktteilnehmer. Es gibt viel zu viele Banken."
Von Koskull sagt, dass seine Bank nicht bereit sein werde, an der Konsolidierung der Finanzbranche teilzunehmen, die bis mindestens 2021 erforderlich ist. Eine offensichtliche Bedrohung für die Banken sind seiner Meinung nach Technologiegiganten. Zwar mache er sich keine Sorgen um Facebook oder Apple, mit denen Nordea zusammenarbeitet, Amazon dagegen sei eine andere Sache.
Es geht um Vertrauen, so von Koskull. Unternehmen in seiner Region lernen diese Lektion jetzt, nachdem Danske Bank mit Klagen und Geldbussen zu kämpfen hat. Der Bank wird vorgeworfen, sie habe nicht verhindert, dass 230 Milliarden US-Dollar potenziell gewaschener Mittel über ihre estnische Sparte geflossen seien. Swedbank wurde angeblich mit demselben Skandal in Verbindung gebracht, und Nordea selbst wurden verdächtige Transaktionen vorgeworfen. Die Bank sagt, dass sie mit den zuständigen Behörden zusammenarbeitet.
Kundendaten: eine wahre Goldgrube
Die Frage des Vertrauens werde entscheidend dafür sein, welche Unternehmen erfolgreich Finanzdienstleistungen über digitale Plattformen anbieten, sagte von Koskull. Er bezieht sich auf die Kundendaten, die Banken gesammelt haben - eine wahre Goldgrube.
"Wenn wir diesen Schatz heben, müssen wir die reichlichen Informationen, die wir haben, auf äusserst verantwortungsvolle Weise verwenden", sagte er. "Wie nutzen wir diese Metadaten in einer Art und Weise, die nicht zu aggressiv ist?"
Von Koskull lässt seinen Worten Taten folgen. Seine Bank ist deutlich schlanker als noch vor einem Jahrzehnt und beschäftigt rund 15 Prozent weniger Mitarbeiter. Er sagt, es gebe noch viel Potenzial, noch mehr zu tun. Die grösste Chance, vom Einsatz von Robotik, künstlicher Intelligenz und Digitalisierung zu profitieren, bestehe im sogenannten Frontend, wo die Bank den Kunden trifft.
Die Bereiche, in denen der menschliche Kontakt immer noch entscheidend ist, sind Dienstleistungen, wie beispielsweise Hilfestellung für die Kunden bei Hypotheken und Beratung bei der Verwaltung ihres Vermögens. Aber selbst dort kann Technologie helfen, sagte von Koskull.
"Ich kann in meine App gehen und ein Videotreffen haben. Ich weiss, wie lange es dauern wird, bis ich es bekomme", sagte von Koskull und zeigte auf sein Handy. "Wir werden den menschlichen Kontakt pflegen. Ich denke, dass wir mit der richtigen Geschwindigkeit voranschreiten. "
(Bloomberg)