Seit mittlerweile mehr als zehn Jahren kämpft die Schweizerische Nationalbank (SNB) einen Kampf, den sie kaum gewinnen kann. Es ist bestenfalls ein Kampf, der die Leiden abmildert. Um den für die Schweizer Exportwirtschaft schädlichen starken Franken zu schwächen, pumpte die SNB seit 2009 nicht weniger als 440 Milliarden Franken in die Devisenmärkte.
Der Erfolg dieser Operation blieb bisher allerdings aus. Im Gegenteil: Die folgende Graphik von Bloomberg zeigt, wie die Entwicklung des Euro-Frankenkurses praktisch diametral zur Höhe der Devisenreserven verläuft. Während die Bilanz der SNB stetig steigt, sackt der Eurokurs gegenüber dem Franken immer weiter ab - von über 1,60 Franken pro Euro auf rund 1,05 Franken derzeit. "Eingefroren" wurde dieser Trend nur von der Kursuntergrenze, die von 2011 bis 2015 Bestand hatte.
Entgegengesetzte Entwicklung: Euro-Franken-Kurs (Linie) und SNB-Devisenreserven seit 2008. Quelle: Bloomberg.
Anhand dieser Graphik verwundert es nicht, dass die SNB und ihr Präsident Thomas Jordan ihre offizielle Strategie sukzessive anpassen musste. Wurde zu Beginn der Interventionen an den Devisenmärkten noch eine Abwertung des Schweizer Frankens zum Ziel gesetzt, geht es heutzutage nur noch um eine Stabilisierung der Landeswährung – oder, anders ausgedrückt, um Schadensbegrenzung.
Der Hauptgrund für die Erstarkung des Schweizer Frankens ist leicht ausgemacht: Seit der Finanzkrise rutscht die Eurozone sowohl wirtschaftlich aus auch politisch von einer Krise in die nächste. Das treibt Anleger scharenweise in sichere Häfen wie dem Schweizer Franken. Allein während der europäischen Schuldenkrise 2012 feuerte die SNB rund 180 Milliarden Franken in die Märkte, um die Landeswährung zu schwächen, wie folgende Grafik verdeutlicht.
Höhe der SNB-Interventionen an den Devisenmärkten seit 2011. Quelle: Bloomberg.
Die jüngste Coronavirus-Krise führte dazu, dass die Landeswährung allein seit Anfang Jahr über zwei Prozent gegenüber dem Euro aufwerte. Derzeit pendelt der Euro-Franken-Kurs zwischen 1,05 und 1,06. "Nur eine Sache könnte die Aufwertung des Frankens stoppen, und das ist Harmonie in der Eurozone", sagt Jane Foley, Devisenexperte Rabobank aus London, gegenüber Bloomberg. "Von dieser sind wir aber weit entfernt."
Eine Euro-Franken-Parität rückt daher für viele Analysten zunehmend in den Bereich des Möglichen. Oder ist die Frage nicht ob, sondern vielmehr wann? "Sollte der Franken die Marke von 1,05 unterschreiten, kann er locker auf 1,02 zusteuern", sagt Jeremy Stretch von der Canadian Imperial Bank of Commerce. Gleicher meinung sind Experten von Goldman Sachs, die das Währungspaar in drei Monaten auf diesem niveau sehen.
Kenneth Broux, Stratege bei der Bank Societe Generale, geht noch weiter: "Es braucht lediglich eine zweite Covid-19-Welle nach dem Sommer, und wir könnten Ende des Jahres die Euro-Franken-Parität haben."